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Wirtschaft der USA: Folgt das BIP den Kursen?

05.02.2017  |  Klaus Singer
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Demographische Faktoren einer alternden Bevölkerung, eine zu hohe Verschuldungsquote, zunehmende Automatisierung, auch die Tendenzen der Deglobalisierung - sie alle tragen dazu bei, dass die BIP-Wachstumsraten in den USA im längerfristigen Rahmen eher nicht über zwei Prozent hinauskommen werden. Auf Sicht von ein, zwei Jahren mögen die Vorhaben von Trump unter bestimmten Bedingungen ein gewisses Strohfeuer entfachen.

Angesichts der hohen Verschuldungsquoten spielen die Renditen eine immer größere Rolle. Die Renditen für zehnjährige TNotes steigen seit der Jahresmitte 2016 (Anfang Juli bei 1,4%), beschleunigt seit der Wahl Trumps im November. Zum Jahresende hatten sie 2,6% gestreift und damit gerade eine aus 1988 kommende Abwärtslinie, die den drei Dekaden anhaltenden Bull-Markt bei Anleihen symbolisiert. Bei drei Prozent käme unter charttechnischen Gesichtspunkten das Signal für sein Ende. Aktuell liegen sie bei knapp 2,5%.

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Chartquelle: www.incrediblecharts.com


Steigende Zinsen wären per se kein Beinbruch, wenn gleichzeitig das nominale BIP-Wachstum Schritt hält. Je weniger Potenzial die reale BIP-Entwicklung hat, je höher muss die Inflation sein, um das jeweilige Zinsniveau tragfähig zu machen. Je höher aber das Zinsniveau ist, je mehr Mittel fließen per Saldo in die Entschuldung. Damit stehen immer weniger Mittel zur Verfügung, um die Realwirtschaft anzukurbeln. Also müssen dann irgendwann neue Mittel geschaffen werden. (Wenn aber neue Mittel geschaffen werden, bleibt die alte Frage, was mit denen geschieht - kommen sie der Realwirtschaft zugute oder wandern sie in die Asset-Märkte und sorgen dort für Inflation.)

Was folgt daraus, um den Beinbruch höherer Zinsen zu verhindern? (Szenario 1) Die Investitionstätigkeit in der Real-Wirtschaft muss spürbar zunehmen. Dies wird nur geschehen, wenn die Kosten für die Unternehmen sinken. Investiert wird nur dann, wenn die Nachfrage anzieht oder zumindest die begründete Aussicht darauf besteht.

Dies wiederum hängt längerfristig weitgehend von der Lohnentwicklung ab. Wenn die angeschoben wird (notwendige Bedingung) und die zusätzlichen Mittel in den Verbrauch gehen (hinreichende Bedingung), klappt es auch mit der Inflation. Insofern beinhaltete der US-Arbeitsmarktbericht für Januar eben eine gute Nachricht (die schwache Lohnentwicklung verschiebt mögliche weitere Zinsschritte) und eine schlechte (die Inflation ziert sich).

Falls sich jedoch dieses Szenario nicht entfaltet, werden steigende Zinsen schnell zu einer ensten Bedrohung. Dann kann man darauf wetten, dass die Fed alsbald neue Geldflutungsmaßnahmen einleitet - zur Abwechslung diesmal vielleicht in der Form von Helikoptergeld, also z.B. der direkten Finanzierung von Staatsschulden (Szenario 2).

Szenario 1 verkörpert die Trumponomics mit ihrem wirtschaftspolitischen Kern, die Bedingungen auf der Angebotsseite der Wirtschaft entscheidend verbessern. Im Zeitalter schwacher Wachstumskräfte muss jedoch mehr Wert auf das Anschieben der Inflation gelegt werden als zu Zeiten des historischen Vorbilds, den Reaganomics. Die meisten Sentiment-Indikatoren für den Konsumsektor zeigen eine Hochstimmung, ein positives Omen für die Nachfrageseite.

Jetzt fehlt es an Maßnahmen für die Angebotsseite. Ein Zeichen in diesem Zusammenhang ist die beginnende Deregulierung. Das große Fragezeichen bleibt: Wie wirken sich protektionistische oder isolationistische Vorstösse aus?

Ich vermute, hier wird zunächst einmal außer Theaterdonner nicht viel geschehen. Vorrang hat, dass Steuererleichterungen und Infrastrukturvorhaben auf den Weg gebracht werden - vorher wird bei Investitionen vermutlich nicht viel passieren.

Aktienkurse sollten in diesem Kontext wohl noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht haben - von einer Konsolidierungsphase mit möglicherweise kurzen, heftigen Kurseinbrüchen abgesehen (Chartquelle). Dies angesichts des überkauften Zustands bei den großen Aktien-Indices und der Überverkauftheit im VIX.


Fazit:

Die US-Konjunktur hatte im vierten Quartal 2016 wieder einen Durchhänger. Die aktuellen Arbeitsmarktdaten für Januar haben den abwärts gerichteten Trend bei der Job-Entwicklung nicht umgedreht. Damit die US-Konjunktur (zumindest zeitweilig) Fahrt aufnimmt, muss die Investitionstätigkeit anspringen. Maßnahmen, die in diese Richtung wirken, dürften jetzt absoluten Vorrang haben auf der Trumpschen Agenda. Hinsichtlich internationaler Handelsbeziehungen dürfte es zunächst beim Theaterdonner bleiben.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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