Gründe für Backwardation - einfach erklärt
13.09.2006 | Dr. Volkmar Riemenschneider
Nachdem ich in meinen letzten Beiträgen vermehrt über den Rollertrag bei Rohstofffutures und deren Auswirkung berichtet habe, erhielt ich sehr viel Leserbriefe über die Entstehung und die Interpretation einer Terminkurve mit Backwardation. In diesem Beitrag möchte ich nun versuchen, dieses eigentlich sehr komplexe Thema mit für jeden Anleger einfachen Worten zu erklären. Dabei werde ich mich gezielt auf die für praxisnahe Investoren wichtigen Aussagen konzentrieren und akademische Erbsenzählerei umgehen.
Wer nicht weiß, was Backwardation ist, für den empfiehlt es sich, zuvor meinen Beitrag "Silber: Das Geschäft des Jahrhunderts?" zu studieren.
Backwardation in der Terminkurve, d.h. der Kauf zu einem späteren Monat ist günstiger als heute, gilt grundsätzlich als irrationales Phänomen bei der Preisgestaltung von Waren, da bei diesem Umstand den Kosten für Lagerhaltung und entgangenem Zins kein Augenmerk geschenkt wird. Wenn man jedoch der Hypothese der effizienten Märkte nur ein wenig glauben schenken möchte oder der alten Börsenregel, dass der Markt immer Recht hat, so muss es doch eine Erklärung für dieses Phänomen geben, gleichwohl es auf den ersten Blick unlogisch scheint.
Die Unlogik der Preisformation ist vor allem durch die Möglichkeit einer Arbitrage gegeben, da sich die Güter theoretisch nur durch ihren Lieferzeitpunkt unterscheiden. Leider ist eine Arbitrage nicht in allen Märkten möglich, da hierfür ein funktionierender Leihemarkt benötigt wird. Diesen finden wir in der Praxis nur bei den Edelmetallen. Dies erklärt auch, warum beispielsweise Gold noch nie in Backwardation notiert. Gleichwohl sei hier angemerkt, dass bei den Edelmetallen bereits ein Contango, der unter den Cost-of-Carry abzüglich Leihrate liegt, als bullisch zu werten ist, wie beispielsweise bei Silber im Führjahr diesen Jahres.
Die Formation einer Terminkurve am Futuresmarkt ist genauso alt wie der Warenterminmarkt selbst, der in den USA bereits seit über 150 Jahren besteht. Der erste Wirtschaftswissenschaftler, der versuchte, die Backwardation mit einem in sich stimmigen Theoriegebäude zu erklären, war niemand anderer als John Maynard Keynes, der später zu einem der bedeutendsten Ökonomen der Welt wurde.
Auf ihn geht die Theorie der normal Backwardation zurück. Diese Theorie basiert grundlegend darauf, dass es am Terminmarkt immer zwei große Gruppen von Marktteilnehmern gibt. Zum einen die Hedger, das sind Produzenten und Verarbeiter von Waren, die sich ihre Ein- bzw. Verkaufspreise am Markt absichern, um eine sichere Kalkulationsbasis zu haben. Zum anderen die so genannten Spekulanten, also die Marktteilnehmer, welche die Gegenposition zu den Hedgern und somit auch das Risiko von diesen eingehen.
Keynes behauptete nun, dass einerseits die Produzenten bei der Gruppe der Hedger überwiegen und diese dadurch netto Short sind. Auf Grund der Logik des Terminmarktes, laut der für jede Short- auch eine Longposition vorhanden sein muss, nimmt er also auch an, dass die Spekulanten per se long sind.
Nun argumentiert er weiter, dass die Spekulanten ihrerseits einen Terminkurs anvisieren, den sie für wahrscheinlich halten. Da sie jedoch bei diesem Kurs genauso gut zur Fälligkeit am Kassamarkt kaufen könnten, verlangen die Spekulanten von den Hedgern eine Risikoprämie in Form eines Kursabschlages. Damit verdienen sie bei gleich bleibendem Spotpreis die Backwardation. Dies ist laut Keynes die normale Backwardation. Diese Theorie ist aus empirischer Betrachtung nicht auf alle Rohstoffe anzuwenden, trifft aber auf einige ausgewählte Rohstoffe mit Sicherheit zu. Live Catte (Lebende Rinder) und Lean Hogs (Magere Schweine) sind hierfür ein gutes Beispiel.
Der nächste Erklärungsansatz, den ich Ihnen näher bringen möchte, ist die Theorie der so genannten Verfügbarkeitsprämie (Englisch: Convenience Yield). Diese besagt eigentlich nichts anderes, als dass eine Gruppe von Marktteilnehmern für eine rasche Lieferung einer Ware mehr bereit zu zahlen ist als für eine spätere. Durch die Backwardation wird quasi eine Prämie für eine rasche Lieferung bezahlt, die dem Vorteil des sofortigen Besitzes im Vergleich zu einem späteren darstellt. Dies sorgt am Markt dafür, dass bei knappen Gütern diejenigen Marktteilnehmer das Gut erhalten, welche es am dringendsten brauchen. Der folgende Chart zeigt die Entwicklung der globalen Lagerbestände bei Kupfer und die damit verbundene Änderung der Backwardation bei LME-Kupfer am Beispiel des Spreads zwischen dem 3-Monats- und dem 15-Monats-Forward-Kontrakt:
Eine Backwardation, die auf Grund der Verfügbarkeitsprämie entsteht, korreliert meist sehr stark mit den Lagerbeständen. Die Extremform dieser Theorie ist bei einer Squeeze zu sehen. Ein aktuelles Lehrbuchbeispiel ist hier Nickel. Die Backwardation musste hier bereits von der LME (London Metal Exchange) auf USD 320 pro Tag und Tonne begrenzt werden, um einen geregelten Handel zu garantieren.
Wer nicht weiß, was Backwardation ist, für den empfiehlt es sich, zuvor meinen Beitrag "Silber: Das Geschäft des Jahrhunderts?" zu studieren.
Backwardation in der Terminkurve, d.h. der Kauf zu einem späteren Monat ist günstiger als heute, gilt grundsätzlich als irrationales Phänomen bei der Preisgestaltung von Waren, da bei diesem Umstand den Kosten für Lagerhaltung und entgangenem Zins kein Augenmerk geschenkt wird. Wenn man jedoch der Hypothese der effizienten Märkte nur ein wenig glauben schenken möchte oder der alten Börsenregel, dass der Markt immer Recht hat, so muss es doch eine Erklärung für dieses Phänomen geben, gleichwohl es auf den ersten Blick unlogisch scheint.
Die Unlogik der Preisformation ist vor allem durch die Möglichkeit einer Arbitrage gegeben, da sich die Güter theoretisch nur durch ihren Lieferzeitpunkt unterscheiden. Leider ist eine Arbitrage nicht in allen Märkten möglich, da hierfür ein funktionierender Leihemarkt benötigt wird. Diesen finden wir in der Praxis nur bei den Edelmetallen. Dies erklärt auch, warum beispielsweise Gold noch nie in Backwardation notiert. Gleichwohl sei hier angemerkt, dass bei den Edelmetallen bereits ein Contango, der unter den Cost-of-Carry abzüglich Leihrate liegt, als bullisch zu werten ist, wie beispielsweise bei Silber im Führjahr diesen Jahres.
Die Formation einer Terminkurve am Futuresmarkt ist genauso alt wie der Warenterminmarkt selbst, der in den USA bereits seit über 150 Jahren besteht. Der erste Wirtschaftswissenschaftler, der versuchte, die Backwardation mit einem in sich stimmigen Theoriegebäude zu erklären, war niemand anderer als John Maynard Keynes, der später zu einem der bedeutendsten Ökonomen der Welt wurde.
Auf ihn geht die Theorie der normal Backwardation zurück. Diese Theorie basiert grundlegend darauf, dass es am Terminmarkt immer zwei große Gruppen von Marktteilnehmern gibt. Zum einen die Hedger, das sind Produzenten und Verarbeiter von Waren, die sich ihre Ein- bzw. Verkaufspreise am Markt absichern, um eine sichere Kalkulationsbasis zu haben. Zum anderen die so genannten Spekulanten, also die Marktteilnehmer, welche die Gegenposition zu den Hedgern und somit auch das Risiko von diesen eingehen.
Keynes behauptete nun, dass einerseits die Produzenten bei der Gruppe der Hedger überwiegen und diese dadurch netto Short sind. Auf Grund der Logik des Terminmarktes, laut der für jede Short- auch eine Longposition vorhanden sein muss, nimmt er also auch an, dass die Spekulanten per se long sind.
Nun argumentiert er weiter, dass die Spekulanten ihrerseits einen Terminkurs anvisieren, den sie für wahrscheinlich halten. Da sie jedoch bei diesem Kurs genauso gut zur Fälligkeit am Kassamarkt kaufen könnten, verlangen die Spekulanten von den Hedgern eine Risikoprämie in Form eines Kursabschlages. Damit verdienen sie bei gleich bleibendem Spotpreis die Backwardation. Dies ist laut Keynes die normale Backwardation. Diese Theorie ist aus empirischer Betrachtung nicht auf alle Rohstoffe anzuwenden, trifft aber auf einige ausgewählte Rohstoffe mit Sicherheit zu. Live Catte (Lebende Rinder) und Lean Hogs (Magere Schweine) sind hierfür ein gutes Beispiel.
Der nächste Erklärungsansatz, den ich Ihnen näher bringen möchte, ist die Theorie der so genannten Verfügbarkeitsprämie (Englisch: Convenience Yield). Diese besagt eigentlich nichts anderes, als dass eine Gruppe von Marktteilnehmern für eine rasche Lieferung einer Ware mehr bereit zu zahlen ist als für eine spätere. Durch die Backwardation wird quasi eine Prämie für eine rasche Lieferung bezahlt, die dem Vorteil des sofortigen Besitzes im Vergleich zu einem späteren darstellt. Dies sorgt am Markt dafür, dass bei knappen Gütern diejenigen Marktteilnehmer das Gut erhalten, welche es am dringendsten brauchen. Der folgende Chart zeigt die Entwicklung der globalen Lagerbestände bei Kupfer und die damit verbundene Änderung der Backwardation bei LME-Kupfer am Beispiel des Spreads zwischen dem 3-Monats- und dem 15-Monats-Forward-Kontrakt:
Datenquelle: Tiberius
Eine Backwardation, die auf Grund der Verfügbarkeitsprämie entsteht, korreliert meist sehr stark mit den Lagerbeständen. Die Extremform dieser Theorie ist bei einer Squeeze zu sehen. Ein aktuelles Lehrbuchbeispiel ist hier Nickel. Die Backwardation musste hier bereits von der LME (London Metal Exchange) auf USD 320 pro Tag und Tonne begrenzt werden, um einen geregelten Handel zu garantieren.