Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Ist Inflation - gut oder schlecht?

20.02.2017  |  Klaus Singer
- Seite 2 -
Der folgende Chart zeigt das Verhältnis zwischen Zinsen solider Unternehmen (AAA-Rating, rot) und der Entwicklung des realen US-BIP (grün). Die dritte Kurve (blau) wird gebildet aus diesen Zinsen minus der Differenz der Steigerungsraten von nominalem und realem BIP. Hinter diesen so (etwas einfach und gewagt) ermittelten "realen Zinsen“ steckt folgende Überlegung: Diese Differenz fällt umso stärker aus, je höher der inflationäre Anteil der Wirtschaftsentwicklung ist. Umso stärker fällt auch die Entlastung bei den Zinsen aus (dahinter steckt dieselbe Überlegung, die dazu führt, dass hohe Schulden tragfähiger sind, wenn die Inflation hoch ist)

Open in new window
Chartquelle: ©fred.stlouisfed.org


Im Chart fällt zunächst die Zeitenwende in den frühen 1980er Jahren auf. Vor diesem Schnitt lag der Zuwachs des realen BIPs fast immer über den so konstruierten „realen Zinsen“, danach so gut wie gar nicht mehr (Ausnahmen zwischen Mitte 2003 und Mitte 2006, sowie kürzere Episoden seit Ende 2011). In den frühen 1980er Jahren begann der kontinuierliche Anstieg der Gesamtverschuldung über das BIP hinaus - mittlerweile liegt das Verhältnis bei über 350%. Die Zinsen sinken seitdem zwar, aber der Schuldendienst ist per Saldo eine immer größere Belastung für die wirtschaftliche Entwicklung.

Zurück zu den Reagonomics: Seit 1986 stieg das reale BIP wieder an und erreichte fast 5% p.a. Gleichzeitig sanken die „realen Zinsen“ (die Inflationsraten stiegen seitdem an - s.o.!). Es gab mehr Inflation als reales Wachstum. Die Aktienmärkte goutierten das, der Dow verdoppelte sich bis 1990.

Heutzutage gibt es einige gute Gründe für eine Reflationierung. Erstens liegen die Zeiten sehr schwacher Preisentwicklung hinter uns und die Stimmungsindikatoren deuten auf deutlich zunehmenden Optimismus hin. Wenn dies kein Strohfeuer ist, liefert alleine das schon einen Impuls für die wirtschaftliche Entwicklung. Zweitens dürften die Löhne angesichts der "Vollbeschäftigung“ auf dem Arbeitsmarkt ansteigen - aktuell liegt der jährliche Zuwachs bei 2,5%, 3% sind in Reichweite. Auch der Protektionismus führt über Friktionen im Welthandel zu höheren Preisen, sei es durch importierte Inflation oder durch einheimische Produktion, die teurer ist als ausländische. (Hinsichtlich Protektionismus hat Trump wie erwartet Kreide gefressen, er will zunächst einmal seine binnenwirtschaftlichen Vorhaben anschieben.)

Wenn die Inflationsrate stärker ist als das Realwachstum, sind steigende Zinsen so gut wie sicher. Das gilt auch dann, wenn die Fed mit ihren Zinsschrittchen hinter der Inflationsentwicklung herschleicht. So lange sie das tut, also effektiv auf der Zinsbremse stehen bleibt, dürfte das Aktien nicht sonderlich belasten. Eine andere wichtige Bedingung ist aktuell: So lange die nominalen Renditen der 10yr TNotes klar unter 3% bleiben.

Nach aller historischen Erfahrung sind weder zunehmende Inflation noch steigende Zinsen per se in der Anfangsphase einer solchen Entwicklung kontraproduktiv für Aktien. Im Gegenteil, die Inflationsillusion tut ein Übriges, um die Gewinnentwicklung der Unternehmen zunächst gut aussehen zu lassen. Und das treibt wiederum Aktien an.

Wichtig in diesem ganzen Spiel ist die Entwicklung der Investitionen. Sie liefern jetzt die Basis für den realen Teil der Trumponomics-Phantasie. Bleibt hier eine nachhaltige Steigerung aus, wird die ganze Chose bald auch für den Letzten als inflationäre Luftblase enttarnt. Kommt die Steigerung, dann legt uns die starke Entwicklung der Stimmungsindikatoren in den zurückliegenden Monaten (und auch aktuell z.B. mit dem Philly Fed Intex) nahe: Schaut in spätestens neun Monaten genau hin, was daraus geworden ist!

Zum Schluss noch ein kurzer Blick auf die allgemeine "Versicherung“: Gold hat zum Jahreswechsel bei unter 1.140 einen Boden gefunden und zeigt seitdem eine gute Aufwärtsentwicklung. Aktuell ist das 38er Retracement des Mitte 2016 verendeten Aufwärtsimpulses in Griffweite. Darüber liegt bei gut 1.250 ein Widerstand, wenn dieser überwunden ist, ist der Weg frei bis zunächst rund 1.310

Open in new window
Chartquelle: www.incrediblecharts.com


Fazit:

Die Inflation entwickelt sich. Das ist aktuell für Aktionäre eher eine gute als eine schlechte Nachricht - trotz der hohen Bewertung von Aktien. Damit die Reagonomics/Trumponomics-Phantasie zumindest zum Teil aufgeht, muss aber auch die reale BIP-Entwicklung stärker werden. Das erfordert ein Anlaufen der Investitionstätigkeit.


Anmerkung:

Inflation - gut oder schlecht? Zunächst gut für Besitzer von Sachwerten und Schulden im Vergleich zu denen von Geldvermögen. Von Anfang an schlecht für das tägliche Leben. Am Ende schlecht für alle.


Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"