Inflation und Zinsen
06.03.2017 | Klaus Singer
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Aber mit Blick in die Geschichte deutet einiges darauf hin, dass Phasen mit einer Outperformance der Zinsen gegenüber der Teuerung mit wirtschaftlich problematischen Situationen zusammenfallen. Das leuchtet unmittelbar ein, insbesondere, wenn gleichzeitig das reale Wachstum schwach ist (daher passt die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg bis in die frühen 1970er Jahre nicht in dieses Muster)Aus langfristigen zyklischen Gründen sollte man ebenfalls übergeordnet mit steigenden Zinsen rechnen. 1920 hatten wir ein lokales Maximum bei den zehnjährigen US-Renditen, 1981 ebenso (siehe obigen Chart in der Mitte!). Besteht diese 60-Jahres-Zyklik fort, dürfte das Zinstief mehr oder weniger erreicht sein. Seine erste (steigende) Phase begleitet die Expansion im Kondratieff-Zyklus, die zweite die Kontraktion, in der die treibende Kraft der jeweiligen Basisinnovation abnimmt.
Mit anderen Worten: Aus solchen sehr langfristigen Erwägungen wäre zu erwarten, dass wir auf eine Zeit übergeordnet steigender Zinsen und sinkender Inflationsraten zusteuern. Wenn gleichzeitig die Wachstumsschwäche anhält - ein makroökonomisch ungünstiges Szenario.
Auf mittelfristige Sicht würde ich davon ausgehen, dass die Teuerung noch anhält. Dabei spielt eine große Rolle, wie sich die Investitionstätigkeit entwickelt. Selbst wenn diese rasch anziehen sollte, vergehen Monate, bis sich das bei den Kapazitäten bemerkbar macht. Realistischerweise wird das bis weit in die zweite Jahreshälfte dauern.
Gleichzeitig rechne ich gegenwärtig nicht mit deutlich weiter steigenden Renditen, u.a. weil aktuell jeder große Player an den Finanzmärkten sinkende Bond-Kurse auf dem Schirm hat. Außerdem wird die Trump-Administration angesichts der geplanten kreditfinanzierten Infrastruktur-Projekte alles tun, um die Zinsen gedrückt zu halten. Dieses mittelfristige Szenario kann sich durchaus bis ins kommende Jahr hinein halten.
Inflation in den Anfängen, weiter relativ niedrige Zinsen - das nahezu perfekte Umfeld für Aktien-Bullen dürfte noch eine zeitlang bestehen bleiben (lassen wir die erreichten hohen Bewertungen mal beiseite). Und die Trump-Administration wird darauf achten, die positive Stimmung zu pflegen. Schließlich hat Trump die Aktienmärkte zu einer Art permanter Meinungsumfrage erklärt. Trotzdem sollte man kurzfristig mit Rückschlägen rechnen (siehe Chart!).
Dass die Zinsphantasie nun abebbt, dafür spricht auch die mit der sicheren Erwartung eines weiteren Zinsschritts aufkommende Stärke im Euro/Dollar. Außerdem hatte Trump ja verkündet, der starke Dollar “is killing us”. Das Währungspaar scheint sich an das hier skizzierte Szenario zu halten. Jedenfalls hat es am zurückliegenden Freitag um ein Prozent zugelegt und notiert nun wieder über 1,06 (siehe Chart!).
Apropos “Bewertung”: Nach Unterlagen von Robert Shiller liegt der historische Mittelwert seines um zyklische und preisliche Effekte bereinigten KGVs (Shiller-CAPE) über die zurückliegenden mehr als 100 Jahre bei rund 17. Das ist mir jedoch im wahrsten Sinne des Wortes zu statisch, es wird der langfristigen Entwicklung nicht gerecht. Ich nehme stattdessen die lineare Interpolation als Richtschnur für einen dynamischen Mittelwert (siehe Chart! - blaugrüne Linie). Im folgenden Chart habe ich zusätzlich die 20%-Grenzen für Über- und Unterbewertung eingezeichnet. Die aktuelle Bewertung (per Februar) übersteigt die +20%-Grenze bereits deutlich, sie ist historisch die dritthöchste nach den Spitzen von 1929 und 2000.
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Die überreizte Situation bei Aktien wird ebenfalls deutlich, wenn man das Shiller-CAPE durch den VIX teilt (und das Ergebnis standardisiert – siehe Chart!) (angelehnt an BCA Research, h/t Bankhaus Rott). Spitzen wurden demnach erreicht im August 2000 und im Januar 2007. Aktuell liegt der Wert gerade bei zwei, darüber lagen jeweils die beiden kurzen Rekordspitzen.
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Fazit:
Die Inflation ist zurück in der industrialisierten Welt. Es gibt gewichtige strukturelle Gründe, warum das nicht von Dauer ist. Ein Zinsschritt der Fed für März ist eingepreist. Die Zinsen dürften übergeordnet zwar steigen, aber zunächst ist die Luft raus. Aktien zeigen bewertungsseitig Extreme.
Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.
© Klaus G. Singer
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