Hat sich das Blatt am Silbermarkt gewendet?
09.03.2017 | Theodore Butler
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Wenn die Fonds erneut von den Banken überlistet werden und den Großteil ihrer 35.000 neu hinzugefügten Silber-Futures wieder verkaufen, sobald die Banken den Preis nach unten manipulieren, hat sich das Blatt nicht gewendet und ich habe mit dem heutigen Artikel womöglich Ihre Zeit verschwendet. Aber falls trotz eines Kursrückgangs nur ein kleiner Teil der 35.000 Kontrakte liquidiert wird, stehen die Chancen gut, dass eine signifikante Anzahl an technischen Fonds aufgewacht ist, den Betrug erkannt hat und sich nun dementsprechend verhalten wird. Dazu würde es beispielsweise gehören, nicht mehr zu verkaufen, wenn die Banken einen Sell-off auslösen. Das Schöne an dieser Theorie ist, dass sie in die "entweder-oder"-Kategorie fällt. Wenn die technischen Fonds ihre neuen Futures bei der nächsten Abwärtsbewegung des Silberpreises verkaufen, dann haben wir es noch immer mit dem gleichen alten, manipulierten Spiel zu tun. Wenn sie jedoch nicht verkaufen, haben sich die Spielregeln grundlegend geändert. Um das ganz deutlich machen: Ich sage nicht, dass es nicht mehr zu Sell-offs kommen wird, sondern dass das Verhalten der technischen Fonds bei diesen Sell-offs das Einzige ist, worauf es jetzt ankommt.
Sollten diese Fonds also zufällig beabsichtigen, ihre Silber-Long-Positionen bei sinkenden Kursen nicht abzustoßen, verschwindet der einzige Grund für niedrigere Silberpreise. Aus wirtschaftlicher Sicht ist ein geringeres Preisniveau kaum zu rechtfertigen, nicht einmal, wenn man falsche Argumente anführt. Wenn den Banken klar wird, dass sinkende Preise wahrscheinlich nicht mehr zu den bislang üblichen Verkäufen seitens der Fonds führen werden, sollte es nicht lange dauern, bis sie aufhören, die Kurse nach unten zu manipulieren. Das wäre eine echte Trendwende.
In diesem Kontext ist es vielleicht auch interessant sich einmal anzusehen, mit wem genau sich die technischen Fonds jetzt womöglich anlegen. JP Morgan gehört mit Sicherheit nicht dazu. Zwar hielt die Bank in den vergangenen neun Jahren enorme Short-Positionen am Silbermarkt der COMEX, aber sie hat die letzten sechs Jahre auch zum Aufbau des größten physischen Silbervorrats der Geschichte genutzt und rund 550 Millionen Unzen des weißen Metalls gehortet.
Gegen Netto-Verluste bei steigenden Silberpreisen ist JP Morgan daher immun und würde stattdessen bei einer Rally große Gewinne machen. Von den sieben anderen Commercials, die an der COMEX große Short-Positionen halten, kann man das allerdings nicht behaupten. Bei ihnen handelt es sich hauptsächlich um ausländische Banken.
Wenn man JP Morgans Short-Position (28.000 Kontrakte) von der Netto-Short-Position der acht größten Marktteilnehmer abzieht, bleibt für die restlichen sieben Akteure eine Netto-Short-Position von 72.000 Kontrakten. Das entspricht 360 Millionen Unzen Silber. Damit haben die übrigen sieben Leerverkäufer im Durchschnitt eine Short-Position von jeweils mehr als 10.000 Kontrakten oder 50 Millionen Unzen - und bei keinem dieser Commercials handelt es sich um ein Bergbauunternehmen, das seine künftige Produktion absichern will, oder einen sonstigen Akteur mit physischem Silberbesitz (schließlich hat JP Morgan alles verfügbare Silber aufgekauft).
Jede Bewegung des Silberpreises um 1 $ hat folglich (nicht realisierte) Verluste oder Gewinne in Höhe von 360 Millionen $ zur Folge. Wenn der Silberkurs plötzlich um 3 $ steigen würde, hätten die großen Short-Seller einen Verlust von 1,1 Milliarden $ zu verbuchen. Nicht realisierte Verluste in dieser Größenordnung gab es unter diesen Tradern zwar auch in der Vergangenheit schon, aber das heißt nicht, dass das für sie keinen Stress bedeutete. Wenn jetzt noch die Möglichkeit dazukommt, dass die technischen Fonds ihre Silber-Futures bei nach unten gedrückten Preisen vielleicht nicht mehr liquidieren, ändert sich die Gleichung von Grund auf.
Sollten die Fonds bei Kursrückgängen nicht mehr verkaufen, kann ich mir kaum vorstellen, dass nicht einige der sieben großen Leerverkäufer - oder gar alle - in Panik geraten und Hals über Kopf ihre Short-Positionen eindecken. Das ist eine Variante des beschriebenen Szenarios, in der sowohl JP Morgan als auch die zu neuem Bewusstsein gelangten technischen Fonds es mit den sieben großen Short-Sellern an der COMEX aufnehmen. Sollte es tatsächlich so kommen, ist mit einem explosiven Anstieg des Silberpreises zu rechnen.
Ich sehe sogar eine Verbindung zu den jüngsten Vorgängen am Goldmarkt, wo es im Gegensatz zum Silbermarkt nicht zu einer starken Erhöhung der Long-Positionen des Managed Money gekommen ist, obwohl dieser Prozess womöglich auch dort bereits begonnen hat. Die Struktur des Goldmarktes würde ich dennoch als extrem bullisch betrachten. Das (bisherige) Ausbleiben massiver Käufe durch das Managed Money signalisiert ein geringes Risiko und hohe potentielle Gewinne in Zukunft.
Wenn die technischen Fonds jedoch tatsächlich aus ihrem jahrzehntelangen Dornröschenschlaf erwacht sind, haben sie womöglich beschlossen, zuerst die Long-Positionen am Silbermarkt aufzubauen, weil diese preisempfindlicher sind und der Silbermarkt für die strategische Positionierung entscheidender ist.
Das Gute daran ist, dass sich die Situation auf die eine oder andere Weise klären muss. Entweder stoßen die technischen Fonds ihre neuen Long-Kontrakte bei niedrigeren Preisen wieder ab oder nicht. Wenn sie ihre Positionen nach einem Preisrückgang liquidieren, kann man mit großer Sicherheit schlussfolgern, dass sie nicht so viel gelernt haben, wie ich vermute. Sollte es jedoch beim nächsten Einbruch des Silberkurses nicht zum Verkauf der neuen Kontrakte kommen, könnte ich mir kaum vorstellen, dass es möglich ist, die Preise weiterhin nach unten zu drücken. Ein starker Anstieg wäre in meinen Augen dann nur noch eine Frage der Zeit. Aus diesem Grund bin ich im Moment noch fester entschlossen, nicht zu verkaufen.
(Hinweis des Autors: Dies ist ein Auszug aus einem Kommentar, der am 1. März 2017 zuerst für Abonnenten veröffentlicht wurde - direkt vor dem plötzlichen Kurseinbruch am darauf folgenden Tag. Aufgrund dieses Preisrückgangs werden wir vielleicht schon bald Klarheit bekommen und erfahren, ob das Managed Money bei sinkenden Silberpreisen weiterhin große Teile seiner Positionen liquidiert. Künftige COT-Berichte werden die Antwort liefern.)
© Theodore Butler
www.butlerresearch.com
(Diese Abhandlung wurde vom Silberanalysten Theodore Butler, einem unabhängigen Berater, verfasst. Investment Rarities teilt seine Ansichten nicht notwendigerweise, diese können sich als richtig oder falsch herausstellen.)
Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 5.3.2017 auf der Webseite www.silver-phoenix500.com veröffentlicht.