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Immobilien in der Krise

27.09.2006  |  Walter K. Eichelburg
Dieser Artikel ist ein Nachfolger der drei Artikel über Kredite. Über eines müssen wir uns klar sein: der heutige verschwenderische Umgang mit Wohnraum wird ein Ende finden. Die Zinsen werden in Zukunft viel höher sein, Verschuldung weniger leicht möglich, dafür wird wesentlich mehr Geld für die direkte Existenz ausgegeben werden müssen. Überall in der westlichen Welt gibt es heute mehr Wohnraum als wirklich benötigt wird und Immobilien-Bubbles. Wohnimmobilien werden für lange Zeit nicht mehr die heutigen Werte erreichen.

Jetzt ist die erste große Immobilien-Bubble der Welt, die der USA geplatzt. Man braucht sich nur die Artikel von Mike Shedlock ansehen, etwa diesen: "No Hard Landing": Das ist keine "harte Landung" sondern eine "Crash-Landung". Man schätzt (Jas Jain), dass dort bald 20 Millionen Häuser und Wohnungen (ohne Ferienwohnungen) gänzlich leer stehen werden.

Aber auch in Europa gibt es einige Immobilien-Bubbles mit bereits gewaltigen Leerständen, so etwa in Spanien. Gebaut wird solange, wie der Kredit fliesst. In Deutschland und Österreich sowie in der Schweiz gibt es einige alte Bubbles, die auch implodieren werden, genauso wie die neuen Bubbles in Frankreich, Spanien, Irland oder Osteuropa.

Immobilien haben in einer Crash-Situation aus einer Bubble die folgenden "negativen Eigenschaften":
  • Sie sind meist auf Kredit finanziert. Daher führt eine Kreditkrise sofort zum massiven Wertverlust. Zuerst wird das "enthaltene" Eigenkapital aufgezehrt.

  • Sie sind illiquid. In der Krise bleiben die Käufer weg. Es wird schwierig, sie zu verkaufen. Das sieht man derzeit in den USA sehr deutlich.

  • Sie sind "immobil", d.h. man kann sie nicht mitnehmen. Wenn die Gegend den Wiederaufstieg nicht schafft, bleiben die Preise langfristig unten.

  • Sie sind im Grundbuch registriert. Daher kann der Staat leicht darauf zugreifen, wie nach dem 2. Weltkrieg mit Zwangshypotheken.

Immobilien sind zwar Sachwerte, d.h. sie behalten selbst in einer Hyperinflation gegenüber Geld oder Bonds immer noch einen Wert, jedoch ist deren Wert heute durch die gute Kreditverfügbarkeit derartig aufgeblasen, dass der "Restwert" wahrscheinlich nur einige Prozent ausmachen wird.

Wichtig: Die Baukosten spielen in einer Krisensituation überhaupt keine Rolle, nur die Finanzierungsmöglichkeiten. Daher sinken die Preise für einer Wohnung oder ein Haus ohne Kredite sofort massiv ab, wie die verschiedenen Krisen gezeigt haben.


Angriff aus Fernost

Zusätzlich zur kommende Schuldenkrise, über die ich in vielen Artikeln bereits ausführlich geschrieben habe, kommt ein weiteres Element dazu: der Niedergang des Westens, wie er im Speigel vom 11.09.2006 und Folgeartikeln eindrücklich beschrieben wird. Der Autor, Gabor Steingart, hat in seinem neuen Buch "Der Weltkrieg um Wohlstand - Wie Reichtum und Macht neu verteilt werden" eindeutig dargelegt, dass das "industrielle Herz" der Welt gerade nach Asien und speziell nach China abwandert. Das wird signifikante Auswirkungen für den ganzen Westen haben.

Derzeit stützen die asiatischen Länder noch die westlichen Währungen wie US-Dollar und Euro, um sich deren Industrie zu holen. Werden diese Währungen aber abverkauft, was jederzeit passieren kann, dann zeigen sich die neuen Abhängigkeiten. Viele Produkte können im Westen überhaupt nicht (mehr) produziert werden, beispielsweise Flachbildschirme. Besonders betroffen sind die USA und Grossbritannien, wo schon seit einiger Zeit eine "finanzielle Ökonomie" die Industrie abgelöst hat. Aber auch in Westeuropa werden kaum mehr Fabriken, dafür umsomehr Shopping Malls und Büros gebaut. Also Konsum und Verwaltung statt Produktion.

Bislang hält die Angst vor einer Revolution im eigenen Land die Asiaten noch von einem Abverkauf der westlichen Währungen zurück. Aber das wird passieren, wenn der US-Dollar ins Rutschen kommt, denn die USA gehen mit ihrer geplatzten Immobilien-Bubble gerade in eine Rezession.

Insgesamt werden wir uns damit abfinden müssen, dass unser Lebensstandard auf ein wesentlich niedrigeres Niveau absinkt, etwa das von Osteuropa. In Staaten, die noch eine wettbewerbsfähige Industrie haben, wie Deutschland, wird es etwas besser sein. In Ländern die nur von Spekulation oder Tourismus leben (UK, Spanien) wird es viel schlimmer ausfallen. Sorry, die zukünftigen Reichtümer werden in Asien zu finden sein. Dollar und Euro sind überbewertet, das wird sich mit dem Abverkauf korrigieren.


Immobilien & Krise

Von allen Bubbles ist eine Immobilien-Blase die tödlichste für das Finanzssystem. Während Aktien normalerweise mit Cash gekauft werden, werden Immobilien egal welcher Art fast immer auf Kredit gekauft. Das rächt sich beim Platzen der Bubble.

Immobilien haben nicht nur viel "Leverage" (Kredit-Hebel), sie sind in einer Krise auch sehr illiquid - man bekommt sie kaum los. Dann sinken die Preise ins Bodenlose. Beispiele sind Argentinien 2002 oder Thailand 1997 (http://www.itulip.com/forums/showthread.php?t=374), wo man eine Wohnung um 10.000 USD kaufen konnte. Auf grossen Plakaten angeboten, aber nur gegen Cash.


Das Platzen einer solchen Bubble bringt meistens das Banksystem zu Einsturz. Diesesmal wird es weltweit passieren, noch verschärft durch Kredit- und Derivatenexzesse ungeahnten Ausmasses.


Wieviel Wohnfläche braucht der Mensch?

1945 gab es in Deutschland kriegsbedingt eine extreme Knappheit an Wohnfläche. Das hat sich in der Zwischenzeit mehr als ausgeglichen.

Hier die Wohnfläche pro Einwohner für einige westliche Länder:


Ende der Single-Gesellschaft:
Ein Auswuchs der modernen Gesellschaft ist die Single-Wohnkultur, wo eine Person eine eigene Wohnung oder ein Haus bewohnt, oft mit über 100m2. Besonders in den Städten sind ein Grossteil der Haushalte Single-Haushalte, nur von einer Person bewohnt. Das ist absoluter Luxus, wenn man es etwa mit China vergleicht.

Das Bild unten zeigt einen Wohnblock in der chinesischen Stadt YiChang (dort wo das Three Gorges Kraftwerk gebaut wird, selbst aufgenommen). Die Leute wohnen in kleinen "Waben" und müssen ihre Balkone als Platznot als Lagerstätten benützen. Es gibt in China noch viel schlimmere Beispiele.

Bisher wird speziell in Deutschland die Single-Wohnform sogar noch vom Staat unterstützt, indem etwa bei Hartz-IV Arbeitslosen die Wohnung bezahlt wird. Stellen Sie sich vor, das Einkommen sinkt real auf 1/3, dafür steigen die Betriebskosten um das Doppelte, verursacht durch höhere Energiekosten. Die Leute werden gezwungen werden, zusammenzuziehen. Das schafft eine Menge freien Wohnraum.


Good Bye Suburbia:
Ein weiteres Element sind die auswuchernden Umlandgebiete um die grossen Städte (Suburbs). Diese Wohngebiete konnten nur durch niedrige Treibstoffkosten und niedrige Zinsen das heutige Ausmass erreichen. Die Erfinder von Suburbia waren natürlich die Amerikaner, aber man braucht sich nur etwa im Umland von München umzusehen. Während die Innenstädte verfallen, wuchert das Umland.

Sie können annehmen, dass sicher auf fast allen der in den letzten 15 Jahren in diesen Suburbs erworbenen Häusern eine Hypothek drauf ist.

In den USA zeigt sich heute bereits, dass die Hauspreise in den weiter entfernteren Gebieten (Exurbs) stärker sinken als sonst - wegen der höheren Treibstoffkosten. Peak Oil (der Rückgang der Ölförderung/Reserven) lässt grüssen. Die heutigen Suburbs werden wahrscheinlich zu den am meisten betroffenen Gebieten gehören, wogegen die Städte und das flache Land besser abschneiden werden.


Ferienwohnungen:
In manchen Ländern wie Spanien werden alle Strände mit Ferienwohnungen zugebaut. Die Käufer dieser Wohnungen sind meist Deutsche oder Briten. Diese Völker scheinen einen Hang zu Immobilien zu haben. Warum tut man sich das an? Eine Wohnung in einem fernen Land zu kaufen, wo man nur einige Wochen pro Jahr ist und pro Strecke mehrere Stunden fliegen muss. Ist es Besitzgier? Was ist, wenn das eigene Einkommen schmilzt und die Flugkosten wegen des Kerosinpreises explodieren. Man sollte nicht vergessen, dass Fliegen derzeit deshalb so billig ist, weil die niedrigen Zinsen die Finanzierung der Flugzeugflotten subventionieren und viele kleinere Flughäfen (der Staat) verschiedene Low Cost Carrier subventionieren.

Chris Laird prophezeiht in seinem Prudent Squirrel Newsletter#57 für die USA, dass am Tiefpunkt der Krise ein Haus um 2 Unzen Gold zu bekommen sein wird. Die vielen Ferienwohnungen in Spanien werden dann um noch weniger zu bekommen sein. Wenn sie nicht schon total von Unkraut überwuchert sind.


Überalterung:
Ein weiterer Faktor ist die Überalterung der europäischen Bevölkerung und die damit zusammenhängende Schrumpfung der Bevölkerungszahlen. Das wird weitere Wohn-Immobilien freimachen.


Kein "sicheres" Investment:
Man kann sicher gute Geschäfte machen, wenn man Wohnungen und Häuser in der Krise kauft und vermietet. Voraussetzung ist, dass man wirklich billig einkauft und die Umgebung in Zukunft Arbeitsplätze haben wird. Jedoch sollte man sich im klaren sein, dass für die nächsten Jahrzehnte ein Überangebot an Wohnungen und Häusern bestehen wird, das die Mieten drückt.

Allein die oben aufgezählten Faktoren zeigen, dass die heutigen Preise für Wohnimmobilien für einige Jahrzehnte nicht mehr erreicht werden. Manche Gebiete werden nie wieder "hochkommen".



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