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Finanzmärkte - das große Bild

26.03.2017  |  Klaus Singer
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Mit zunehmender Liquidität der Banken steigt das Angebot am Geldmarkt, der Spread sinkt. Umgekehrt führt ein Rückgang der Liquidität zu einem steigenden Spread; wenn Banken der weiteren Entwicklung im Bankensystem misstrauen, verkaufen sie Assets und schichten in “risikolose” 13-wöchige TBills (“Parkplatz”) um. Der Index kann auch als Maß für Risiko von Unternehmens-Krediten angesehen werden. Der TED-Spread steigt zwar seit Mitte 2014 an, verläuft zurzeit aber flach bei gut 0,5%. Er reflektiert damit auch die zunehmende Inflation. Einen kritischen Pegel sehe ich bei einem Prozent. Bis dahin ist noch ein gutes Stück.

Aus den Parametern im Bond-Markt wäre mithin abzuleiten, dass für Aktien ein Topp noch nicht erreicht scheint. Es herrscht nach wie vor großer Optimismus hinsichtlich der stimulierenden Kräfte der Trumponomics, die den den geplanten Infrastrukturprojekten, der Steuerreform und der Deregulierung zugeschrieben werden. Zudem wird die Inflation gegenwärtig als Stimulans und die Fed als Zinstaube angesehen, die diese noch eine zeitlang eher begrüssen wird. Das alles hebt Aktienkurse und drückt Bond-Preise. Gleichzeitig sorgt das innerhalb von Aktien für eine Bevorzugung zyklischer Sektoren, während zinssitive Werte hinterherlaufen.

Zu den Aktien-Lieblingen zählen in solchen Situationen auch Small Caps. Ihnen misst man in einer konjukturellen Belebung überdurchschnittliches Potenzial zu. Zugleich ist dann ihre geringe Liquidität kein Nachteil, weil genügend Kapital an die Börsen strömt. Das verkehrt sich ins Gegenteil, wenn der Geldstrom schwächer wird, bzw. die erwartete konjukturelle Belebung stockt. Dann werden liquidere Large Caps bevorzugt, die besser zu verkaufen sind.

Der folgende Chart zeigt die relative Performance zwischen Small und Large Caps anhand von zwei ETFs auf US-Unternehmen. Hier zeigen sich Brüche. Seit Ende Februar ist die seit November vorherrschende Outperformance von Small Caps nach einem Topp im Januar dahin. (Blick zurück: Mitte 2015 gab es den jüngsten nachhaltigen Einbruch in der Preisbeziehung beider ETFs, Ende August folgte damals ein scharfer Einbruch am Aktienmarkt. Anfang Februar 2016 wiederum war die maximale (relative) Outperformance von Large Caps erreicht, zeitgleich zum damaligen Boden bei Aktien.)

Dies deutet darauf hin, dass unter der Decke nun zunächst eine vorsichtigere Gangart Einzug gehalten hat. Aus der Dynamik dieser Entwicklung ist abzuleiten, dass dies noch anhalten dürfte. Mithin dürfte auch die Volatilität insgesamt erhöht bleiben. Der VIX notiert seit einigen Tagen über seiner EMA50.

Rohstoffe sind das dritte Segment in der Intermarket-Betrachtung von Murphy. Die erste Phase steigender Rohstoff-Preise galt in der Vergangenheit stets als gutes Zeichen für die Verfassung der Wirtschaft. Im Frühjahr 2016 haben die Ölpreise einen Boden ausgebildet, auch der Kupferpreis markierte da ein Ende der Abwärtsentwicklung seit 2011 (siehe z.B. hier!). Dem folgten auch andere Industriemetalle. Aktien profitieren von solchen Signalen, ihre Kurse steigen in der dritten Murphy-Phase zusammen mit Bondpreisen. Dann findet eine Rotation aus Bonds statt, Aktien und Rohstoffe steigen weiter. In dieser Phase vier dürften wir uns seit einem halbem Jahr befinden.

Irgendwann kommt es zu dem Punkt, an dem die Inflation, angetrieben auch durch die Entwicklung der Rohstoffpreise, an Dynamik gewinnt und die Fed sich gezwungen sieht, mit aggressiven Zinsschritten gegenzusteuern. Das wäre dann der Punkt, an dem Aktien ihren Gipfel erreichen und eine Rotation in Rohstoffe folgt. Da sind wir noch nicht, die Fed ist noch einige Zeit dabei, die Inflation willkommen zu heißen.

In den zurückliegenden 40 Jahren ging jeder Rezession ein Spike bei den Ölpreisen voraus. Wegen der zentralen Bedeutung dieses Rohstoffs geht von ihm eine besonders starke Inflationswirkung aus, weswegen die Fed mit ihrer Geldpolitik hierauf besonders sensibel reagiert. Bis dahin ist noch ein Stück des Weges. Der Preis für WTI Crude Oil bewegt sich aktuell in einer Seitwärtsphase zwischen 43 und 54 Dollar. Oberhalb von etwa 55 Dollar arbeiten nicht-konventielle Ölförderer (Fracking usw) rentabel. Meiner Meinung nach würde die Fed erst oberhalb von 70 Dollar aus dem Ölpreisverlauf heraus Konsequenzen für eine aggressivere Gangart ziehen.

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Chartquelle: www.incrediblecharts.com


(Unter Verwendung von Material aus "John Murphy on Intermarket Analysis and the Sequence of Market Peaks")


Fazit:

Aus einer Intermarket-Analyse lässt sich ableiten, dass wir uns gegenwärtig in einer Phase steigender Zinsen, steigender Aktienkurse und steigender Rohstoffpreise befinden. Der Stress im alles entscheidenden Bond-Markt ist relativ gering, die Ölpreise sind weit davor, einen Peak zu bilden. Das sind übergeordnet günstige Rahmenbedingungen für einen Fortgang der Phase des spekulativen Exzesses bei Aktien. Gegenwärtig mehren sich allerdings Anzeichen für eine vorsichtigere Gangart.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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