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Finanzmärkte: Was ist los?

16.04.2017  |  Klaus Singer
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Angesichts der weiterhin hohen (guten) Stimmungswerte bei Firmen und Verbrauchern und der weiterhin jedenfalls nicht pessimistischen Einstellung der Investoren besteht die Gefahr, dass auch kleine Kursrücksetzer recht bald immer wieder gekauft werden. Damit kann es dann geschehen, dass nach einer solchen Akkumulationsphase nicht mehr genügend "Treibstoff" auf der Seitenlinie steht, um den S&P 500 anschließend dynamisch über die Obergrenze der Formation und dann vor allem über das zuletzt gebildete Allzeithoch bei knapp 2400 hinaus zu treiben.

Dann besteht die Gefahr, dass die mit der Trump-Wahl eingeleitete spekulative Übertreibung bei Aktien an ihrer Schnäppchenjäger-Mentalität verendet oder zumindest ernsthaft ins Stocken gerät. Spätestens dann müsste die Trump-Administration wieder zu ihrem Fokus auf die Binnenwirtschaft zurückkehren und ihre Vorhaben angeschoben bekommen.

Wenn die Fed-Politik allerdings dazu führt, dass die Kreditkosten für die Käufe von Autos und Häusern deutlich ansteigen, dann könnte die Konjunkturmotor in den USA ernsthaft ins Stottern geraten. Die US-Autoverkäufe zeigen gegenwärtig Schwäche - gegenüber der Spitze nach 2008 im Dezember 2016 sind sie per März um zehn Prozent zurück gegangen.

"Plateau" ist eine optimistische Beschreibung des jüngsten Verlaufs. In diesem Zusammenhang sind auch die Hauspreise von grosser Bedeutung - hier ging es seit April 2012 im größeren Bild nur aufwärts - um insgesamt gut 39% nach Hauspreisindex CSXR. Vermutlich würden sich entsprechende Bremsspuren frühzeitig in den Vertrauens- und Sentiment-Indices der Verbraucher niederschlagen - gegenwärtig stehen diese so hoch wie seit 16, bzw seit zehn Jahren nicht.

In der Eurozone gibt aus konjunktureller Sicht keine Rechtfertigung für die Geldflut, die die EZB immer noch praktiziert. Sie bezieht ihre (interne) Rechtfertigung aus den Unsicherheiten hinsichtlich Präsidentschaftswahl in Frankreich, sowie aus den Brexit-Verhandlungen und dann sind da ja auch noch die Bundestagswahlen im September. Und wenn alles nichts hilft, dann wird dem EZB-Chef Draghi schon etwas anderes einfallen - vielleicht die Banken- und Schuldenkrise in Italien. Das Bankensystem der Eurozone ist hoffnungslos überdimensioniert, dementsprechend unterkapitalisiert und unprofitabel - das ist der wahre Grund. Die EZB verletzt damit ihr Mandat - aber das ist nichts Neues.

Aktienrückkäufe der Unternehmen werden die Kurse weiterhin unterstützen, auch die QE-Programme in Europa und in Japan wirken entsprechend. Hinzu kommt die nun angelaufene Saison der Quartalsberichte. Erwartet wird eine Steigerung der Gewinne im S&P500 um zehn Prozent im Jahresvergleich. Bei Energiefirmen sollen es sogar bis zu 600% sein - die Ölpreise hatten im ersten Quartal 2016 ein mehrjähriges Tief erreicht und sind seitdem deutlich angestiegen.

Alles in allem sollte man über die kommenden Monate eher mit einer Seitwärtsbewegung bei Aktienkursen rechnen. Ob das Teil einer Topp-Formation ist oder ob es zu einer nochmaligen Beschleunigung des spekulativen Exzesses kommt, ist per heute schwer zu sagen. Gerne werden Vergleiche gezogen zur zweiten Phase der Reagonomics ab 1985/1986. Der Dow Jones Index hat sich bis 1990 in etwa verdoppelt, der bekannte Crash im Oktober 1987 war da nur ein kurzes Intermezzo. Vergleiche hinken manchmal oder oft - insbesondere dann, wenn keiner mehr dran glaubt. Aber so weit ist es noch nicht. Trump hat mehrfach gesagt, die Aktienkurse seine für ihn eine Art Stimmungsbarometer für seine Politik. Also, so die Hoffnung mancher Akteure, wird er bald entsprechend aktiv werden.

Entscheidend ist die Entwicklung der Inflation in der nächsten Zeit. Sie ist ohnehin neben "Trump" ein Schlüssel bei der Kursentwicklung. Hier gibt es aktuell sowohl im PPI als auch im CPI in den USA Dynamikverlust. Der CPI ist im März zwar um 2,4% gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Allerdings hatte der Index vor einem Jahr noch im Bereich mehrjähriger Tiefs notiert. Sollte die Inflation in der nächsten Zeit weitere Schwäche zeigen, würde damit ein Baustein in dem seit Anfang Februar 2016 los getretenen Bullenschub infrage gestellt.

Gold profitiert von der gegenwärtigen Gemengelage. Der Preis des Edelmetalls ist über den Pegelbereich bei 1250 Dollar ausgebrochen und strebt der Marke von rund 1305 zu (Chartquelle). Die Entwicklung unterstreicht damit zunächst einmal, dass die Konsolidierung bei Aktien einen "ernsteren" Hintergrund hat als lediglich irgendwelche isolierten charttechnischen Faktoren.

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Chartquelle: www.incrediblecharts.com


(Unter Verwendung von Material aus "Fed Bombshell Minutes Indicate Balance Sheet Reductions, Suggest Markets are Overvalued")


Fazit:

Die Rally an den Aktienmärkten ist ins Stocken gekommen. Im S&P500 ist die EMA50 im Test. Die Hinwendung Trumps zu außenpolitischen Themen trägt zur Irritation bei, geopolitische Risiken kommen stärker in den Fokus. Zweifel an der Umsetzung der Trumponomics verstärken sich. Das ist zunächst nur mentale Begleitmusik zu seit Anfang März andauernden Konsolidierung der Aktienkurse. Bei der Frage, wie es weiter geht, spielt die Inflationsentwicklung eine wichtige Rolle sowie der Kurs bei der Umsetzung der Trumpschen Wahlversprechen.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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