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Craig Hemke: "Das ganze Kartenhaus wird zusammenbrechen"

18.05.2017  |  Mike Gleason
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Wenn die Banken nicht die Möglichkeit hätten, beliebig viele neue Kontrakte herauszugeben, oder wenn es den Regulatoren nicht egal wäre, welche Folgen das für die Preisentwicklung hat, wie hoch wäre der Kurs dann wohl gestiegen? Wenn das Open Interest bei 160.000 Kontrakten konstant geblieben wäre, wäre der Preis sicherlich nicht nur auf 18 $ geklettert nicht wahr? Die Käufe im Umfang von knapp 80.000 Kontrakten, die seit Jahresanfang am Silberterminmarkt getätigt wurden, hätten in diesem Fall ja nur mit Hilfe der bereits existierenden Futures durchgeführt werden können. Es hätten sich also genügend Trader finden müssen, die zum Verkauf ihrer Kontrakte bereit waren.

Durch die künstliche Ausweitung des Angebots können die Banken die Preisdynamik und die Kursgewinne also ausbremsen, bis die meisten Anleger denken "Silber ist ein miserables Investment, da geht es nie bergauf." Ganz anders sähe die Situation aus, wenn die Zahl der handelbaren Kontrakte konstant bleiben müsste, oder wenn sie daran geknüpft wäre, wie viel verfügbares Silber sich tatsächlich in den Lagerhäusern der COMEX befindet. Dann wäre der Preis in den ersten dreieinhalb Monaten dieses Jahres vielleicht nicht auf 18 $, sondern auf 28 $ gestiegen und wir würden jetzt eine ganz andere Diskussion führen.

In einem solchen Szenario hätten die Edelmetallmärkte vielleicht mehr Ähnlichkeit mit Bitcoin. Bei Bitcoin gibt es keinen Terminmarkt und keine Banken, die Futures herausgeben und sagen können, "Das sind, ähm, künstliche Bitcoins. Ja, die werden ganz hervorragend funktionieren, vertrauen Sie uns." Es gibt nur echte Bitcoins und für jeden Käufer muss sich ein Verkäufer finden. Wenn bei einem bestimmten Kursniveau niemand verkaufen will, muss der Preis eben solange steigen, bis es wieder Verkäufer gibt.

Doch wie gesagt - die Terminmärkte funktionieren nicht auf diese Weise. Es muss nicht zwangsläufig einen Marktteilnehmer geben, der einen bestehenden Kontrakt verkauft. Die Banken haben stattdessen die Möglichkeit, einfach neue Kontrakte herauszugeben und zu verkaufen.

Doch um auf Ihre Frage zurückzukommen: Der Preis wird wieder steigen, wenn er infolge der Marktstimmung und des Momentums nach oben ausbricht. Aus diesem Grund füttern die Banken die Spekulanten immerzu mit neuen Kontrakten. Zum einen wollen sie natürlich einen Gewinn erzielen, zum anderen aber auch die Stimmung und die Preise unter Kontrolle halten, damit sie ihr Spiel auch in Zukunft fortsetzen können.


Mike Gleason: Auch bei den Öl- und Kupferpreisen geht es abwärts, was den Preisdruck im Metallsektor zusätzlich erhöht, vor allem am Silbermarkt. Schließlich wird Silber teilweise wie ein reiner Rohstoff gehandelt. Das Wirtschaftswachstum ist miserabel und es hat den Anschein, als würden sich in China ernste Probleme entwickeln. Wenn sich der Sell-off an den Rohstoffmärkten fortsetzt und beginnt, auch die Aktienmärkte in Mitleidenschaft zu ziehen, steht zu erwarten, dass Gold und Silber wieder verstärkt als Safe-Haven-Assets gehandelt werden und weniger als reine Rohstoffe. Wie sehen Sie die Entwicklungen bei Öl und Kupfer und welchen Einfluss werden sie Ihrer Ansicht nach auf die Edelmetalle haben?

Craig Hemke: Das ist ein schmaler Grat nicht war? Das gilt vor allem für Silber, weil es sowohl ein monetäres Metall und ein Investment als auch ein wichtiger Industrierohstoff ist. Wenn sich die Wirtschaft weiter abkühlt, könnte das den Abwärtsdruck am Silbermarkt durchaus verstärken. Vielleicht ist das auch einer der Gründe für den 16-tägigen Einbruch. Es ist unmöglich, das mit Gewissheit zu sagen.

An einem bestimmten Punkt werden die Märkte jedoch beginnen, in die Zukunft zu blicken und die Anleger werden sich denken: "Wenn sich das Wachstum weiter verlangsamt, werden wir es in den nächsten drei oder vier Jahren vielleicht nicht mit weiteren Zinserhöhungen, sondern mit einer Rezession und neuen quantitativen Lockerungen zu tun haben. Das könnte gut für den Goldkurs sein und der wird vielleicht auch den Silberkurs mit nach oben ziehen." Das ist also eine vielschichtige Frage und man muss versuchen herauszufinden, welcher Aspekt gerade überwiegt.

Es wird auf jeden Fall interessant sein, die weiteren Entwicklungen zu beobachten. Aber wissen Sie, was mich wirklich ärgert? Diese Clowns bei der Federal Reserve. Erst behandeln wir sie wie Rockstars und die Märkte hängen an ihren Lippen wie Teenager, die jede Bewegung von Kim Kardashian gebannt mitverfolgen. Es ist haarsträubend, das mit anzusehen. Und dann gibt es bei der Fed Trottel wie Eric Rosengren, die behaupten, dass "die Wirtschaft vielleicht zu schnell wächst". Wie bitte? Ein halbes Prozent im ersten Quartal war zu schnell? 2016 wurde das geringste Wachstum seit 2011 verzeichnet. Aber trotzdem will die Notenbank die Zinsen auf einmal immer weiter anheben.

Die jüngsten Arbeitsmarktberichte waren erschreckend. Und wie auch immer es zu Jahresbeginn um die Inflation bestellt war - im März und April war von einer Zunahme der Inflationsrate nichts mehr zu sehen. Das Wirtschaftswachstum lag im ersten Quartal nur bei etwas mehr als einem halben Prozent. Dann wären da noch Präsident Trump und all seine Schwierigkeiten. Es ist mittlerweile ziemlich klar, dass es in diesem Jahr keine Steuerreform mehr geben wird. Es wird keine großen Pläne zum Ausbau der Infrastruktur geben, die in absehbarer Zukunft umgesetzt werden. All die Versprechen, die uns zu Jahresbeginn gemacht wurden, sind wertlos. Nichts davon wird in die Tat umgesetzt.

Aber die Fed sagt noch immer: "Oh, ja, wir werden den Zinssatz weiter anheben." - "Ähm, warum, wenn ich fragen darf?" - "Weil das gut für unsere Banken ist. Huch, habe ich das laut gesagt? Entschuldigen Sie." Die Notenbanker würden das nicht zugeben, aber so ist es. Sie machen ihre Zinsentscheidungen nicht davon abhängig, was für den Durchschnittsbürger am besten wäre. Im Moment scheinen sie den Leitzins weiter erhöhen zu wollen. Nun, wir werden sehen, ob sich das bewahrheitet.

Wie Sie wissen, haben Gold und Silber bei den letzten drei Zinserhöhungen im Dezember 2015, im Dezember 2016 und im März 2017 jeweils eine steile Rally gestartet. Im Juni wäre das erneut möglich. Der Markt könnte eine Rally im Edelmetallsektor mittlerweile sogar vorhersehen, da die Kurse bei den letzten drei Zinsanpassungen ja sehr zuverlässig gestiegen sind. Statt im Vorfeld der nächsten Fed-Sitzung im Juni, bei der der Leitzins offenbar erneut erhöht werden soll, wieder einen Rückgang der Gold- und Silberpreise zu beobachten, könnten wir diesmal vielleicht schon vorher Kursgewinne verzeichnen. Wir werden sehen.


Mike Gleason: Das ist ein interessanter Punkt, denn viele Anleger glauben, dass die Edelmetallkurse sowie die Kurse zahlreicher anderer Assets fallen werden, wenn die Zinsen steigen. Dass Gold und Silber nach den letzten drei Zinsschritten gestiegen sind, ist eine sehr gute Beobachtung. Wenn es in diesem Jahr zu weiteren Zinserhöhungen kommen sollte, ist das also nicht zwangsläufig schlecht für die Edelmetalle.

Craig Hemke: Ganz recht. Zwischen 2003 und 2007 hat die Fed den Leitzins beispielsweise 17 Mal angehoben. Sie hat ihn praktisch viereinhalb Jahre lang in jedem Quartal erhöht. Währenddessen ist der Goldpreis allerdings von 300 $ auf 1.000 $ gestiegen.


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