Schlafender Riese Euro/Dollar
20.10.2006 | Robert Rethfeld
"In der Mitte des Raumes liegt ein schlafender Riese. Auf seinem Bauch liegt der Edelstein. Alle anderen sind die Zwerge, die sich anschleichen und lange warten, ob der Riese auch wirklich gut schläft. Dann greift einer zu. In diesem Moment erwacht aber der Riese und fängt alle Zwerge, die sich nur retten können, wenn sie die Wand des Raumes erreichen" (aus einem Web-Magazin für Kinder).
Schaut man auf die großen Anlagearten an den Weltmärkten, so befinden sich die Aktienmärkte in vollem Schwung nach oben. Die US-Bonds drehten ein Pirouette und fallen derzeit. Die Rohstoffe versuchen, einen Boden auszubilden. Nur der Riese "Euro/ Dollar" schläft seit einigen Monaten in einer Handelsspanne zwischen 1,25 und 1,30. Am 27. Oktober 2006 wird genau ein halbes Jahr vergangen sein, seitdem der Kurs des Euro zum ersten Mal in diese Handelsspanne eindrang. Fünf Cents in sechs Monaten; da ist die unergiebige Ausbeute. Für "Länge und Enge" dieser Handelsspanne gibt es in diesem Jahrzehnt im Euro keinen Präzedenzfall.
Der Tag wird kommen, an dem der Euro aus seinem Schlaf erwacht. Wie wird dies geschehen? Langsam oder ruckartig? Wir vermuten, dass der Euro sehr schnell in einen deutlichen Trend übergehen wird, ähnlich wie dies aktuell die weltweiten Aktienmärkte vorexerzieren. Die uns vorliegenden COT-Daten weisen darauf hin, dass sich eine solche Ausbruchsbewegung nach oben vollziehen dürfte. Wir haben als Beispiel für unsere Arbeit die COT-Auswertung für den Japanischen Yen online gestellt.
www.wellenreiter-invest.de/freiindizes/2006.10.16.cot.yen.pdf
Was geschähe an den Börsen, wenn sich dieses Equilibrium auflösen würde?
Szenario 1: Der US-Dollar schwächt sich ab
Der Euro bricht nach oben aus und auch der Yen gewinnt an Stärke. Dies würde dazu führen, dass sich der sogenannte Yen-Carry-Trade (Geld zu günstigen Zinsen in Japan leihen und US-Bonds kaufen) immer weniger lohnen würde. Eine mögliche Folge wäre ein Rückgang des Interesses an US-Bonds. Sollten die US-Bonds fallen, würde dies automatisch steigende US-Langfristzinsen bedeuten. Steigende US-Zinsen würden die Konjunktur belasten, da sie der Kreditexpansion entgegenarbeiten. Der US-Hausbausektor hätte ebenfalls mit wieder steigenden Zinsen zu kämpfen. Ausländische Exporte in den Dollar-Raum würden teurer. Durch teure Importe und steigende Rohstoffpreise würde die US-Inflationsrate tendenziell steigen.
Szenario 2: Der US-Dollar wird stärker
Der US-Dollar bricht gegenüber Euro und Yen nach oben aus. Die von vielen Chart-Technikern wahrgenommene Schulter-Kopf-Schulter-Formation im Euro würde sich vollenden. In diesem Fall würde die Fortsetzung des Yen-Carry-Trade dazu führen, dass sich die US-Bonds weiterhin starker Nachfrage erfreuen würden. Fallende Langfristzinsen wären die Folge. Billige Kredite würden die Liquidität weiter ausweiten und dies würde die US-Konjunktur unterstützen. Importe würden preiswerter und würde die Inflationsrate sinken lassen. Rohstoffe würden sich verbilligen.
Wenn George W. Bush und seine Mitstreiter neben dem Ölpreis auch den US-Dollar im Griff hätten; wie würden sie ihn sich backen wollen? Wir glauben, dass die erste Priorität wäre, das Equilibrium zu erhalten. Der aktuell "fixe" Wechselkurs zwischen Euro und US-Dollar sorgt dafür, dass sich die Märkte in Ruhe entwickeln können. Die zweite Priorität wäre ein steigender US-Dollar. Im Szenario 2 würden die US-Multinationals, die Ihr Geld hauptsächlich im Ausland verdienen (z.B. McDonalds, Microsoft, Intel, Procter&Gamble) im Ausland weniger US-Dollars erwirtschaften und das könnte die Marge zusammenfallen lassen. Ansonsten aber würde ein steigender US-Dollar als Konjunkturspritze dienen und mögliche Inflationsgefahren eindämmen. Ein Vehikel für die Erreichung von Szenario 2 wäre eine Anhebung des US-Leitzinses. Ein anderes ist die Steigerung der Attraktivität des US-Aktienmarktes, die viele Fonds dazu zwingt, ihren US-Aktienanteil zu erhöhen.
Szenario 1 (fallender US-Dollar) hat hingegen das Potential, Unruhe in die "Goldilocks-Economy" zu bringen. Steigende Zinsen würden die US-Konjunktur belasten und insbesondere den bereits angeschlagenen Hausbau-Sektor treffen. Ein fallender US-Dollar würde zusätzlich zu inflationären Tendenzen in den USA führen. Eine Zinssenkung würde den US-Dollar gegenüber anderen Währungen unattraktiver machen und das Szenario 1 heraufbeschwören. Insofern ist davon auszugehen, dass die US-Fed den Leitzins erst dann senken wird, wenn es nicht mehr anders geht (und nicht etwa, wenn die Aktienmärkte steigen und die Konjunktur noch einigermaßen brummt). Eine Leitzinssenkung ist immer die "Ultima Ratio".
Noch liegt der "Riese Euro/Dollar" auf dem Boden und schläft. Wenn er erwacht, wird er die "Zwerge" jagen und sie fangen. "Zwerg Anleihenmarkt" und "Zwerg Aktienmarkt", nehmt Euch in Acht: Der Währungsmarkt ist viel größer als ihr!
© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de
P.S.: Wir veröffentlichen morgens gegen zwischen 7.30 und 8.00 Uhr eine tägliche Kolumne zum aktuellen Geschehen unter www.wellenreiter-invest.de, die als 14-tägiges Schnupperabo kostenlos getestet werden kann.
Schaut man auf die großen Anlagearten an den Weltmärkten, so befinden sich die Aktienmärkte in vollem Schwung nach oben. Die US-Bonds drehten ein Pirouette und fallen derzeit. Die Rohstoffe versuchen, einen Boden auszubilden. Nur der Riese "Euro/ Dollar" schläft seit einigen Monaten in einer Handelsspanne zwischen 1,25 und 1,30. Am 27. Oktober 2006 wird genau ein halbes Jahr vergangen sein, seitdem der Kurs des Euro zum ersten Mal in diese Handelsspanne eindrang. Fünf Cents in sechs Monaten; da ist die unergiebige Ausbeute. Für "Länge und Enge" dieser Handelsspanne gibt es in diesem Jahrzehnt im Euro keinen Präzedenzfall.
Der Tag wird kommen, an dem der Euro aus seinem Schlaf erwacht. Wie wird dies geschehen? Langsam oder ruckartig? Wir vermuten, dass der Euro sehr schnell in einen deutlichen Trend übergehen wird, ähnlich wie dies aktuell die weltweiten Aktienmärkte vorexerzieren. Die uns vorliegenden COT-Daten weisen darauf hin, dass sich eine solche Ausbruchsbewegung nach oben vollziehen dürfte. Wir haben als Beispiel für unsere Arbeit die COT-Auswertung für den Japanischen Yen online gestellt.
www.wellenreiter-invest.de/freiindizes/2006.10.16.cot.yen.pdf
Was geschähe an den Börsen, wenn sich dieses Equilibrium auflösen würde?
Szenario 1: Der US-Dollar schwächt sich ab
Der Euro bricht nach oben aus und auch der Yen gewinnt an Stärke. Dies würde dazu führen, dass sich der sogenannte Yen-Carry-Trade (Geld zu günstigen Zinsen in Japan leihen und US-Bonds kaufen) immer weniger lohnen würde. Eine mögliche Folge wäre ein Rückgang des Interesses an US-Bonds. Sollten die US-Bonds fallen, würde dies automatisch steigende US-Langfristzinsen bedeuten. Steigende US-Zinsen würden die Konjunktur belasten, da sie der Kreditexpansion entgegenarbeiten. Der US-Hausbausektor hätte ebenfalls mit wieder steigenden Zinsen zu kämpfen. Ausländische Exporte in den Dollar-Raum würden teurer. Durch teure Importe und steigende Rohstoffpreise würde die US-Inflationsrate tendenziell steigen.
Szenario 2: Der US-Dollar wird stärker
Der US-Dollar bricht gegenüber Euro und Yen nach oben aus. Die von vielen Chart-Technikern wahrgenommene Schulter-Kopf-Schulter-Formation im Euro würde sich vollenden. In diesem Fall würde die Fortsetzung des Yen-Carry-Trade dazu führen, dass sich die US-Bonds weiterhin starker Nachfrage erfreuen würden. Fallende Langfristzinsen wären die Folge. Billige Kredite würden die Liquidität weiter ausweiten und dies würde die US-Konjunktur unterstützen. Importe würden preiswerter und würde die Inflationsrate sinken lassen. Rohstoffe würden sich verbilligen.
Wenn George W. Bush und seine Mitstreiter neben dem Ölpreis auch den US-Dollar im Griff hätten; wie würden sie ihn sich backen wollen? Wir glauben, dass die erste Priorität wäre, das Equilibrium zu erhalten. Der aktuell "fixe" Wechselkurs zwischen Euro und US-Dollar sorgt dafür, dass sich die Märkte in Ruhe entwickeln können. Die zweite Priorität wäre ein steigender US-Dollar. Im Szenario 2 würden die US-Multinationals, die Ihr Geld hauptsächlich im Ausland verdienen (z.B. McDonalds, Microsoft, Intel, Procter&Gamble) im Ausland weniger US-Dollars erwirtschaften und das könnte die Marge zusammenfallen lassen. Ansonsten aber würde ein steigender US-Dollar als Konjunkturspritze dienen und mögliche Inflationsgefahren eindämmen. Ein Vehikel für die Erreichung von Szenario 2 wäre eine Anhebung des US-Leitzinses. Ein anderes ist die Steigerung der Attraktivität des US-Aktienmarktes, die viele Fonds dazu zwingt, ihren US-Aktienanteil zu erhöhen.
Szenario 1 (fallender US-Dollar) hat hingegen das Potential, Unruhe in die "Goldilocks-Economy" zu bringen. Steigende Zinsen würden die US-Konjunktur belasten und insbesondere den bereits angeschlagenen Hausbau-Sektor treffen. Ein fallender US-Dollar würde zusätzlich zu inflationären Tendenzen in den USA führen. Eine Zinssenkung würde den US-Dollar gegenüber anderen Währungen unattraktiver machen und das Szenario 1 heraufbeschwören. Insofern ist davon auszugehen, dass die US-Fed den Leitzins erst dann senken wird, wenn es nicht mehr anders geht (und nicht etwa, wenn die Aktienmärkte steigen und die Konjunktur noch einigermaßen brummt). Eine Leitzinssenkung ist immer die "Ultima Ratio".
Noch liegt der "Riese Euro/Dollar" auf dem Boden und schläft. Wenn er erwacht, wird er die "Zwerge" jagen und sie fangen. "Zwerg Anleihenmarkt" und "Zwerg Aktienmarkt", nehmt Euch in Acht: Der Währungsmarkt ist viel größer als ihr!
© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de
P.S.: Wir veröffentlichen morgens gegen zwischen 7.30 und 8.00 Uhr eine tägliche Kolumne zum aktuellen Geschehen unter www.wellenreiter-invest.de, die als 14-tägiges Schnupperabo kostenlos getestet werden kann.