Jim Rickards: Gold, Blockchain und der Niedergang des Dollars
28.06.2017 | Mike Gleason
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Die Fed macht also schon wieder einen Fehler. Offenbar können die US-Notenbanker nichts richtig machen. Das ist eigentlich auch gar nicht überraschend, denn wenn man mit fehlerhaften und veralteten Modellen arbeitet, ist es kein Wunder, dass dabei jedes Mal die falsche Politik herauskommt. Die Wirtschaft ist ohnehin schon schwach und die Konjunktur trübt sich weiter ein. Wir könnten uns früher oder später in einer Rezession wiederfinden. Die Märkte machen ebenfalls einen anfälligen Eindruck und jetzt will die Federal Reserve auch noch diese umfassende Straffung der Geldpolitik starten. Es ist naiv zu glauben, dass das keine sehr nachteiligen Folgen haben wird.Mike Gleason: Kommen zu einem etwas anderen Thema und reden wir über den Dollar. Es heißt ja schon lange, dass der US-Dollar starken Auftrieb erhält, weil er im Zentrum des globalen Finanzsystems steht, und dass er vielleicht nur deshalb seinen Status als zuverlässigste der Fiatwährungen behaupten kann. Der Dollar wird für Zahlungen im globalen Ölhandel und praktisch allen anderen Bereichen verwendet.
Sie haben viel über Währungskriege geschrieben und dargestellt, was hinter den Kulissen geschieht. Sie wissen, dass die Chinesen und die Russen nichts lieber sehen würden, als dass der Petrodollar abgeschafft und ersetzt wird. Glauben Sie, dass der Dollar seinen aktuellen Status auch künftig behalten wird, Jim?
Jim Rickards: Ich denke nicht. Es gibt ein berühmtes Zitat aus einem Roman von Ernest Hemingway, in dem zwei Männer in einer Bar etwas trinken. Einer der beiden ist vor Kurzem pleite gegangen. Der andere fragt etwas ungläubig: "Wie bist du denn bankrott gegangen?" Daraufhin erwidert er: "Zuerst langsam, dann sehr schnell." Das beschreibt eine exponentielle Funktion, die sich zunächst langsam und dann immer schneller in eine Richtung bewegt.
Die Geschichte vom Höfling des persischen Kaisers illustriert das ebenfalls sehr gut. Dieser hatte dem Kaiser einen Dienst erwiesen, der daraufhin so zufrieden war, dass er ihm einen freien Wunsch gewährte. Der Mann nahm ein Schachbrett hervor, legte ein Korn Reis in eine Ecke und sagte: "Ich möchte, dass Sie die Menge Reis auf jedem Feld des Schachbretts verdoppeln, sodass auf dem zweiten Feld zwei Körner, auf dem dritten Feld vier Körner, auf dem vierten Feld acht Körner usw. liegen, bis alle Felder gefüllt sind. So viel Reis möchte ich."
Der Kaiser war einverstanden, aber natürlich hatte er die Sache nicht durchgerechnet. Auf dem letzten Feld liegen 2^64 Körner Reis, weil ein Schachbrett 64 Felder hat. Der Verwalter des Kaisers kam wenig später zurück und sagte: "Das ist mehr Reis, als es im ganzen Königreich gibt." Das ist also ein Beispiel dafür, wie man mit einem einzigen Reiskorn beginnen und ein ganzes Königreich in den Ruin treiben kann, wenn man es mit einer exponentiellen Funktion zu tun hat.
Was hat das nun mit dem Dollar zu tun? Heute werden rund 60% aller globalen Währungsreserven in US-Dollar gehalten und 80% aller internationalen Zahlungen in Dollar abgewickelt, d. h. der bei Weitem größte Teil aller Banküberweisungen, aller Wertpapierkäufe, des Währungshandels, des Warenhandels etc. Der Dollar wird u. a. auch verwendet, um den Ölpreis zu ermitteln. Er ist heute fraglos die vorherrschende globale Reservewährung.
Ich sehe jedoch verschiedene einflussreiche Trends, die als einzelne Reiskörner beginnen, sich aber multiplizieren und letztlich zum Untergang des Dollars führen werden. Der erste dieser Faktoren ist Gold. Ich glaube es ist allgemein bekannt, dass China Gold kauft. Nach offiziellen Angaben besitzt das Land rund 1.800 Tonnen Gold. Dabei handelt es sich um staatliche Reserven - ich spreche hier nicht von privatem Goldbesitz. Die offiziellen chinesischen Goldreserven belaufen sich also angeblich auf 1.800 Tonnen, aber es gibt guten Grund zu der Annahme, dass es in Wirklichkeit mehr ist.
Dafür sprechen die Produktionszahlen der chinesischen Goldminen, die Importdaten und die Aktivitäten der Volksbefreiungsarmee, die das Gold transportiert. Ich war erst vor Kurzem in China und habe dort Vertreter der wichtigsten Bullionbanken des Landes getroffen. In der Schweiz habe ich außerdem die Betreiber der Scheideanstalten getroffen, die Gold nach China liefern. Basierend auf all diesen verschiedenen Quellen scheint es eher, als besäße die chinesische Regierung etwa 4.000 Tonnen Gold, oder eventuell sogar 5.000 Tonnen.
Die Goldreserven Russlands sind dagegen viel transparenter. Diese haben sich in etwas mehr als zehn Jahren verdreifacht. 2006 besaß das Land rund 600 Tonnen. Kürzlich sind die offiziellen Goldbestände auf über 1.700 Tonnen gestiegen, als die Zahlen für den Mai dieses Jahres veröffentlicht wurden. Verglichen mit den 8.000 Tonnen der USA mag das nicht viel erscheinen, aber vergessen Sie nicht, dass die russische Volkswirtschaft nur einem Achtel der US-Wirtschaft entspricht. Die Goldreserven Russlands entsprechen jedoch fast einem Viertel der 8.133 Tonnen, die die USA offiziell besitzen, d. h. das Verhältnis der Goldreserven zum Bruttoinlandsprodukt ist in Russland doppelt so hoch wie in den Vereinigten Staaten.
Sollte es nötig werden, die Wirtschaft mit Gold zu stützen, hätte Russland gemessen an der Größe der inländischen Wirtschaft doppelt so viele Reserven wie die USA. China ist mit den Vereinigten Staaten in dieser Hinsicht etwa gleichauf, doch das Land scheint entschlossen zu sein, die USA zu übertreffen. Zwei der mächtigsten Staaten der Welt kaufen also alles Gold, das sie kriegen können.
Daraus könnte man nun zwei Schlussfolgerungen ziehen: Entweder sind die Russen und die Chinesen wirklich dumm. Oder sie sehen etwas, was wir nicht erkennen. Sie sehen etwas kommen, mit dem die meisten Menschen nicht rechnen. Ich habe sowohl in Russland als auch in China Zeit verbracht, und ich kann mit Sicherheit sagen, dass die Menschen dort nicht dumm sind. Das bedeutet, dass sie etwas vorhersehen, was den meisten von uns noch verborgen ist. Sie bereiten sich auf eine Welt ohne den Dollar vor, bzw. auf eine Welt, in der das Vertrauen in den Dollar stark gesunken ist. Das ist also einer der Trends, die den Dollar zu Fall bringen werden.
Ein weiterer Faktor sind die Kryptowährungen. Ich will hier nicht im Detail über Bitcoin usw. sprechen, denn das ist ein eigenes und sehr komplexes Thema. Ich habe immer Wert darauf gelegt, Blockchain und Bitcoin getrennt voneinander zu betrachten, denn Blockchain ist die Technologie, die hinter den entsprechenden Transaktionen und der Buchführung der Kryptowährungen steht, während Bitcoin eine von vielen digitalen Währungen ist.
Ob die Zukunft wirklich Bitcoin gehört, bleibt abzuwarten. Ich habe da meine Zweifel, aber es gibt verschiedene Meinungen. Es steht jedoch außer Frage, dass der Blockchain-Technologie eine leuchtende Zukunft bevorsteht. Russland lotet dieses Potential aus. Wenn Sie die Zentralbank der Russischen Föderation wären, welchen Grund hätten Sie dann, mit dem Gründer von Etherium und anderen Blockchain-Experten zu sprechen?