Gold, Silber und die Kurzsichtigkeit der breiten Masse
29.06.2017 | The Gold Report
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Anders als dem sommersprossigen Kind, das 1962 nach der Wahrscheinlichkeit einer thermonuklearen Totalvernichtung fragte, drängt sich mir heute die folgende Frage auf: "Dad, was passiert, wenn die Federal Reserve, die Europäische Zentralbank und die Bank of Japan ihre Bilanzen 'normalisieren'?" Könnte ich mit der gleichen Fassung und im gleichen Tonfall antworten, wie mein Vater damals vor 55 Jahren, würde ich Folgendes erwidern:"Mein Sohn, zuerst einmal werden die Zentralbanken ihre Bilanzen nicht normalisieren, weil sie wissen, dass das zum sprunghaften Anstieg der Zinssätze führen würde und die Spekulationsblasen, die sie seit 1980 geschaffen haben, alle gleichzeitig platzen würden. Zweitens würde eine 'Normalisierung' der Bilanzen den Verkauf aller Vermögenswerte notwendig machen, die sie in der Zeit von 2009 bis heute aufgekauft haben und das ist aus einem ganz einfachen Grund unmöglich: Es gibt niemanden, der diese Assets kaufen würde."
Sich bei Investmententscheidungen auf das allgemein akzeptierte Narrativ zu verlassen, ist, wenn es nicht gerade zu Ihren eigenen Thesen und Strategien passt, äußerst problematisch, denn dann basieren Ihre Handlungen auf Falschinformationen und Fehlannahmen. Die westliche Investorengemeinschaft hat mittlerweile z. B. ein Stadium erreicht, in dem Gold und Silber ihren Wert als sichere Anlageklassen in den Augen der Anleger praktisch völlig verloren haben. Ersetzt wurden die Edelmetalle durch Aktien, ETFs und in jüngster Zeit sogar durch Kryptowährungen wie Bitcoin.
Infolge der Einflussnahme durch kompromittierte Regulatoren und aufgrund der gesteuerten Berichterstattung in den Finanzmedien betrachten die Millennials unter den Marktteilnehmern Gold und Silber nicht mehr als geeignetes Mittel zur Bewahrung von Vermögen. Das spiegelt sich selbstverständlich auch in ihren Anlageentscheidungen wider. Das allgemein akzeptierte Narrativ hat diese Botschaft verstärkt.
Doch genauso wie die Welt im Falle eines Atomkriegs nicht "enden" würde, werden auch Gold und Silber nicht einfach aufhören, als erstklassiger Wertspeicher zu fungieren, nur weil ihnen diese Rolle in einem kurzem Abschnitt der Geschichte nicht mehr zugesprochen wird.
Es ist nach wie vor schwierig und trügerisch, eine Verkettung von Ereignissen auszumachen, die eines Tages zwangsläufig und abschließend dazu führen wird, dass die einzige echte Form von Geld in unserer Gesellschaft ihren Status als sicherer Hafen wieder erlangt. Doch auch wenn der Weg dahin heute noch unklar ist, kann am Endergebnis dieser Entwicklung zumindest in meinen Augen kein Zweifel bestehen.
Wenn ich all diesen jungen Idioten zuhöre, die auf CNBC die Aktien von Facebook, Tesla oder Amazon diskutieren und deren Kursziele für den S&P 500 10%, 15% oder 35% über dem aktuellen Niveau liegen, während sie Gold und Silber als alternative Anlageoptionen mit keiner Silbe erwähnen, muss ich an die Tage im Oktober 1962 denken.
Ich rufe mir in Erinnerung, wie grundlegend falsch das allgemein akzeptierte Narrativ jener Zeit war. Nicht nur die für die meisten Menschen damals logisch erscheinende Schlussfolgerung, dass man möglichst seinen eigenen Bunker haben müsse, war verdreht - auch die Annahme, dass man überhaupt noch in einer solch postapokalyptischen Welt leben wollen würde, war zweifelhaft.
Heute ist es analog dazu falsch, davon auszugehen, dass die Zentralbanken irgendetwas "normalisieren" werden, und dass die Aktienkurse immer weiter steigen werden, weil die Notenbanken sie vor Einbrüchen bewahren. Die abwegigste der Fehlannahmen, die sich aus dem aktuellen allgemein akzeptierten Narrativ der Finanzmärkte ableiten, ist jedoch die Ansicht, dass Gold und Silber ihre 5.000 Jahre alte Rolle als wahres Geld nie wieder einnehmen werden.
Doch auch wenn wir uns das bewusst machen, müssen wir feststellen, dass die Stimmung an den Edelmetallmärkten derzeit wirklich am Boden ist. Aber statt mich wie die meisten Hobbyanalysten den Charts zuzuwenden, ignoriere ich die Kurscharts lieber und konzentriere mich auf das Sentiment und den RSI.
Wie ich in meinem letzten Artikel erwähnt hatte, konnten wir beim Goldpreis in letzter Zeit eine Reihe höherer Hochs und höherer Tiefs beobachten. Gleiches galt auch für die im GDXJ (VanEck Vectors Junior Gold Miners ETF) zusammengefassten Goldunternehmen und den JNUG (Direxion Daily Junior Gold Miners Bull 3X ETF), den 3fach gehebelten kleinen Bruder des Goldminenindices.
Gegen Ende dieser Woche habe ich meine Position im USLV (VelocityShares 3X Long Silver ETN) daher auf 75% und die Position im JNUG auf 50% erhöht. Ich habe vor, bis Handelsschluss voll in den USLV investiert zu sein und werde Anfang nächster Woche wahrscheinlich noch 50% auf Kredit aufstocken. Die Position im JNUG werde ich heute bis Börsenschluss möglicherweise ebenfalls noch erhöhen. Schon erstaunlich, was man 9:30 Uhr am Morgen nach vier doppelten Espresso und drei Whiskys so alles tut...