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Greg Weldon: Gold gleicht einer Sprungfeder - neue Allzeithochs möglich

23.08.2017  |  Mike Gleason
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Mike Gleason: In unserem Marktsektor konnten wir beobachten, dass sich einige Anleger auf der Suche nach Anti-Dollar-Investments zunehmend Bitcoin und anderen Kryptowährungen zugewendet haben, anstatt in Gold und Silber zu investieren. Wie sehen Sie das? Ist Bitcoin ein angemessener Ersatz für die Edelmetalle, die ihren Wert als echtes Geld über Jahrtausende hinweg unter Beweis gestellt haben?

Greg Weldon: Ich denke, die unmittelbare Antwort darauf ist ein entschiedenes "nein". Es gibt in Bezug auf Bitcoin viele interessante Aspekte, die wir besprechen können, z. B. die Frage, ob die Kryptowährung Investmentkapital von Gold weglockt. Im Moment trifft das durchaus zu, glaube ich. Sehen Sie sich nur den letzten kleinen Rücksetzer der Aktienmärkte an. Bitcoin schoss sofort in die Höhe. Die Leute verwenden Bitcoin offensichtlich als alternative Währung und deswegen wird dadurch definitiv Kapital umgelenkt, das andernfalls vielleicht in Gold geflossen wäre.

In diesem Zusammenhang ist es auch interessant, dass Gold seit Dezember oder Januar 3% oder 4% nachgegeben hat, während der Dollar um 7% gefallen ist. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann wir das letzte Mal eine solche Situation hatten. Ich frage mich auf jeden Fall, ob das die Folge der Bitcoin-Rally ist, denn der Kurs der Kryptowährung ist im gleichen Zeitraum explodiert.

Ich könnte noch viel ausführlicher darauf eingehen, welche Implikationen das für die Behörden und Zentralbanken hat, die das weltweite Geldangebot kontrollieren. Bei einer Währung wie Bitcoin ist das offensichtlich der springende Punkt. Werden sie versuchen, die Kryptowährungen zu regulieren? Die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC hat bereits entsprechende Andeutungen gemacht. Das sind die Risiken, die es bei Bitcoin meiner Meinung nach zu berücksichtigen gilt. Es besteht die Gefahr, dass sich die digitale Währung zu einem Störfaktor solchen Ausmaßes entwickelt, dass wir lieber gar nicht weiter darüber nachdenken wollen.

Aber ist sie auch eine Alternative zu Gold? Nein, nicht langfristig. Wenn auf lange Sicht eine Situation entsteht, in der eine harte Währung benötigt wird, kann Bitcoin diese Kriterien nicht erfüllen. Damit ist der Fall abgeschlossen. Wer würde sich beispielsweise schon für Bitcoin interessieren, wenn die elektronischen Netzwerke zusammenbrechen? Was dann zählt, ist der Silber- oder Goldbarren, den Sie in Ihrer Hand halten können. Aus dieser Perspektive betrachtet, können Sie also noch so viele Argumente dafür anbringen, dass in Bezug auf unser Geld ein neues Zeitalter angebrochen ist - letzten Endes ist Bitcoin kein Wertspeicher, der den Test der Zeit bestehen wird.


Mike Gleason: Kommen wir noch einmal zum Aktienmarkt zurück. Muss es erst zu einer deutlichen Korrektur kommen, bevor das Interesse an Gold wieder erwacht und die Käufe weltweit zunehmen, weil die Anleger das Edelmetall als traditionelles Safe-Haven-Asset schätzen? Oder ist es möglich, dass der Kurs auch aus anderen Gründen steigt?

Greg Weldon: Ist ein Rücksetzer an den Aktienmärkten nötig, damit sich die Nachfrage nach Gold wieder erhöht? Nein, ich denke nicht. Es ist wirklich schwer einzuschätzen, denn ich glaube noch immer, dass Gold von einem schwächeren Dollar profitieren könnte, aber ein schwächerer Dollar ist nicht zwangsläufig bearish für die Aktienmärkte. Was ich mir jedoch definitiv vorstellen könnte, wäre eine gewisse Panik an der Börse, die die Fed dazu bewegen würde, von ihrem aktuellen Kurs abzurücken bzw. ihren Ton zu ändern und künftige Straffungen der Geldpolitik bewusst noch stärker herunterzuspielen. Eventuell würden die Notenbanker sogar erneute Lockerungen andeuten.

Mr. Bullard, der Vorsitzende der Federal Reserve von St. Louis, lässt sich in seinen Ansichten beispielsweise nicht erschüttern. Wir analysieren seine Reden regelmäßig, weil wir seine Einschätzung teilen. Es ist wirklich nicht besonders wahrscheinlich, dass die Fed den Leitzins bis zum Ende des nächsten Jahres überhaupt anhebt. Das steht im Widerspruch zum Konsens der Notenbank, aber ich würde dem zustimmen.

Für den Dollar wäre das ein Risiko, für die Aktienmärkte wäre der Verzicht auf weitere Zinserhöhungen dagegen positiv. Der Goldkurs könnte dennoch ebenfalls profitieren, beispielsweise wenn sich die Markteilnehmer zu fragen beginnen, was hier eigentlich los ist, und ob der "Reflation-Trade" nicht vielleicht etwas zu weit geht.

Wir dürfen nicht vergessen, dass die Privatverschuldung ein historisches Niveau erreicht hat. Die Kreditsicherheiten sind der Aktienmarkt und die Rentenfonds. Es lassen sich durchaus Ähnlichkeiten zum Immobilienmarkt in den Jahren 2007/2008 feststellen. Ich will damit nicht sagen, dass die Situation gleich ist, aber es gibt gewisse Parallelen in Bezug auf die Dynamik der Kreditaufnahme seitens der Verbraucher, die auch heute wieder Geld leihen, um vor dem Hintergrund einer Wohlfühl-Wirtschaft ihre Konsumausgaben zu finanzieren.

Das hat uns ein Wirtschaftswachstum von 2-3% beschert. Alle spotten über den schwachen Aufschwung, aber ohne die quantitativen Lockerungen hätten wir nicht einmal dieses magere Wachstum zu verbuchen.

Wenn man also das Ausmaß der Neuverschuldung der privaten Haushalte vor dem Hintergrund der steigenden Aktienkurse betrachtet, wirkt die Situation etwas beängstigend. Ein Einbruch der Aktienmärkte würde wahrscheinlich eine Reaktion der Fed nach sich ziehen. Die Notenbanker sind sich der Lage natürlich bewusst. Wenn es an der Börse zu deutlichen Kursverlusten käme, würden die Verbraucher ihre Ausgaben aufgrund ihrer hohen Verschuldung sofort reduzieren.

Zudem würde ein Rückgang an den Märkten auch bedeuten, dass ihre Kreditsicherheiten an Wert verlieren, während sie noch immer die gleichen Summen schuldig sind. Und was dann? Eine solche Situation könnte sich zu einem äußerst ungünstigen Wirtschaftsszenario entwickeln. Das will die Federal Reserve unbedingt vermeiden. Ich denke, das ist die Essenz der aktuellen Lage - eine bullische Situation für Gold.


Mike Gleason: Was wird Ihrer Meinung nach geschehen, wenn es zu dem Rücksetzer der Aktienmärkte kommt, auf den so viele Beobachter warten? Wird ein Rückgang einen Schneeballeffekt nach sich ziehen und zu heftigen Verlusten führen, weil alle Anleger gleichzeitig versuchen, den Markt zu verlassen? Man hört in diesem Zusammenhang immer wieder den Vergleich mit einem Kinosaal, in dem ein Feuer ausbricht und in dem es anschließend zu einer Massenpanik kommt, während alle versuchen, sich durch den kleinen Ausgang zu zwängen. Einige bleiben zurück.

Womit ist in Ihren Augen zu rechnen, wenn es an den US-Aktienmärkten schließlich zu einer Korrektur kommt? Wird es sich nur um ein kurzes Intermezzo handeln, oder glauben Sie, dass es auch der Beginn einer größeren, sich selbst verstärkenden Abwärtsbewegung sein könnte?



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