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Warum denn in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nahe liegt?

20.11.2006  |  Dr. Volkmar Riemenschneider
Stellen Sie sich selbst einmal folgende Frage: Welches Metall ist für die Industrie unverzichtbar, befindet sich aktuell in einem Primärmarktdefizit, ist ein bedeutendes Münzmetall und wurde bei seinem massiven Anstieg auf Grund schwindender Lagerbestände durch eine Intervention der Börse gebremst? Nein, es ist nicht Silber, sondern Nickel!

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Quelle: www.kitco.com (27.09.2006)


Dass Silber eines der besten Investments der nächsten Jahre sein wird, daran zweifelt heute kaum mehr jemand, der sich ernsthaft mit dem Rohstoffmarkt auseinandergesetzt hat. Ich selbst bin vom Potential des Silbermarktes mehr als überzeugt und riet Anlegern bereits vor Jahren dazu, die niedrigen Kurse zum Einstieg zu nutzen. Doch bei meiner Suche nach aktuellem Research-Material zu Silber bin ich immer wieder auf die gleichen Primärquellen gestoßen und habe mich daher eine Stufe weiter, besser gesagt, drei Jahrzehnte in die Vergangenheit begeben und die bedeutendsten Werke zum Thema Silber aus den 1970ern und 1980ern studiert.

Bei einem Vergleich mit der heutigen Zeit konnte ich gar nicht glauben, wie sich die Geschichte doch wiederholt. Was heute Ted Butler ist, war damals ein gewisser Jerome Smith (Silver Profits in the Seventies) - der es mit demselben Thema nebenbei zum Bestsellerautor schaffte. Auch er wurde durch einen großen Anstieg beim Silber belohnt. Doch fraglich ist, ob Butler und seine Jünger das gleiche Schicksal ereilen wird wie Smith, nämlich nach dem totalen Zusammenbruch beim Silber immer noch an den unvermeidbaren und sofortigen Anstieg des Silbers zu glauben (Silver Profits in the Eighties) und viel Geld zu verlieren ...

Silber ist eines der faszinierendsten Investmentthemen überhaupt - und das seit langem! Die Argumente, welche von den vielen Silberexperten zum aktuellen Anstieg vorgebracht werden, sind jedoch nicht neu. Ganz im Gegenteil, es sind sogar haargenau dieselben wie in den 1970ern und den 1980ern! Wer sich einmal die Mühe gemacht hat, alte Literatur über Silber zu sichten, der wird mir zustimmen müssen, dass die objektiven Gründe, welche auch heute immer wieder genannt werden, nichts Neues sind. Silberanalyst Ted Butler gibt dies auch offen zu, jedoch mit dem Hinweis, dass diese Fundamentaldaten jede Minute schlagend werden können und daher die Wahrscheinlichkeit für den ganz großen Boom mehr und mehr zunimmt!

Gleichwohl die Gurus im aktuellen Jahrzehnt mit Sicherheit richtig liegen, so muss man doch auch anmerken, dass sie die letzten zwei Jahrzehnte diametral am Markt vorbei prognostiziert haben. Ted Butler beispielsweise schreibt seit über 20 Jahren über Silber! Nichts gegen Ted Butler, ich gehöre zu seinen größten Fans, aber ein Seher mit 20 Jahren Zeitverzögerung kann das größte Vermögen vernichten! Dies mit einer simplen Verschwörung abzutun, liegt eigentlich nur in der Natur des Menschen - wer ist schon selbst gerne der Schuldige, wenn es eine abstrakte Gruppe von Marktteilnehmern sein kann, die sowieso alles unter sich ausmachen.

Ich möchte nicht verneinen, dass es Händlergruppen gibt, welche am Markt die Kurse machen. Diese gibt es sehr wohl, nur leider an jedem Markt, und diese manipulieren sowohl nach oben als auch nach unten. Ich finde es nur teilweise schon etwas lächerlich, wenn jeder Kursrutsch von 0,10 USD beim Silber den Manipulatoren zugeschrieben wird. Psychologisch gesehen ist eine Verschwörung des bösen Unbekannten gegen einen selbst Balsam für die geschundene Anlegerseele. Es vermeidet die gefürchtete kognitive Dissonanz im Kopf des Investors. Der Anleger mag keine Zweifel, er will am liebsten nur hören, ob er kaufen oder verkaufen soll, und genau das bieten Ted Butler & Co.

Dass eine Börse sich bei einer drohenden Squeeze zur Wehr setzen wird und alles in ihrer Macht Stehende tut, um einen geregelten Handel zu garantieren, hat viel mehr mit Eigeninteresse als mit einer Verschwörung zu tun. Es ist eben der Auftrag einer Börse, sie soll nicht die Interessen irgendwelcher Hochfinanz decken, sondern in erster Linie den Handel aufrecht halten. Die Gebrüder Hunt haben sich bei ihrer Spekulation zwar voll und ganz auf die Argumente von Jerome Smith verlassen, doch ging es ihnen im Vergleich zu vielen Tausenden von Privatinvestoren nach dem Crash relativ gut, schließlich waren sie einerseits der Auslöser des Ganzen und andererseits eben auch "to big to fall"! Auch hier ist es wichtig, Wahrheit und Legende zu trennen. Immer wieder kommen mir Gerüchte zu Ohren, dass die Hunts für den Betrug der Börse entschädigt worden wären.

Doch, zumindest ist dies in jeder Biografie der Hunts nachzulesen, haben sie viel mehr davon profitiert, dass das amerikanischen Bankensystem nicht an einem weiteren massiven Einbruch des Silbers, sondern an einer sauberen Abwicklung der Bestände der Hunts interessiert war. So wurde es ihnen ermöglicht, ihre Bestände, die damals fast ein Viertel der Weltbestände ausmachten, bis in die 90iger Jahre peu à peu zu verkaufen und ihre Kredite in Höhe der damals enormen Summe von ca. 1,9 Milliarden USD, die vorher mit Silber gedeckt waren, auf eine ihrer Ölfirmen umzuschulden. Indirekt kann man die Helden der 1970er also auch als böse Buben der 1980er und 1990er sehen, schließlich haben sie durch ihre Silberverkäufe auch zum Preisverfall des Silbers beigetragen. Hier ist meiner Meinung nach ein grober Fehler in den gängigen Verschwörungstheorie. Warum sollten denn die Hunts ihr Silber am Markt zu Dumpingpreisen verhökern, wenn sie doch vom massiven Preisanstieg überzeugt waren?



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