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Manipulation oder Revolution? Die wahre Bedeutung des Barclays Silber-ETF

15.11.2006  |  Peter Boehringer
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Welche dieser Erklärungen sind nun wahrscheinlich? Es spricht einiges dafür, dass eine oder mehrere der vier letzten Varianten zutreffen, ohne dass man es abschließend beweisen könnte. Jedenfalls würde dies die Auffälligkeiten des Silbermarktes 2006 erklären:
  • Ganz erheblicher Preisanstieg bis April 2006 (SLV-Emission).

  • Fehlender Preisanstieg seit April 2006 trotz angeblich physischer Nachfrage.

  • Sehr hohe Volatilität seit April 2006 - obwohl der ETF einen sehr stetigen Einlagenzufluss hat.

  • Einbruch des Silberpreises kurz nach April 2006, als dem Markt klar wurde, dass der ETF jedenfalls derzeit Einlagegelder nicht wie behauptet 1:1 in physischem Silber anlegt.

  • Zulassung des ETF durch die SEC mit genau 130m Unzen Obergrenze.

  • Zulassung des ETF gegen den erbitterten Widerstand der industriellen Silbernutzer-Lobby, die physische Engpässe glaubhaft gemacht hatte: "This ETF would remove large amounts of silver from the market. By doing so, the ETF most likely would cause a shortage of silver in the marketplace" (Paul Miller, MD der SUA).


Zwischenfazit: Dieser SLV ist (jedenfalls bis heute) ein Anlegerbetrug und ein Skandal: Die große Mehrzahl der (vor allem US-amerikanischen) Anleger wollten nachweislich in physisches Silber investieren. So wurde er beworben und nur so konnte und kann er so erfolgreich sein! Offenbar ist er jedoch derzeit nur ein ganz gewöhnlicher Indextrackerfonds. Falls er (teilweise - oder im Buffetsilber-Fall sogar komplett) doch mit physischem Silber hinterlegt sein sollte, muss man feststellen, dass dieses Silber ohne weiteres zur Preisdrückung zweckentfremdet werden könnte. Aus Sicht der an niedrigen Silberpreisen interessierten Parteien (Notenbanken, Politiker, Bullion Banken) ist der SLV jedoch ein großer Erfolg: Bis heute wurden über 1,2 Mrd. Dollar, die für ein Investment in den physischen Silbermarkt vorgesehen waren, von diesem erfolgreich abgelenkt in die bunte Welt des Papiergelds und Papiersilbers! Hat der ETF dennoch eine Bedeutung? Ja - eine große sogar:


Signalwirkung des ETF: Silber ist auch ein Anlagemetall!

Sobald sich -was zwangsläufig geschehen wird- im Laufe der Zeit herumspricht, dass dieser ETF lediglich ein Papiersilbervehikel ist, werden die Anleger in Massen umschichten zugunsten dann mit Sicherheit entstandener anderer ETFs, die glaubhaft und ohne Hintertür in physisches Silber investieren! Der Barclays ETF hat der Welt gezeigt, welche riesigen Volumina an Anlagegeldern für physisches Silber vorhanden sind und kurzfristig mobilisiert werden können! Das ist eine völlig neue Erkenntnis für einen Markt, dessen Nachfrage bislang zu 95% industriell getrieben war. Bis 2003 war das weltweite Netto-Investment in physischem Silber zu Anlagezwecken praktisch Null. 2004 gab es mit knapp 40 Mio. bzw. 2005 mit knapp 50 Mio Unzen erstmals messbares Investitionsinteresse außerhalb der Schmuckindustrie. Die 50 Mio Unzen entsprachen etwa 5% der Gesamtnachfrage nach physischem Silber und damit einem Anlagevolumen von etwa 330 Mio Dollar. Und 2006 schafft es dieser ETF alleine, diesen Wert von 2005 mindestens zu vervierfachen!

Wenn die für Silber allokierten Gelder der großen institutionellen Investoren in echte Silber-ETFs fließen werden (und das Buffet-Silber dann nicht mehr für weitere ETFs zur Verfügung steht), wird ab 2007 bereits über 20% der physischen Silbernachfrage aus dem Anlagebereich kommen. Silber wird dann nicht mehr ausschließlich als Industriemetall angesehen werden können. Die Albträume der Silbernutzer-Lobby und der Silber-Shortseller könnten Wirklichkeit werden, denn ein Nachfrageschub von über 20% müsste den Silberpreis explodieren lassen. Ab einem bestimmten Knappheitspunkt diktiert nicht mehr (wie heute) der Silber-Futures-Markt den Spotpreis, sondern umgekehrt! Die Minenförderung könnte niemals mit der Zusatznachfrage Schritt halten, und wahrscheinlich wird noch nicht einmal die Schmucknachfrage mit steigenden Preisen einbrechen: Steigende Edelmetallpreise haben nämlich traditionell die Eigenheit, dass sie die Nachfrage nach Anlage-Edelmetall (inklusive Schmuck) nicht bremsen, sondern sogar noch fördern (Spekulationseffekt)! Auch bei den meisten anderen industriellen Anwendungen von Silber ist vorläufig noch keine starke Substitution durch andere, billigere Metalle zu erwarten - dafür sind die physikalischen Eigenschaften von Silber zu einmalig und der Silber-Verbrauch pro produziertem Gut meist zu gering.

Silber wird sich nach Jahrzehnten vom reinen Industriemetall wieder zum Anlagemetall entwickeln. Das ist die Botschaft des ETF und diese Signalwirkung ist wichtiger als das vielleicht oder auch nicht gehortete physische Material des SLV! Und wer weiß - vielleicht erleben wir auch gerade die Renaissance von Silber als Geld! Wenn es erst ausreichend teuer ist, wird es (ähnlich wie Gold) irgendwann eben doch substituiert und dann kaum mehr industriell verbraucht. Eine offizielle Remonetisierung wurde bereits versucht (z.B. jüngst in Mexiko - dort allerdings nochmals verhindert), und historisch wäre Silbergeld keineswegs ungewöhnlich.


© Peter Boehringer (Stand: 09/2006)
www.pbvv.de



Dieser Beitrag wurde im "Edelmetall- und Rohstoff-Magazin 2006-07", dem Begleitheft der "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" 2006 publiziert. Neben vielen weiteren Beiträgen von über 40 Autoren werden zudem über 50 Minengesellschaften auf je einer DIN-A4 Seite vorgestellt. Das Magazin ist für 16,90 € über den Goldseiten-Buchshop erhältlich.



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