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K.W.F.-Reihe: Amerikas große Depression (3/6)

23.11.2006  |  Mag. Gregor Hochreiter
Amerikas große Depression - Die wahren Gründe für den Crash von 1929

Als am 24. Oktober 1929 die Börse in New York crashte, verloren unzählige Menschen binnen weniger Stunden den Großteil ihres Vermögens. Die Verzweiflung über das Platzen der Börsen-Bubble nahm eine ganze Reihe von Maklern und Anlegern so sehr mit, daß sie Selbstmord verübten. Mit einem Schlag ging der Traum vom ungebrochenen Wirtschaftaufstieg zu Ende. Diese Gewitterwolken brauten sich schon Jahre früher zusammen, doch die Masse ließ sich von der Sonne blenden.

Der Crash von 1929 ist aus zweierlei Gründen von entscheidender Bedeutung. Aus Sicht des vernünftig handelnden Kleinanlegers dient er als Lehrbuchbeispiel für die zerstörerische Dynamik einer Blase. Der Hochmut des Booms, kommt immer vor dem tiefen Fall des Crashs. Aus Sicht der Freiheit gibt es kein besseres wirtschaftshistorisches Beispiel, daß den Zusammenhang zwischen Wirtschaftskrise und Freiheitseinschränkungen besser verdeutlicht. Der in den 30er Jahren als Antwort auf den "Schwarzen Donnerstag" von 1929 entworfene New Deal erhöhte den staatlichen Einfluß auf den Bürger auf dramatische Art und Weise. Steuererhöhungen, Mindest- und Höchstpreise, Kartellbildung, Arbeitsbeschaffungsprogramme sind nur einige der Maßnahmen, die die individuelle Freiheit massiv einschränkten und die Krise in eine langjährige Depression auswachsen ließen.


Auf der Suche nach der Ursache - Der Boom der 1920er

Doch der Reihe nach. Das vorliegende Buch - "America’s Great Depression" - des amerikanischen Ökonomen Murray N. Rothbard ist im deutschsprachigen Raum nahezu unbekannt, gerade weil es im Unterschied zu den populären Erklärungen des Crashs von 1929 eine gänzlich andere Interpretation vorschlägt. Die Mainstreaminterpretation ist sehr stark keynesianisch inspiriert und sieht im Nachfrageausfall privater Anleger den Hauptgrund für den Kollaps der Wirtschaft. Diese Ansicht teilt unter anderem der amtierende Vorsitzende der FED, Ben Bernanke. Rothbard verweist hingegen auf die Niedrigzinspolitik der FED in den 1920er Jahren als Verursacher. Diese habe die Geldmenge in den 8 Jahren zwischen 1921 und 1929 um insgesamt 61,8% erhöht. Dies entspricht einem jährlichen Anstieg von rund 7,7%. Diese Inflationierung der Geldmenge (zum Begriff der Inflation siehe "Inflation - Fakten und Irrtümer" oder Teil 2 der Serie "Was ist eigentlich Geld?") trug von Anfang an den Samen der Zerstörung in sich. Ein Crash war somit unausweichlich und für die wenigen Köpfe, die die wahre Ursache des Konjunkturzyklus erkannten, während der 1920er vorhersehbar. Dazu zählte unter anderem der Lehrer von Murray N. Rothbard, Ludwig von Mises, der in seiner Habilitationsschrift "Theorie des Geldes und der Umlaufmittel" (1912) zum ersten Mal eine stimmige Konjunkturzyklustheorie vorlegte.

Ähnlich wie in den 1990ern träumte man in den 1920ern vom Ende des Konjunkturzyklus. Von nun an, so die weitverbreitete Stimmung, würde es ständig nach oben gehen, die Gefahr von Rückschlägen wäre ein- für allemal gebannt. Symptomatisch für diese Hurra-Stimmung ist die Fehleinschätzung eines der einflußreichsten Makroökonomen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Rüdiger Dornbusch, der unter anderem am MIT und an der University of Chicago lehrte: "Der jetzige Aufschwung wird für immer andauern. Wir wollen keine Rezession, wir brauchen keine, und weil wir die Instrumente haben, diesen Aufschwung fortzusetzen, werden wir auch keine bekommen." (NY Times, 30. Juli 1998 "This expansion will run forever"). Sein intellektuelles Gegenstück im Boom der 1920er war der bekannte Ökonom Irving Fisher, der noch am 5. September 1929 in der New York Times die Bevölkerung in trügerischer Sicherheit wiegte: "Die Aktienkurse haben ein dauerhaftes Niveau erreicht. Sie sind nicht zu hoch, und die Wall Street wird nichts dergleichen wie einen Crash erleben."

Nur einige wenige Ökonomen warnten in den 1920ern und in den 1990ern vor dem Platzen der Blase. Vor allem die Vertreter der weiter unten dargelegten "Österreichischen Konjunkturzyklustheorie" sahen die Unausweichlichkeit eines Crash voraus. (Österreich bezieht sich auf die international verbreitete "Österreichische Schule", die in Österreich, genauer gesagt in Wien mit Carl Menger 1871 ihren Anfang fand. Sie stützt sich auf eine bis in das Spätmittelalter zurückreichende Tradition.)

In den 1920ern war es vor allem Ludwig von Mises, der die Bevölkerung und die Politiker vor den katastrophalen Auswirkungen der Geldmengenausweitung zu warnen versuchte. Für die 1990er fand der der US-amerikanische Ökonom Mark Thornton in seinem lesenswerten Paper "Who Predicted the Bubble? Who Predicted the Crash?" (Wer sah die Bubble voraus? Wer sah den Crash voraus?) heraus, daß die Mainstream-Ökonomen, die Analysten und Reporter fast ausnahmslos die Bubble nicht einmal in Ansätzen erkannten. Jene wenigen Ökonomen mit einem profunden ökonomischen Hintergrund, d.h. die sich auf die "Österreichische Schule" stützen, lagen hingegen mit ihrer Warnung vor einem Crash richtig.

Wie in den 1920ern waren auch die 1990er vor dem Crash von 2000 eine Epoche der rapiden Geldmengenausweitung, die sich bis in die heutigen Tage fortsetzt. Es ist das große Verdienst von "America’s Great Depression", die verschiedenen Kanäle im Zentralbank- und Bankenwesen freizulegen, durch die die Ausweitung der Geldmenge tatsächlich vonstatten ging. Diese sehr technischen Ausführungen in Teil 2 spielen für die Krisenvorsorge des Kleinanlegers keine entscheidende Rolle. Auf jeden Fall verdienen jedoch Teil 1 und Teil 3 des leider nur auf Englisch verfügbaren Werkes gelesen werden.


Die Konjunkturzyklustheorie

In Teil 1 von "America’s Great Depression" legt Rothbard in gewohnter Souveränität die Grundlagen der "Österreichischen Konjunkturzyklustheorie" dar. Diese Theorie versucht einen stimmigen Ansatz über die Gründe für das aus der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenkende Auf und Ab - den Boom und die Rezession - zu entwickeln. Auf Ludwig von Mises aufbauend, erkennt Rothbard ebenfalls in der Geldmengenausweitung den Grund für den Konjunkturzyklus. Die Ausweitung der Geldmenge löst zuerst einen künstlichen Boom aus, der jedoch aufgrund seiner mitverursachten Verzerrungen in der Wirtschaftsstruktur früher oder später zusammenbrechen muß. Solche Booms gab es in der Geschichte immer wieder (wie z.B.: Südsee-Blase, Mississippi-Blase, Gründerzeitboom, dot.com-Bubble). Allerdings ist es kein Zufall, daß mit dem Aufkommen der Zentralbanken im 20. Jahrhundert und der vollständigen Abkoppelung vom Goldstandard die Häufigkeit von wirtschaftlichen Krisen und Hyperinflationen dramatisch zunahm. Ein Entwicklung, die sich auch nach der Jahrtausendwende ungebrochen fortsetzt. (siehe z.B. das Bilderbuchbeispiel Island).

Diese Boomphase kommt zu einem vorläufigen Ende, sobald die Geldmengenausweitung abflacht. Diese kündigt sich vor allem, aber nicht nur, in einem Anstieg der Zinsen an. Im Gefolge der Zinserhöhung kommt es zu einer Deflation, d.h. zu einem Rückgang der ungedeckten Geldmenge, in deren Fahrwasser die notwendige strukturelle Korrektur die Verzerrungen der Inflation wieder auflöst. Im Normalfall läuft diese Korrektur in einer relativ kurzen, aber scharfen Rezession auslebt. Damit kommt ein gewöhnlicher Konjunkturzyklus zu seinem Ende.

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Sollte die Zentralbank hingegen versuchen, das Abkühlen der Wirtschaft mit abermaligen Zinssenkungen zu verhindern, dann verschärft sie die strukturellen Probleme und beschleunigt die Geldentwertung, die sich bis zu einer nahezu alle Werte vernichtenden Hyperinflation auswachsen kann. Dies war etwas 1923 in Deutschland der Fall, als die Bevölkerung mit Mark überflutet wurde und das Vertrauen in die Währung vollständig verlor.


Fazit:

Während der Boom immer ein monetäres Phänomen ist, ist der Abschwung immer ein strukturelles Problem. Strukturelle Probleme können jedoch nicht mit monetären Mitteln gelöst werden.

Neben der Einführung in diesen heute kaum beachteten Ansatz diskutiert Rothbard ebenfalls alternative Erklärungsmodelle, wie das keynesianische, und widerlegt sie in einer für jedermann verständlichen Sprache ohne sich in wirtschaftstheoretischen Details zu verlieren.

Bevor wir uns mit den Ausführungen über die Gründe für die "Große Depression" auseinandersetzen, Teil 3 in Rothbards "America’s Great Depression", möchten wir die augenblickliche Situation ein wenig genauer beleuchten. Wo stehen wir aktuell im Konjunkturzyklus?




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