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Normalisierung der Geldpolitik - und was ist mit Gold?

09.10.2017  |  Klaus Singer
- Seite 3 -
Damit verschiebt sich die Normalisierung der Geldpolitik auch in der Eurozone auf den St.-Nimmerleins-Tag. Während aber die Fed zumindest ein wenig Boden unter die Füße bekommen hat, um auf die Folgen eines unausweichlichen zyklischen Abschwungs zu reagieren, muss die EZB in einem solchen Fall recht schnell zu krassen Maßnahmen greifen.


Und was ist mit Gold?

Angesichts der maroden real-wirtschaftlichen Basis, der Geldflut und des damit einhergehenden abnehmenden Vertrauens in die FIAT-Währungen sollte man naiverweise glauben, dass der Goldpreis nur eine Richtung kennt - die nach oben.

Der Goldpreis reagiert in der Regel positiv, wenn die Inflation anzieht, der Dollar an Wert verliert, die längerfristigen Zinsen sinken und/oder sich Krisen gleich welcher Art zusammenbrauen. Die aktuell gedrückte Inflation belastet den Goldpreis eher, der seit Jahresbeginn schwächere Dollar unterstützte ihn, die Zinsen zeigen keinen nachhaltigen Aufwärtsdrang und Krisen - welche Krisen?

Die Kredittätigkeit der US-Banken hat seit Januar 2017 an Dynamik verloren. Auch das hat dazu geführt, die Inflationsrate zu dämpfen. Sollten die Banken Überschussreserven auf der Suche nach höherer Rendite über das zur Kompensation des Effekts der Bilanzverkürzung der Fed benötigte Ausmaß hinaus für andere Anlageformen nutzen, könnte das die Inflation wieder beleben. In die gleiche Richtung dürfte die im September unerwartet starke Entwicklung der Löhne und Gehälter in den USA wirken, wenn das keine Eintagsfliege ist.

Das, wie auch die Wahrscheinlichkeit weiter gedrückter langfristiger Zinsen spricht gegenwärtig für einen nach unten einigermaßen gut abgesicherten Goldpreis. Der konnte zudem Anfang August 2017 durch die Abwärtslinie von Hoch aus September 2011 brechen. Solange allerdings der Glaube vorherrscht, die Fed als die zentrale Zentralbank sei willens und in der Lage, das Finanzsystem zu kontrollieren, ist die Kursphantasie bei Gold begrenzt und der Pegel bei rund 1350 Dollar vermutlich weiterhin ein starker Widerstand.


Latente Krisen - mehr als genug

In der Eurozone wäre etwa Italien zu nennen. Das BIP-Wachstum des Landes rangiert mit erwarteten +1,1% ganz unten, die Schuldenlast ist sehr hoch, das Bankensystem äußerst fragil. Zudem ist die politische Lage unsicher.

Der Grad der Unsicherheit hinsichtlich Ausbreitung und politischer Einflussnahme rechts-populistischer und separatistischer Kräfte ist hoch. Auch deswegen möchte die etablierte Politik ungerne auf die kurzfristig positiven Steuer- und Ausgabeneffekte der lockeren Geldpolitik auf die Staatshaushalte verzichten, die einen gewissen Spielraum für „Geschenke“ an das Wahlvolk bieten. Umgekehrt könnte ein Ausstieg aus der ultra-lockeren Geldpolitik diese Versprechungen rasch als unhaltbar entlarven.

Auch wenn beim Brexit ein Kompromiss wahrscheinlich ist, ist eine plötzliche, unerwartete Wendung nicht auszuschliessen. Das könnte leicht zu einem Auslöser einer Finanzkrise werden.

In China konnte bisher eine harte Landung der Wirtschaft vermieden werden, aber die rapide Schulden-Expansion, eine immer größere Immobilienblase, sowie ein aktives Schattenbanken-System werfen Zweifel auf, wie lange das noch gut geht. Künftiges Wachstum kann nicht unbegrenzt lediglich auf Schulden und Investitionen gründen.

Trotz aller Maßnahmen von Regierung und Zentralbank im Rahmen der Abenomics sieht sich Japan weiter gravierenden finanziellen und demographischen Problemen gegenüber. Alles ist groß - Budgetdefizite, QE-Programme, öffenliche Verschuldung. Aber Wachstum und Inflation sind weiter anemisch. Japan – das Menetekel für die Geldflut-Politik überall.

In einer Welt starker internationaler Kapitalflüsse und großer Leistungsbilanz-Ungleichgewichte haben lokale Regierungen wenig Kontrolle über ihre eigenen Volkswirtschaften. Der Herdentrieb unter den großen Akteuren an den Finanzmärkten verstärkt und beschleunigt die Kapitalflüsse - zum Guten wie erst recht zum Schlechten.

Durch die Geldflut der Zentralbanken sind die Asset-Preise extrem stark angestiegen und zeigen historisch höchste Bewertungen. Plötzliche Einbrüche werden in einer solchen Situation wahrscheinlicher und erhöhen das Risiko, dass das Finanzsystem angesichts der überbordenden Verschuldung destabilisiert wird.

Schließlich birgt selbst der zarteste Versuch von Zentralbanken, ihre Geldpolitik zu normalisieren, das Risiko einer Überreaktion, die die Marktliquidität kontrahieren lässt und zu einer Kreditklemme führen kann. Der riesige, schnell wachsende Anleihe-Sektor ist anfällig - wenn sich das Umfeld von Zinsen und Erträgen ändert, kann es rasch zu einer Kettenreaktion mit scharfer Preiskorrektur kommen.

So lange blindes Vertrauen auf die Macht der Zentralbanken Risiken ausblendet, steht Gold bei Anlegern nicht im Fokus. Das mag für diejenigen, die eine Krise des Geldsystems heraufziehen sehen, eine Kaufgelegenheit sein.

In einer akuten Krise werden die Zentralbanken rasch wieder zu ihrem Rettungsset greifen, bestehend aus extrem expansiver Geldpolitik, Negativzinsen und Anleihekäufen. An die Folgen einer aus dem Nichts geschaffenen Geldflut, hat man sich gewöhnt. Hingegen werden Erschütterungen im Finanzsystem und damit einhergehende Pleiten immer mehr gefürchtet.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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