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K.W.F.-Reihe: Der Weg in Armut und selbstverschuldete Knechtschaft (4/6)

04.12.2006  |  Mag. Gregor Hochreiter
In den letzten Jahren verstärkten die staatlichen Finanzierungsagenturen (in Deutschland die "Deutsche Finanzagentur", in Österreich die "Österreichische Bundesfinanzierungsagentur") ihre Bemühungen um die Ersparnisse der Bürger. Leere Staatskassen sind Motivation genug, den Bürgern die verstärkte Anlage in Staatsanleihen schmackhaft zu machen. Werbekampagnen heben daher die hohe Bonität staatlicher Schuldtitel als wichtigen Wettbewerbsvorteil hervor. Exemplarisch dieses Beispiel auf bundesschatz.at:

"Wenn Sie Bundesschätze erwerben, vertrauen Sie Ihr Geld direkt der Republik Österreich an und haben damit die optimale Sicherheit für Ihre Geldanlage gewählt. Die Republik Österreich genießt die international bestmögliche Bonität, was sich in ihrem AAA-Rating ausdrückt."

Schließlich gelten Staatsanleihen gemeinhin als äußerst sicheres Anlageinstrument. Im Abtausch für die Sicherheit einer Staatsanleihe winkt dann auch nur eine niedrige Verzinsung, während Aktien mit einem hohen Gewinnpotential bei gleichzeitig hohem Risiko locken. Die Kreditwürdigkeit der meisten westlichen Industriestaaten schätzen die internationalen Ratingagenturen noch immer mit der höchsten Einstufung - AAA von Standard and Poor’s bzw. Aaa von Moody´s - ein. Warnungen hinsichtlich der Bonität betreffen den Zeitraum ab 2020 bis 2035, so sie von den Ratingagenturen überhaupt identifiziert werden.

Die hohe Bonität wird mit der Konkursunfähigkeit des Staates erklärt. Doch der ökonomische Schein trügt. Aber nicht nur dieser. Staatsanleihen gefährden nicht nur den Wohlstand einer Gesellschaft, sondern führen zu einer schleichenden Entmündigung der Bevölkerung. Wie gezeigt werden wird, eignen sie sich daher nicht als nachhaltiges, sicheres und Werte vermehrendes Veranlagungsinstrument.


Was sind Staatsanleihen?

Staatsanleihen, in Deutschland auch Bundesanleihen, sind verzinste Wertpapiere, die von der öffentlichen Hand (Staat, Länder, Gemeinde) und anderen Körperschaften ausgegeben werden. Je nach Veranlagungsdauer unterscheidet man zwischen Finanzierungsschätzen (1-2 Jahre Laufzeit), Bundesobligationen (5 Jahre Laufzeit) und Bundesanleihen (10-30 Jahre Laufzeit), in den USA zwischen T-Bill (Treasury-Bill; unter 1 Jahr Laufzeit), Treasury Note (1-10 Jahre Lz.) und Bond (+ 10 Jahre Lz.). Die Staatsanleihen erfahren keine Deckung durch Hinterlegung von Gütern oder anderen Sachwerten, sondern allein durch das Versprechen der Regierung, die Tilgung der Anleihe, sowie die anfallenden Zinszahlungen aus Steuermitteln bestreiten zu können. Dieser Sachverhalt wird manchmal mit Rückgriff auf Schlagworte wie "Wirtschaftskraft", "zukünftiges Wirtschaftswachstum" verschleiert. Daher rührt auch die fatale Vorstellung, ein Staat wäre nicht konkursfähig, denn schließlich könne die Regierung dank ihres Steuermonopols immer auf die Einkommen und Vermögen der Bürger zurückgreifen.


Warum Staatsanleihen den Wohlstand reduzieren

Der Wohlstand einer Gesellschaft hängt direkt vom Kapitalstock pro Kopf ab. Nettozuflüsse an Ersparnissen erhöhen den Kapitalstock, Nettoabflüsse reduzieren den Wohlstand. Damit Staatsanleihen zur Erhöhung des Kapitalstocks beitragen, müßten sie investiert und nicht konsumiert werden. Im Unterschied zum Konsum zeichnen sich Investition dadurch aus, daß die Bedürfnisse des Individuums nicht direkt befriedigt werden, sondern die verfügbaren Ersparnisse als Mittel eingesetzt werden, beispielsweise durch die Herstellung eines zusätzlichen Traktors, der Inbetriebnahme einer neuen Abfüllfabrik oder dem Bau einer weiteren Autobahn. Diese sogenannten Kapitalgüter erleichtern und steigern in weiterer Folge die Produktion der Konsumgüter.

Aus diesem Grund ist das Gros der staatlichen Ausgaben, wie der große Brocken Sozialtransfers, als Konsumausgabe zu werten und wirken folglich im großen und ganzen wohlstandsmindernd. (Ökonomisch präzis hängen die ökonomische Auswirkungen von der Verwendung der Sozialtransfers durch die Empfänger ab. Der bürokratische Aufwand ist hingegen jedenfalls als Konsum zu verbuchen.) Wie sieht es mit den sogenannten staatlichen Investitionen aus, die beispielsweise in Bildung und Infrastruktur fließen? Insbesondere vor dem Hintergrund der im deutschen Grundgesetz verankerten Verpflichtung, daß die Nettokreditaufnahme nicht die Schuldenaufnahme überschreiten darf. (Diese formaljuristische Hürde wurde in den letzten Jahren ohne großen Widerstand gebrochen.)

Um sich aus ökonomischer Perspektive als Investition zu qualifizieren, müßten staatliche Investitionen die betriebswirtschaftlichen Kriterien der Investitionsrechnung gewinnbringend erfüllen. Das heißt, der Investor müßte aus den zukünftigen Einnahmen die laufenden Kosten, als auch die Kapitalkosten zumindest decken können. Genau diesem betriebswirtschaftlichen Anspruch stellen sich staatliche Investitionen von vornherein allerdings nicht. Aus vielfältigen, meist wohlklingenden, Gründen wird die Verfolgung weiterreichenderer Ziele eingefordert. Dabei hantieren die verantwortlichen Politiker, Ökonomen und Meinungsbildner mit Begriffen wie "sozial" oder "volkswirtschaftlich sinnvoll". Eine profitorientierte Mittelverwendung wird als eine dem Staat nicht würdige Investitionsstrategie angesehen. Er müsse sich noch um andere, über das bloß unternehmerische hinausgehende, Dinge kümmern.

Befreit man diese politischen Stehsätze von ihrer, den wahren Kern verhüllenden, Ablenkungsrhetorik, sieht eine realistische Bewertung gänzlich anders aus. Staatliche Mittel werden nahezu ausnahmslos nach politischen Kriterien verteilt, d.h. zur Sicherung des Machterhalts und/oder zur Machterweiterung. Weil damit ein unmittelbarer Zweck verfolgen wird, d.h. die Befriedigung der eigenen Klientel, müssen die als Investition titulierten Ausgaben realistischerweise dem Konsum zugeordnet werden. Ein Politiker, der den Bau einer Autobahn beschließt, verfolgt damit nicht den Zweck, morgen mit den Mauteinnahmen einen Gewinn zu lukrieren, sondern heute die Wahl zu gewinnen. Weil aber der heutige Konsum nur auf Kosten morgigen Konsums ausgeweitet werden kann, schmilzt mit dem Erwerb jeder Staatsanleihe der zukünftige Wohlstand ein klein wenig dahin.


Die vorgegaukelte Sicherheit

Gewöhnliche Investitionen bezahlen die für die (Geld-)leihe fälligen Zinsen aus dem dank der Investition höheren Ertrag. Diese Quelle fällt für Staatsanleihen aus den oben genannten Gründen weg. Daher müssen die Zinsen aus den laufenden Einnahmen gedeckt werden. Diese können - bei gleichbleibender Steuerbelastung und unveränderter Ausgabenstruktur - nur durch das Auflegen zusätzlicher Staatsanleihen gewonnen werden. Neue Staatsanleihen bezahlen die Zinsen der alten Verpflichtungen.

Im Grunde handelt es sich in diesem Falle schlicht und einfach um ein staatlich legitimiertes Pyramidenspiel, das den Keim des Bankrotts von Anfang an in sich trägt. Zugegeben, der Staat kann sich nahezu grenzenlos an den Einnahmen seiner Bürger bedienen und damit den Staatsbankrott hinauszögern. Doch wie bei jedem anderen Pyramidenspiel verschlimmert dieses Hinausschieben des Zusammenbruchs die Folgen des unausweichlichen Kollapses. Daher wäre es grundfalsch, den Staat als nicht bankrottfähig anzusehen.

Die Art und Weise eines Staatsbankrottes erfolgt in den meisten Fällen subtiler als ein Unternehmensbankrott, die wirtschaftlichen Folgen für die Schuldner sind jedoch die gleichen. Ein Unternehmensbankrott äußert sich in der Einstellung des Betriebes und letzten Endes in der Löschung aus dem Firmenbuch. Daß konkursreife Staaten von der Landkarte verschwinden und bankrotte Regierungen in die Wüste verstoßen werden, kommt zwar hin und wieder vor. Im Normalfall zeichnen sich staatliche Strukturen allerdings selbst im Krisenfall durch Kontinuität aus, was maßgeblich zur Illusion der staatlichen Konkursunfähigkeit beiträgt.

Die staatliche Entschuldung verläuft zunächst schleichend über die Inflation, zum Ende hin in einer Hyperinflation. Da Staatsanleihen nur nominell gesichert sind, kann sich der Staat seiner realen Verpflichtungen durch das Drucken von immer mehr Geld entledigen. Der Dumme ist der Gläubiger, d.h. jeder, der direkt oder indirekt Staatsanleihen hält, da für den Gläubiger einzig und allein der reale Wert seiner Forderung von Bedeutung ist. Wenn durch die Entwertung des Geldes die Kaufkraft der Forderung sinkt, dann entschuldet sich der Schuldner auf Kosten des Gläubigers. Ein einfaches Beispiel soll diesen Prozeß verdeutlichen:

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Ohne Geldmengenausweitung erhält der Gläubiger zum Zeitpunkt der Rückzahlung real die ihm zustehende Kompensation für den temporären Konsumverzicht in der Höhe von 10 Geldeinheiten, die dem realen Gegenwert einer DVD entsprechen. Unter einer Geldmengenausweitung erreicht die nominelle Rückzahlung noch immer die vertraglich vereinbarte Höhe, d.h. Nennwert plus Zinssatz, der reale Wert der Rückzahlung sank jedoch beträchtlich. Anstatt eines TV-Geräts plus einer DVD erhält der Gläubiger nur noch Geld im Gegenwert eines DVD-Players.

Für den Schuldner sehen die Zahlungsströme wie folgt aus:

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Im Grunde genommen lieh sich der Schuldner zum Zeitpunkt t einen Fernseher und retournierte Jahre später nur mehr einen DVD-Player. Da der Schuldvertrag jedoch auf nomineller Basis geschlossen wurde, scheint es, als ob der Schuldner seinen Zahlungsverpflichtungen nachgekommen wäre. Tatsächlich handelt es sich aber um eine einseitige (Teil-)Entschuldung, der der Gläubiger niemals zustimmen würde, wenn er über den wahren Sachverhalt genauestens Bescheid wüßte. Da die Ausweitung der Geldmenge die Zahlungsunfähigkeit des Staates geschickt verschleiert, ist sie bei Politikern seit jeher sehr beliebt.

Allerdings "funktioniert" diese Entschuldung nur solange die Bevölkerung über den wahren Kaufkraftverlust bewusst hinters Licht geführt werden kann, ansonsten würde jeder Gläubiger eine Prämie in Höhe der realen Geldentwertung einfordern und die hinterrücks bewerkstelligte Entschuldung wäre an ihr Ende angelangt. Mit der Konzentration auf die "Inflationsrate", deren Veröffentlichung allmonatlich in den Informationssendungen zelebriert wird, gelingt dies immer noch sehr gut. Selbst die in letzter Zeit wieder aufgelegten "inflationsindexierten Anleihen" bieten deshalb gegen diese Bereicherung des Schuldners keinen ausreichenden Schutz. (Siehe "Die trügerische Sicherheit einer inflationsindexierten Anleihe")




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