Im Interview: David Morgan
08.01.2018 | Mike Gleason
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Eine nachlässige Grundhaltung ist also ungefähr so: Ich weiß, was da vor sich geht, aber es ist nicht wichtig, weil diese Typen dort alles unter Kontrolle haben und immer die Kontrolle behalten werden. Wissen Sie, das erinnert mich an den Spruch: Wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Tag am nächsten, der harte Kampf der Saat beim Keimen, das letzte Quäntchen Schwung, das benötigt wird - und ich bin der Meinung, dass wir sehr kurz vor dem Umschlagpunkt stehen - und ich werde gleich noch mal mehr dazu sagen.Zuerst möchte ich aber noch mal ganz kurz zurückgehen. Mike, Sie selbst nutzen meinen Service. Am frühen Morgen habe ich eine Eilmeldung geschickt bezüglich der zweiten Maiwoche und geschrieben, dass es hier passieren wird. Also die fundamental entscheidende Verschiebung zwischen Papier-Anlagen und Sachanlagen; noch wissen wir nicht, dass Gold und Silber hochgehen und der Aktienmarkt nach unten abdrehen wird.
Ok, seitdem ich diese Aussage getroffen habe, haben die Aktienmärkte ein neues Hoch markiert, das möchte ich hier gesagt haben. Trotzdem sieht es so aus, als würde sich die Aussage bezüglich Gold bestätigen. Denn Gold steht aktuell am Ausbruchpunkt aus einem 6-Jahre-Abwärtstrend, und dabei handelt es sich meist um Vermögensschutzkäufe. Doch damit meine ich nicht die normalen Leute, hier agiert im Grunde das Smart Money, sprich Großinvestoren, große Hedgefonds und China in erster Linie.
Chinas Goldnachfrage wird dieses Jahr rasant um ca. 50% auf ungefähr 1.000 t steigen. Die Goldbarrennachfrage der Chinesen ist auf dem Weg, eine 50%-Bewegung für 2017 hinzulegen. Die internationalen geopolitischen Risiken haben womöglich ein Allzeithoch erreicht und das lässt die Nachfrage nach Krisenanlagen steigen - beim Smart Money, Nationalstaaten, wissenden Leuten, Leuten, die ihre Aktien schon vor einer ganzen Zeit nahe der Hochs verkauften und ihr Kapital rausgenommen haben; dieses Kapital beginnt nun langsam in den Goldmarkt durchzusickern. Das hat auch viel mit den Wahlen in Großbritannien zu tun, mit Terrorismus, steigenden Spannungen im Nahen Osten - all das unterstützt Gold, ganz besonders nach den Angriffen kürzlich in London.
Ein anderer Fakt: Gold liegt auf Jahresbasis mit 12% im Plus und schneidet tatsächlich besser ab als Aktien. Würde man aber den durchschnittlichen Anleger auf der Straße anhalten und fragen, was besser lief dieses Jahr, dann würden wohl ca. 90% sagen - wahrscheinlich mehr sogar, vielleicht 98% -, dass Aktien besser liefen als Gold.
Mike Gleason: Ja, das ist ein sehr stichhaltiger Punkt. Um gleich noch mal nachzuhaken - und ich weiß, es ist ein recht grenzenloses und sehr breites Thema. Ich bitte Sie dennoch um ein paar Kommentare zum Thema Gegenpartei-Risiko, weil ich weiß, dass sie es jüngst im The Morgan Report besprochen hatten. Ganz gleich wie Sie rangehen, uns interessiert aber Ihre Meinung; Teil jener Nachlässigkeit ist auch das Nichterkennen des gewaltigen Gegenpartei-Risikos, das heute in der Welt existiert. Ihre Gedanken zu Thema, David.
David Morgan: Oh ja, da könnte ich ausholen, aber ich versuche es kurz und bündig. Erst einmal existiert ein unheimlich starkes Glaubenssystem; trotzdem ist die Wahrheit manchmal in der Tat das Gegenteil dieser sehr strengen Glaubensgrundsätze.
Das etablierte ökonomische System - also alle Nationalstaaten, großen Hedgefonds, alle Banken, etc. - halten weltweit am Glauben fest, dass der sicherste aller Orte der Anleihemarkt der Vereinigten Staaten von Amerika sei - ob nun Treasury Bills, eine T-Note, ein langlaufender Bond und alles dazwischen. Besitzt man das "volle Vertrauen und die Bonität" der Schulden der Vereinigten Staaten, dann hat man etwas extrem Sicheres. Die Wahrheit ist aber genau das Gegenteil. Dies ist wahrscheinlich der Ort, vom dem irgendwann in Zukunft jeder weg will, vielleicht sogar gleichzeitig oder fast.
Wie kann ich das erklären? Ok, ich komme zurück auf meine Aussage, dass alle Fiat-Währungen am Ende scheitern; das hat sich wieder und wieder bewahrheitet, trotzdem wird sich dieses Glaubenssystem erst noch dramatisch verschieben müssen. Die Kryptowährungen sind jedoch so eine Art Hinweis darauf, dass hier jemand versteht, was vor sich geht. Sie sind zudem - das gebe ich zu - der beste Ort, an dem man seit mehr als 30 Jahren aufhalten konnte. Klar, für langfristige Anlagen - nach der Art: "Halten-und-Nicht-mehr-drüber-nachdenken" - wäre das der US-Anleihemarkt gewesen, das stimmt. Aber nichts wächst über den Himmel hinaus. Naja, alle Bäume wachsen so hoch, wie sie wachsen, und dann eben nicht weiter. Dasselbe gilt auch für den Anleihemarkt.
Es existiert also jene Schuldenbombe, über die wir in The Silver Manifesto schrieben, die darauf wartet zu explodieren. Wenn sie das tut - und das muss nicht notwendigerweise an einem einzigen Tag geschehen - dann geht sie hoch und es knallt und jeder wird das verstehen. Wahrscheinlicher ist, dass es langsam, langsam, langsam geschieht und dann ganz plötzlich.
Das bedeutet auch, dass viele schlaue Leute aus dem Dollar aussteigen werden, was wir auch schon seit Jahren beobachten können. Man kann sehen, dass viele Nationalstaaten im Grunde langsam vom Dollar Abstand nehmen, manchmal auch ziemlich schnell: China, Russland wickeln ihre Zahlungen untereinander inzwischen in ihren eigenen Währungen ab.
Es gibt ja nun viele Periphersituationen, welche den cleveren Leuten bekannt sind und auch als Möglichkeit genutzt werden - nicht nur von Einzelpersonen wie im Kryptobereich - sondern von Nationalstaaten, um der eigenen US-Dollar-Exponierung zu entkommen, oder diese eben zu verringern. Das sind Vorzeichen dessen, was irgendwann in Zukunft passieren wird.
Also, solche Dinge finden immer ein Ende. Je länger man die “Extend-and-Pretend“-Strategie fährt, um es mit Jim Sinclair zu sagen - sprich: man gibt vor, alles sei ok und die Jungs geben vor, sie könnten bis in alle Ewigkeit weitermanipulieren und das Problem aufschieben und ausweiten - desto schlimmer wird es werden, und das ist der Zustand, den wir jetzt erreicht haben.