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Diskussion über den Goldstandard (2/4)

20.12.2006  |  Martin Siegel
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Das Geld ersetzt bei einem Goldstandard damit nur das Gold im täglichen Wirtschaftsverkehr, da es ja jederzeit zu 100% wieder in Gold getauscht werden könnte. Gold als Maßstab ist deshalb so vorteilhaft, da es im Vergleich zu Computern oder anderen Gütern weltweit akzeptiert wird, einen hohen Wert auf kleinem Raum beinhaltet, nicht gefälscht werden kann und im Angebot weniger flexibel als andere Wirtschaftsgüter ist.

Wir sind in unserer Vorstellung also in einer Tauschwirtschaft angelangt, in der Papiergeld im Verhältnis von 1:1 immer in Gold getauscht werden kann. In unserer Vorstellung wird also immer nur Geld an Stelle von Gold gegen andere Waren oder Leistungen getauscht. Die Arbeitsleistung wird in Gold getauscht, dieses wird in Autos getauscht, dieses wieder in Computer... . In unserer Vorstellung bleibt die Geldmenge dabei konstant, da sich der Weltgoldbestand durch die Neuförderung nur geringfügig vergrößert, was wir in unseren Überlegungen vernachlässigen wollen.

Im Gegensatz dazu ändert sich die Menge anderer Wirtschaftsgüter teilweise dramatisch und jetzt wird die Sache interessant. Von den Verfechtern des Papiergeldes wird postuliert, daß neues Geld in dem Umfang entstehen muß, wie "auch neue Güter und Dienstleistungen hervor gebracht werden". Nehmen wir jetzt in unserer Wirtschaft an, daß sich durch Innovationen der Aufwand für den Bau von Computern halbiert, so daß jährlich doppelt so viele Computer hergestellt werden können. Was passiert in diesem Fall in den verschiedenen Geldsystemen?

Bei einem Goldstandard reduziert sich der Preis für Computer um 50%. Das heißt nichts anderes, als daß doppelt so viele Computer benötigt werden, um Autos oder andere Dienstleistungen zu ertauschen. Da alle anderen Tauschverhältnisse, also z.B. Arbeit gegen Autos gleich geblieben sind, hat sich der Wohlstand erhöht, da für die selben Tauschverhältnisse jetzt 2 statt 1 Computer gekauft werden können.

Die Geldmenge mußte nicht erhöht werden. Es gibt keine Inflation, sondern, falls Computer im Warenkorb enthalten sind, sogar eine Deflation (sinkendes Tauschverhältnis von Geld = Gold zum Warenkorb). Diese Deflation (keine Depression) ist jedoch völlig unproblematisch, da sich ja nur das Tauschverhältnis zwischen Gold und Computern geändert hat. Gleichzeitig hat sich aber auch das Tauschverhältnis von Autos zu Computern erhöht, was man auch als Inflation bezeichnen könnte. Die Gewinnspannen der Unternehmer bleiben konstant und Investitionen können, wie zuvor, getätigt werden. Unter sonst gleichen Bedingungen profitieren alle von den niedrigeren Umtauschverhältnissen zum Produkt Computer.

Aus diesem Beispiel kann auch abgeleitet werden, wie bei einem Goldstandard Geld = Gold für Investitionen freigesetzt wird. Geld = Gold, das z.B. durch Arbeit erwirtschaftet wurde und beim Tausch gegen einen Computer nicht benötigt wird (steigendes Realeinkommen), könnte einem Unternehmer gegen die Zahlung eines niedrigen Zinses zur Verfügung gestellt werden.

Bei einem Papiergeldsystem wäre das Tauschverhältnis von Papier zum Gold aufgehoben und die Geldmenge würde entsprechend der Menge der zusätzlich produzierten Computer ansteigen. In unserem obigen Beispiel würde die Geldmenge um den Gegenwert von 10 Mio. Computer ansteigen, was einem Gegenwert in Papiergeld von 30.000.000.000 Mark entspricht. Die Geldmenge hätte sich verdoppelt. Das Tauschverhältnis zwischen 1 Computer und dem Papiergeld bleibt konstant bei 3.000 Mark für 1 Computer. Das Tauschverhältnis von Gold zu Computer verändert sich jedoch von 300 auf 150 Gramm für 1 Computer oder von 10 auf 20 Computer für 1 Auto. In Papiergeld ausgedrückt steigt der Preis für 1 Gramm Gold auf 20 Mark und der Preis für 1 Auto auf 60.000 Goldmarkt. Dies ist exakt das Wesen der Inflation durch die Ausweitung der Geldmenge.

Nebenbemerkung: Obwohl die Geldmengen um jährlich 8-10% gewachsen sind, konnte auch im Papiergeldsystem ein Verfall der Computerpreise beobachtet werden. Das lag daran, daß das Innovationstempo schneller war, als die Geldmengenausweitung. Trotz fallender Computerpreise spricht jedoch niemand von einer Deflation oder Depression in diesem weltweit boomenden Wirtschaftszweig.

Und jetzt kommt der entscheidende Punkt im Papiergeldsystem, nämlich der Verteilungskampf. Diejenigen, die in der Lage sind, Kredite aufzunehmen, um Wirtschaftsgüter zu kaufen, die sich der ausgeweiteten Geldmenge entsprechend verzögert im Preis anpassen, sind die Gewinner der Entwicklung. Die Verlierer sind auf der anderen Seite diejenigen, die um Lohn- oder Rentenerhöhungen kämpfen müssen, um die alten Umtauschverhältnisse wieder herzustellen. Diejenigen, die in der Lage sind, zu erkennen, daß der aufgeblähten Papiergeldmenge unterbewertete andere Güter gegenüberstehen (Rohstoffe, Gold, Immobilien, ...) und in der Lage sind, diese zu kaufen, sind in diesem System klar im Vorteil. Dieser Vorteil wird genutzt, was an explodierenden Gehältern im Bankensektor abzulesen ist. Von der "segensreichen Inflation" profitieren einige überdurchschnittlich und andere verlieren sogar dabei, obwohl weitere Fortschritte in der Technik gemacht werden und der Gesamtwohlstand wächst.

Um auf unsere heutige Situation zurückzukommen: Die Geldmenge ist seit 1968 weitaus stärker gestiegen als die Menge an anderen Wirtschaftsgütern. Dadurch sind die Preise gestiegen (oder die Qualität hat sich bei gleichbleibenden Preisen verschlechtert). Für Gold gilt, daß der Preis deutlich zurückgeblieben ist. Diejenigen, die Gold in den Jahren 1999 bis 2001 von den Zentralbanken Großbritanniens, der Schweiz und anderer Zentralbanken erwerben konnten, sind die großen Gewinner des "Tauschspiels". Diejenigen, die auf Urlaubs-, Weihnachtsgeld und Rentenerhöhungen verzichtet mußten, sind die Verlierer. Und für die Gold- und Silberfans: Im Verhältnis zur Geldmengenausweitung bleiben Gold und Silber immer noch "billig".


© Martin Siegel
www.goldhotline.de
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