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Russlands Nothilfeprogramm

24.03.2018  |  Prof. Dr. Hans J. Bocker
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Seiner Auffassung nach läge die Schweiz gleich neben Marokko und mit dem kapitalistischen Ausland habe man noch nichts zu tun gehabt. Er hätte nur stark chloriertes Leitungswasser für mich. Der Dienstwodka käme auch nächste Woche, zusammen mit dem Diensttelefon und einem Dienstschreibtisch mit sage und schreibe drei Schubladen, wie er voller Stolz berichtete, denn die Drei stünden ihm rangmässig zu.

Die Putzfrau besorgte einen Stuhl für mich und wie es in Marokko denn so zuginge, und ob man dort mit Russland sympathisiere? Und mit dem kapitalistischen Ausland habe man noch immer nichts zu schaffen, und wenn ich am Dienstag wiederkäme, könnte ich so viel Dienstwodka haben, wie ich ertragen könnte. Der weisse Klumpen-Griessbrei im Krug aber bliebe streng privat.

Zutiefst beeindruckt von diesem Grossmut und den 3 Schubladen begann ich wieder dankbar in Richtung der knoblauch- und wodkaarmen Schweiz zu bewegen, ohne Abstecher nach Marokko, und ich hatte mich umsonst auf eine typische heisse Kohlsuppe echt russischer Machart gefreut.

Den 250 000 Investoren, die damals meinen wahrheitsgetreuen Bericht in der FINANZ UND WIRTSCHAFT lasen, muss wohl die Lust auf russische Aktien und die dortige brandneue Börse zumindest vorübergehend vergangen sein. Zum Trost fand ich in der Schweiz noch genügend Rohgriess vor. Der Börsenbesuch damals sollte zu einer journalistischen Sensation werden - es wurde auch eine, wenngleich eine Negative.

Doch derlei Geburtsschwächen dürften an der russischen Börse ausgestanden sein. Das löffelnde Männlein und die als Empfangsdame fungierende Putzfrau sind längst in Rente und es gibt mit Sicherheit auch kräftige Kursgewinne, vor allem im Energiesektor. Und der neue Börsenchef hat sicher mehr als nur 3 Schubladen, vielleicht sogar mehr als 3 Laptops auf jenem Dienstschreibtisch. Unter Putin erscheint viel mehr möglich als früher. Für Sparer auf jeden Fall. Nicht ohne Grund setzten sich eine Reihe bekannter westlicher Filmschauspieler nach Russland ab!

Vielleicht gehört der neue, garantiert griessbreifreie Börsenchef als wichtige Persönlichkeit zu den 220 Russen, die soeben von den USA auf die amtliche schwarze Liste der Einreisesperren und Verhaftungen gesetzt wurden. Doch diese amerikanische Schikanemassnahme schiesst ins Leere - die kollektive Reaktion der 220 Betroffenen war wie folgt:

«Dann bleiben wir auf der Krim im warmen Strandwasser. Wir haben kein Bankkonto im Westen, das ist bei uns zuhause viel sicherer. Und hier erhalten wir sogar Zinsen. Wir haben keine Immobilien oder anderes pfändbares Vermögen im Westen, das ist hier ebenfalls sicherer. Danke der Nachfrage, wir haben hier sehr geringe Inflation, gute Verzinsung und niedrige Steuern, keine Negativverzinsung oder hohe Bankgebühren, kein drohendes Bargeldverbot, und keine Einwanderungswellen von Analphabeten und Berufslosen, keine Brüsseler Diktatur, keine aberwitzige Schuldenwirtschaft, wir sind der grösste Weizen- und der zweitgrösste Ölexporteur und Goldproduzent der Welt, sowie der drittgrösste Goldpimporteur der Erde.

Unsere Volkswirtschaft boomt mit Vollbeschäftigung. Wir stehen militärisch ganz vorn, und dies sogar ganz ohne Derivate. Wir leben nicht auf Pump, sondern glauben an das kerngesunde Wohlstands-Prinzip: «Sparen und Investieren.» Mit den Saudis haben wir ein Öl-Export-Duopol abgeschlossen, um den Weltmarktpreis auf dem optimalen Niveau zu halten, und zwar nicht zo hoch, sonst wenden sich die Kunden alternativen Energien zu, aber auch nicht zu tief, da wir nichts zu verschenken haben. Unsere Landsleute sind abgehärtet und an Entbehrungen gewöhnt. Kriege fangen wir nicht an, gewinnen aber alle. Natur und Rohstoffe gibt’s bei uns mehr als genug. Was soll da eine amerikanische Verhaftungsliste oder Einreisesperre?

Wenn es langweilig wird, spielen wir unser Nationalspiel Schach und keine sinnlosen Computerspiele oder stumpfsinnigen Dauerbetrieb eines oder mehrerer Handys. Amerikanische Sperr- und Arrestlisten haben für uns eher humoristischen Wert. Darauf einen vierfachen Wodka auf Ex, ohne quantitative Lockerungen [nebenbei bemerkt: «Wodka» zu deutsch = «Wässerchen») Und dass das schönste Hotel auf der Krim, also Mriya Resort & Spa, zum «besten Hotel der Welt» international anerkannt wurde, erfüllt uns mit Stolz. Dies umso mehr, da man dort schon für 200 Euro pro Tag ein super-luxuriöses Zimmer der Weltklasse haben kann.»

Und wie steht es mit der für jedes Land so wichtigen Ernährungslage?

Während die Wirtschaft Russlands nach wie vor von Öl- und Gaseinnahmen dominiert wird, hat auch unerwarteterweise der Agrarsektor in den letzten vier Jahren einen Boom erlebt. Russische Bauern produzierten 2017 etwa 135 Millionen Tonnen Weizen.

Bereits im Jahr 2016 wurde Russland zum Weltmarktführer bei Weizenexporten. Seit Anfang der 2000er Jahre hat sich der Anteil Russlands am Weltweizenmarkt von vier auf 17% vervierfacht.

Obwohl die Landwirtschaft immer noch weit hinter dem Energiesektor zurückbleibt, übertraf sie bereits die Waffenverkäufe als drittgrösste Exportbranche und wurde zum zweitgrößten Exportsektor des Landes.

Gold wird dagegen nicht exportiert, sondern peinlich genau gehortet und sogar importiert. Im Dezember 2017 fügte die russische Zentralbank ihren Reserven knapp 600 Tonnen Gold und für das ganze Jahr gerechnet volle 263 Tonnen hinzu. Pro Jahr übernimmt diese Bank 500 bis 600 Tonnen von den Bergleuten ihres Landes, wobei die Geschäftsbanken als Vermittler auftreten. Zudem wird Gold am Weltmarkt und in China gekauft (teilweise gegen Öl). Die offiziellen Angaben der Goldbestände sind, genau wie in China, ihrer Natur nach reine Tiefstapelei. Die echten Vorräte Russlands sollten im Bereich von 9000 Tonnen liegen, und die Chinas etwa 8000 Tonnen Staat und 15000 Tonnen privat.


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