Weltherrschaft oder "Handelskrieg"
23.04.2018 | Klaus Singer
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Mit dem Beitritt zur WTO begann China US-Staatsanleihen zu kaufen, um den Dollar relativ zur eigenen Währung und somit die Chancen der eigenen Export-Industrie zu stärken. Dies stand im Einklang mit der damaligen politischen Linie, zur Werkbank der Welt zu werden und auf diesem Wege die eigene Wirtschaft zu stärken. Vor einigen Jahren leitete China eine Wende ein - es wurde die Devise ausgegeben, die inländische Wirtschaft zu entwickeln, die "Werkbank"-Rolle spielt fortan nicht mehr die erste Geige (siehe hier und hier!).Kürzlich wurde Xi Jinping zum lebenslangen chinesischen Staatspräsidenten bestimmt. Das Land scheint politisch stabil. Xi kann den Fokus auf langfristige wirtschaftliche und politische Ziele legen, die Industrie-Initiative "Made in China 2025" und die Infrastruktur-Initiave "Belt and Road". Damit verbunden ist eine ausufernde Verschuldung. Die wird irgendwann zum Problem werden - aber wann?
"Made in China 2025" sieht vor, die Fertigungs-Produktivität zu steigern, Technologie-intensive Sektoren auf- und auszubauen und bei Schlüssel-Materialien und Komponenten einen Selbstversorgungs-Anteil von 70% zu erreichen. Diese gewaltigen Ziele werden zentral gesteuert und finanziert. So wurden z.B. 2016 232 Mrd. Dollar in Forschung und Entwicklung investiert.
"Belt & Road" ist ein gigantisches Infrastruktur-Programm. Aber nicht nur das. Während die USA nach dem Zweiten Weltkrieg über internationale Institutionen und Handelsabkommen ihre Weltmacht-Stellung festigten und dabei seinerzeit knappes Kapital zur Verfügung stellten, geht China mit dieser Initiative den Weg, sich mit der eurasischen Landmasse physisch, d.h. über Güterströme, zu verknüpfen.
Quelle: www.mauldineconomics.com/frontlinethoughts/china-plays-it-cool
Das Vorhaben wird manchmal auch als „neue Seidenstraße“ betitelt und gemäß dem historischen Vorbild soll es den Einfluß Chinas festigen und unverzichtbar machen. Am einen Ende liegt China, am anderen Europa. Diese Handelswege entziehen sich dem Einfluss der USA, die auf den Seewegen dominiert und die Handelsflüsse dort recht leicht stoppen könnte. Die kleineren asiatischen Länder auf dem Weg nach Europa sollen letztlich in ein Renminbi-basiertes Zahlungssystem eingebunden werden und so die chinesische Währung zu internationalen Leitwährung machen.
Trump mag, sagen wir es einmal nachsichtig, zu spontan sein, um die großen Zusammenhänge im Hintergrund zu sehen. Aber die Kreise, die hinter ihm stehen und ihn steuern, haben sehr wohl das große Bild vor Augen. Es geht letztlich nicht um ein paar Zölle, auch nicht um geistiges Eigentum, das sie im Sinne ihrer eigenen Profite mit leichter Hand längst weg gegeben haben - es geht um die Vormachtstellung auf der Welt. China wurde groß als "Werkbank" der Welt und die herrschenden Kreise an Wall Street haben wohl lange gedacht, sie könnten mit ihrem Kapital China erobern, so wie sie das nach dem Zweiten Weltkrieg und nach dem Ende des Bretton Woods Systems überall konnten.
Dieser Weg scheint im Falle China nicht zu funktionieren. Der Vorstoß Trumps ist womöglich als letzter Versuch in dieser Richtung gedacht, aber es spricht nicht viel dafür, dass er gelingt. Wahrscheinlich wird China ein paar Zugeständnisse machen, mehr aber auch nicht. Es wird seine Grenzen mit Sicherheit nicht öffnen für einen ungehinderten Kapitalverkehr.
Möglicherweise gelingt es, eine Art Koexistenz zu etablieren, indem beide Seiten in gewissem Umfang einen halbwegs fairen Handel etablieren. Trump könnte das als persönlichen Erfolg verkaufen, die globale Machtfrage wird jedoch weiter schwelen. Womöglich ist die chinesische Führung so "cool", Trump seinen „inneren Reichsparteitag“ zu gönnen. Dann können sie ungestörter fortfahren, ihre eigentlichen Interessen zu verfolgen.
Damit steht hinter dem „Handelskrieg“ USA-China aber auch eine große Zeitenwende. Es ist für mich kaum vorstellbar, dass die dominierenden Finanzkreise in den USA sang- und klanglos den Rückzug antreten. Sie dürften sicher versuchen, China ökonomisch zu destabilisieren. Die Achillesferse des Landes ist die hohe Verschuldung und, ja, auch die zentrale Planung der Wirtschaft (siehe z.B. hier und hier!).
Aber das mit der Verschuldung gilt genauso für die USA und Trump muss die Einnahmeausfälle aus der Steuerreform und andere Projekte mit neuen Schulden finanzieren. Und China hat immer noch über drei Bill. Dollar an Währungsreserven, zum großen Teil in US-Staatsanleihen - Potenzial für erhebliches Störfeuer. Andererseits ist der Dollar immer noch die Welt-Leitwährung und die USA werden alles tun, um ihn vor den Karren ihrer Interessen zu spannen (siehe hier!).
Ausgang derzeit offen...
Man kann es auch nicht oft genug sagen: Die Gefahr einer kriegerischen Auseiandersetzung auf der Welt steigt mit der beschriebenen Machtfrage - zunächst in der Form von Stellvertreterkriegen. Was dann kommt? Hoffen wir das beste...
Fazit:
Hinter dem “Handelskrieg” steht ein Kampf um die Vorherrschaft in der Welt zwischen den USA und der VR China. Der Plan, mittels US-Kapital auch China zu erobern, scheint nicht aufzugehen. Das hatte nach dem Zweiten Weltkrieg und erst recht nach Ende des Bretton Woods Systems sonst auf der Welt meist gut funktioniert. Daher könnte hinter dem “Handelskrieg” übergeordnet eine größere Zeitenwende stehen. Die herrschenden Kreise in den USA werden nicht kampflos aufgeben, die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen dürfte wachsen.
[Unter Verwendung von Material aus "China Plays it Cool"]
Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.
© Klaus G. Singer
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