Marc Faber: Unkluge US-Politik und deren Folgen für Gold und die Wirtschaft
04.05.2018 | Mike Gleason
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Zweitens könnte die Gesellschaft aufgrund der politischen Situation das Vertrauen in das System verlieren. Meiner Meinung nach ist die politische Situation in den USA sehr schlecht. Wenn man dann liest, was beim FBI, bei der CIA und in Washington passiert ist, muss man sich am Kopf kratzen und fragen, wie so etwas in einem System, das angeblich funktionieren soll, überhaupt möglich ist.Es ist wie Watergate, aber mit vergrößerter Wirkung. Also denke ich, dass das breite Anlegerpublikum möglicherweise das Interesse an Finanzvermögenswerten verlieren wird. Sie haben die Edelmetalle angesprochen. Ich glaube, dass es vor kurzem umfangreiche Short-Positionen auf den Dollar gegeben hat. In anderen Worten: Vor 15 Monaten hielten die Spekulanten extreme Long-Positionen im Dollar und nun positionieren sie sich extrem short.
Ich glaube, dass sich der Dollar erholen könnte und die Edelmetalle deshalb nicht sofort steigen werden. Letztlich werden sie zulegen, aber in den nächsten, sagen wir, ein bis zwei Monaten sehe ich keinen Grund, warum die Edelmetallkurse wesentlich steigen sollten.
Mike Gleason: Gehen wir kurz auf das Thema Politik ein. Es scheint, als stünden wir gerade vor dem Ausbruch eines weltweiten Handelskrieges. Was sind Ihre Gedanken zu den Zöllen, die Trumps Regierung China auferlegt hat, und wie denken Sie, wird sich die Lage weiter entwickeln?
Marc Faber: Nun, ich muss sagen, dass ich Trump gewählt hätte. Er beweist jedoch jeden Tag, dass er völlig ahnungslos ist. Er sagt das Eine und tut dann etwas vollkommen anderes. Er ändert ständig seine Meinung. Und ich denke, ehrlich gesagt, dass der Handelskrieg vielleicht gar nicht eintreten wird.
Sollte er das aber tun, werden die USA der große Verlierer sein. Denn die US-amerikanischen Verbraucherpreise werden sich erhöhen und aktuell ist das wahrlich nicht erstrebenswert, da die Fed bereits eine straffere Geldpolitik verfolgt und die Zinsen steigen. Das bedeutet also, dass - sollte es zu einem Handelskrieg kommen - der Dollar zuerst steigen wird. Aber das ist genau das, was die USA nicht haben sollte: Einen sehr starken Dollar.
Mike Gleason: Die Türkei hat vor kurzem angekündigt, dass sie ihr Gold zurück ins Land bringen möchte und schließt sich damit einer Reihe von Ländern an, die dasselbe vorhaben. Was sagt das über das Vertrauen in das System aus und für was, denken Sie, positionieren sich die Länder? Oder sagen wir es so: Warum tun sie das?
Marc Faber: Nun, ich denke, die Frage sollte eher lauten: Warum haben sie überhaupt Gold in den USA gelagert? Ich persönlich glaube, dass es bereits ein Risiko an sich ist, Vermögenswerte, die als sicherer Hafen angesehen werden, in einem anderen Land zu lagern ... Also verstehe ich all diese Länder. Und zweitens denke ich, dass wir zum ersten Mal seit dem Bretton-Woods-Systems weniger Vertrauen oder weniger Glauben in den US-Dollar als Reservewährung haben. Meiner Ansicht nach besaßen die politischen Entscheidungsträger Amerikas, vor allem die Neokonservativen, ein Talent dafür Putin und Präsident Xi in China zu verärgern.
Indem sie dies taten, haben sie es tatsächlich geschafft, die beiden näher zu einer wirtschaftlichen und politischen Allianz zusammenzubringen. Und das Ziel beider Länder, Russlands und Chinas, ist es wahrscheinlich, sich stetig vom Dollarsystem wegzubewegen. Wie Sie wissen, bin ich persönlich kein US-amerikanischer Staatsbürger, ich bin nur ein internationaler Beobachter der wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Trends. Ich kann mir keine Außenpolitik vorstellen, die schlechter für die USA wäre als die aktuelle Außenpolitik der Neokonservativen. So etwas kann ich mir einfach nicht vorstellen.
Mike Gleason: Ja, das ist ein gutes Argument. Nun zum Öl und dem Petrodollar. Die Ölpreise steigen nun schon seit einiger Zeit stetig. Denken Sie, dass eine breitere Rohstoffrally stattfinden wird und das dies dann vielleicht die Edelmetalle langfristig beflügeln könnte?
Marc Faber: Nun, eine Menge industrieller Rohstoffe sind aufgrund von relevanten Umständen gestiegen, wie Aluminium aufgrund des Handelsembargos gegen Russland und so weiter. Wenn ich jedoch industrielle Rohstoffe betrachte, habe ich eher das Gefühl, dass sie sich nach unten bewegen werden. Warum? Ich denke aufgrund des Zinsanstiegs der US-amerikanischen 10-Jahres-Staatsanleihe von 1.38% im Sommer 2016 zum aktuellen Niveau von mehr als 3%. Die Renditen auf dem Anleihemarkt haben sich, in anderen Worten, mehr als verdoppelt. Und bei der 2-Jahres-Staatsanleihe hat sich die Rendite auf das 10- bis 20-fache erhöht, je nachdem, wie man sie misst.
Ich denke, dass diese Zinsanstiege die US-Wirtschaft verlangsamen und wahrscheinlich eine Rezession auslösen werden.
Mike Gleason: Wir reden oft über die große Nachfrage nach Gold in den anderen Teilen der Welt. Denken Sie, dass sich das Blatt in dieser Hinsicht jemals wenden wird und auch mehr Menschen in Amerika erkennen werden, wie wichtig der Besitz von Gold ist? Wir wissen, dass die Asiaten es unaufhörlich kaufen, ebenso viele Anleger in Europa. Im Großen und Ganzen hat sich diese Denkweise noch nicht in den USA verankert, aber glauben Sie, dass sich das ändern wird? Und falls es das tut, sehen Sie etwaige Probleme bei der Beschaffung des physischen Metalls, wenn die Massen endlich beschließen in den ultimativen sicheren Hafen zu investieren?