Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Italiens Krise und die globale Schuldenblase

10.06.2018  |  Klaus Singer
- Seite 2 -
So lange mit Schulden Produktivität finanziert wird, besteht die Chance, den Schuldendienst aus zusätzlichem Einkommen heraus zu finanzieren. Aber dieser Punkt ist längst überschritten. Ein immer größerer Teil neuer Schulden wird zur Refinanzierung alter Schulden oder für privaten und staatlichen Verbrauch verwendet.

Das führt zu der Erkenntnis, dass der angehäufte Schuldenberg überhaupt nicht mehr abgetragen werden kann. Und das gilt erst recht, wenn man nicht-bilanzierte Verbindlichkeiten wie etwa Pensions- und Rentenansprüche mit einbezieht. Für die USA hat das Congressional Budget Office (CBO) unter Annahme eines beständigen Wirtschaftswachstums von 3% p.a. ausgerechet, dass innerhalb der nächsten 18 Jahre das gesamte Steueraufkommen hierfür eingesetzt werden muss. In Deutschland müssen die Lohn- und Einkommenssteuern nach Berechnungen der Deutschen Bank bis 2045 auf 80% steigen, um Renten und Pensionen zu finanzieren.

Nach 2007 stiegen die Staatsschulden besonders stark an. Das hat in erster Linie mit der Rettung des Finanzsystems nach dem Kollaps in 2008 zu tun. Aber auch die Unternehmen (non-financial) sahen keinen Anlass, ihre Neuverschuldung zurückzufahren, ermuntert durch die Geldflut der Zentrabanken zur Bekämpfung der Finanzkrise. Hätten sie damit produktive Innovationen finanziert, wäre das zu begrüßen gewesen. Stattdessen dienten neue Unternehmensschulden häufig dazu, eigene Aktien zurück zu kaufen. Aktionäre freut das, fragt sich nur, wie lange. Unproduktiver lassen sich Firmenschulden kaum einsetzen. Wie stark der Umfang der Aktienrückkäufe in den zurückliegenden Monaten zugenommen hat, zeigt der folgende Chart (siehe Chart!).

Open in new window
USA: Aktienrückkäufe
Quelle: https://www.stawealth.com/2018/06/06/sta-weekly-report-the-anatomy-of-a-share-buyback/


Aktienrückkäufe lassen die Bewertung eines Unternehmens attraktiver aussehen, seine Finanzsituation entwickelt sich jedoch in eine ungünstige Richtung. Das ist ein Problemkreis, den man hinsichtlich künftiger Instabilitäten beachten muss, ich hatte mich hier damit zuletzt näher befasst, dabei spielen auch die näher rückenden Refinanzierungen eine Rolle. Kleinere Unternehmen haben hier weniger Spielraum, erst recht mit schlechtem Kreditrating (hi-yield - Junk). Seit der Rezession 2008 hat sich der gemittelte Schuldenhebel der nicht-Finanz-Unternehmen in den USA von 3,4 auf 4,1 gesteigert. Haben die Firmenlenker nichts gelernt? Vielleicht doch - wenn sie davon ausgehen, dass die Fed sie schon retten wird.

Eine weitere Quelle von Instabilitäten ist bei den Emerging Markets angesiedelt. Diese sind zwar als Gruppe niedriger verschuldet als die entwickelten Länder. Aber ihre Finanzierungsquellen sind häufig instabil. Für einen Renditeaufschlag von ein, zwei Prozent greifen „westliche“ Anleger hier zwar gerne zu. Aber eine langfristige verlässliche Finanzierung ergibt sich daraus gewöhnlich nicht.

Bis 2020 müssen in den Emerging Markets etwas 4,8 Bill. Dollar refinanziert werden (siehe Chart!).

Open in new window
Emerging Markets: Fälligkeit von Schulden und Kreditrating
Quelle: https://www.iif.com/publication/global-debt-monitor/iif-quarterly-global-debt-monitor-slide-deck


Die Kreditratings sind per Saldo rückläufig. Wenn das so bleibt und wenn sich die Zinsen zumindest in den USA weiter aufwärts bewegen, wird dies nur zu höheren Zinsen möglich sein. Entwickelt der Dollar Stärke, wäre das ein zusätzliches Problem.

Was führt aus der Blase nicht rückzahlbarer Schulden heraus? Zentralbanken könnten diese in ihre Bilanz übernehmen - eine scheinbare einfache Lösung, sie können nicht pleite gehen. Den Schulden des einen steht eine Forderung des anderen gegenüber. Was passiert dann mit der Forderung? Würde sie mit frischen Zentralbankgeld beglichen, dürfte das genauso wenig werthaltig sein wie die Schulden. Ein Schuldenschnitt wirkt ähnlich Asset-vernichtend. Also werden lieber neue Schulden gemacht…

[Unter Verwendung von Material aus Debt Clock Ticking]


Fazit:

Die Italien-Krise ruft ins Gedächtnis, dass die Eurozone weit von Stabilität entfernt ist. Dahinter steht letztlich eine gewaltige globale Blase von Schulden, die nicht mehr zurückgezahlt werden können. Auf dieser Grundlage gibt es zwei weitere Problemkreise im Bereich der seit 2008 deutlich gewachsenen Unternehmensverschuldung und im Bereich der Emerging Markets. Ein Funke kann zu einem Flächenbrand führen.

Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"