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Das Öl des Iraks

20.08.2004  |  Ralph W. Stemper
Am 30. Juni wurde die Macht im Irak der Übergangsregierung übergeben, womit auch die Verfügungsgewalt über die immensen Ölvorkommen, nach über 13 Jahren in irakischer Hand liegt. Nach dem Golfkrieg wurde die Ölproduktion im Irak durch die UN und das Programm "Oil for Food" fremdbestimmt.

Der Irak verfügt nach Saudi-Arabien (250 Mrd. Barrel), Kanada (180 Mrd. Barrel) und Iran (126 Mrd. Barrel) über die höchsten Rohölvorkommen der Welt. Nach dem heutigen Kenntnisstand liegen im Irak Ölreserven in Höhe von 115 Mrd. Barrel. Allerdings sind bisher nur etwa 10% des Landes explorationstechnisch erforscht.

Experten gehen davon aus, dass vor allem in den westlichen Wüstenregionen weitere bedeutsame Vorkommen auf ihre Offenlegung warten. Die optimistischsten ausländischen Schätzungen gehen von weiteren 100 Mrd. Barrel aus. Vorsichtigere Analysten rechnen mit 45 Mrd. Barrel. Die tatsächliche Zahl dürfte wohl irgendwo dazwischen liegen. Die Erschließung dieser Quellen würde Irak zum zweitwichtigsten Ölförderland der Welt machen. Irakische Offizielle sprechen sogar von Reserven in Höhe von 300 Mrd. Barrel wenn ganz Irak erschlossen werden würde.

Die drei größten Erdöllagerstätten befinden sich im Norden im Gebiet um die Stadt Kirkuk, im Osten der Hauptstadt Bagdad und die Rumaylah-Region im Süden. Lassen Sie uns zunächst den aktuellen Zustand der irakischen Ölförderung betrachten.

Der Irak fördert zurzeit zwischen 2,3 und 2,4 Mio. Barrel/Tag. Diese Quote soll in den nächsten Monaten auf 2,8 und bis Ende des Jahres auf 3 Mio. B/T ansteigen, was dem Vorkriegsniveau vom letzten Jahr entsprechen würde. Die höchste Fördermenge erreichte der Irak 1979 mit 3,7 Mio. B/T. Eine höhere Fördermenge als das Vorkriegsniveau ist Experten zu Folge noch nicht möglich. Der Grund dafür ist, dass der Irak seit 1980 in drei große Kriege verwickelt war und 13 Jahre UN-Sanktionen hinter sich hat. Saddam Hussein plante, mit der Erforschung der Wüstenregionen im Westen des Landes, die Fördermenge bis 2010 auf 6 Mio. B/T hochzufahren.

Etwa 60% der Anlagen im Norden wurden im Krieg zerstört. Positiv zu bewerten ist, dass im Gegensatz zur Vorgehensweise der irakischen Armee 1991 in Kuwait, nur 7 Bohrlöcher (von 1550) in Brand gesteckt worden sind. Die größten Schäden sind den landesweiten Förderanlagen jedoch nicht während des Krieges widerfahren, sondern nach Beendigung des Krieges. Sabotage, Anschläge und Diebstahl sind für ca. 80% der entstandenen Schäden verantwortlich.

Die Transportwege für Öl ins Ausland fallen Sabotageakten besonders häufig zum Opfer. Dazu gehören auf der einen Seite die Pipelines, auf der anderen Seite die Verladehäfen. 2003 wurden zwischen April und Dezember 86 Anschläge auf die Pipelines in Irak verübt. Mehrere Pipelines durchziehen das Land, wobei die Gesamtlänge 4350 Meilen (ca. 6500 km) beträgt. Die wichtigste Export-Pipeline verbindet die nördlichen Ölfelder um Kirkuk mit dem Hafen Ceyhan in der Türkei. Die US-Armee hat eine 9700 Mann starke Einheit abgestellt, deren Aufgabe ausschließlich der Schutz der Pipelines, vor allem der Leitung Kirkuk-Ceyhan, ist.

Unter optimalen Bedingungen könnte Iraks Öl-Export-Infrastruktur über 6 Mio. B/T befördern. Der Öltransport stellt somit, vorausgesetzt die aktuellen Probleme werden ausgeräumt, keine Engpaßsituation für die Zukunft dar. Neben der Ausschaltung des Terrorismus müssen auch Neuverhandlungen mit Syrien und Saudi-Arabien aufgenommen werden. Wie auf der oberen Karte zu sehen ist, verlassen drei Pipelines den Irak.

Neben der Leitung nach Ceyhan, die in Betrieb ist, sind die beiden anderen Leitungen (durch Syrien und Saudi-Arabien) für irakisches Öl gesperrt. Die Kirkuk-Ceyhan Leitung befördert aktuell 300.000-500.000 b/t, was weit unter der Kapazitätsgrenze liegt. Weitere 2 Mio., b/t werden in den 3 Häfen im persischen Golf verladen: Basra, Khor al-Amaya und Khor az-Zubair. Vor allem Basra als wichtigster der drei, wurde von massiven Anschlägen erschüttert und arbeitet deshalb nich auf voller Kapazität.

Im Irak gibt es aktuell 80 bekannte Ölfelder. Erst aus 17 dieser Felder wird Öl gefördert. Etwa 2600 Bohrtürme gibt es im Irak, wobei nur ca. 1600 tatsächlich Öl fördern. Um sich diese Zahl verdeutlichen zu können - in Texas, USA, gibt es rund 1.000.000 Bohrtürme. Seit 1990 hat der Irak keine neuen Techniken und Verfahren zur Ölförderung kennengelernt. Diese Zahlen verdeutlichen, welches Potenzial im Irak steckt und warum die internationalen Ölkonzerne Schlange stehen, um in diesem Land Fuß zu fassen.

Ohne Frage wird die Modernisierung der Förderung und die Exploration weiterer Quellen sehr hohe Kosten verursachen. Diese dürften jedoch immer noch niedriger sein als beispielsweise die Erforschung von Offshore Ölfeldern in der Nordsee. Vor allem sollte nicht vergessen werden, welche Kapazitäten hier brach liegen.

Damit sich die westlichen Ölgesellschaften im Irak maßgeblich engagieren, ist in erster Linie die Sicherheit von Bedeutung. So lange westliche Geschäftsleute immer wieder die Zielscheibe für Anschläge sind, wird der Aufbau des Landes nur sehr schleppend voran gehen und das Potenzial im Ölbereich wird weiterhin ungenutzt bleiben.


© Ralph W. Stemper
www.rohstoff-report.de

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