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Ökonomische Hürden auf dem Weg zu einer warengedeckten Währung

28.01.2007  |  Mag. Gregor Hochreiter
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Eine Kultur des Geldes

Wie die meisten gesellschaftlichen Phänomene war demnach auch der Goldstandard Ausdruck einer in der Bevölkerung tief verankerten "Kultur der monetären Wertstabilität und des nachhaltigen Wertaufbaus". Denn ohne die direkte Nachfrage der Bevölkerung nach einem wertbeständigen Geld, ohne diese "Kultur der monetären Wertstabilität und des nachhaltigen Wertaufbaus", kann ein wertbeständiges Geld auf Dauer nicht erhalten werden. Eine warengedeckte Währung der Bevölkerung zu oktroyieren, sie gleichsam zu ihrem Glück zwingen zu wollen, kann keinen nachhaltigen Erfolg bringen. Ohne fundierte Wertschätzung des Goldes auf breiter Basis keine goldgedeckte Währung.

Diese Einbettung des Geldes in eine gesamtgesellschaftliche Lebensphilosophie formulierte der österreichische Ökonom Joseph Alois Schumpeter dereinst kurz und bündig: "Der Zustand des Geldwesens eines Volkes ist ein Symptom aller seiner Zustände". Nimmt also ein nicht beliebig vermehrbares Gut wie Gold die Position des Geldes ein, so konzentriert sich die Bevölkerung auf den nachhaltigen Aufbau von materiellen wie immateriellen Werten, betont die Investition und die gesellschaftliche Stabilität, die sich in niedrigen Scheidungsraten, lebenslangen Freundschaften und in der Einhaltung von privatrechtlichen Vereinbarungen manifestiert. In seinem empfehlenswerten Buch "Die Welt von Gestern" bezeichnete Stefan Zweig nicht ohne Grund die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts als "Goldenes Zeitalter". Im Umkehrschluß gilt natürlich auch, daß ein beliebig vermehrbares Gut als Geld, wie im Falle von Papier, auf eine grundlegende Änderung der Lebenseinstellung der Bevölkerung hinweist, die dem Konsum, dem schnellen Rausch und dem Wohlstand durch Glücksspiel, Spekulation und auf Pump ebenso anhängt, wie ungedeckten Scheinwerten.

Wie viele Aussagen von bedeutenden Ökonomen bewegt sich auch Schumpeters Zitat auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene ohne direkten Bezug auf die Lebensrealität des Individuums. Auf die persönliche Ebene heruntergebrochen, klingen Schumpeters Worte in etwa wie folgt: "Geld ist - wie jedes gesellschaftliche Phänomen - äußeres Zeichen einer inneren Einstellung."


Wie können digitale Währungen im Einklang mit dem Regressionstheorem entstehen?

Wenn man davon ausgeht, daß die meisten Menschen Gold und Silber nicht mehr als Kulturgut wahrnehmen, führt kein Weg an einem mühsamen Wiederaufbau einer "Kultur des Goldes/Silbers" vorbei. Es genügt nicht, Gold als wirkungsvollen Schutz gegen die Erosion der Papierwerte darzustellen, da mit dieser zusätzlichen Nachfrage nach Gold/Silber noch nicht die allgemeine Absatzfähigkeit des betreffenden Edelmetalls garantiert würde. Schmuck- und Erbstücke aus Gold oder Silber, das Silbergeschirr zur Eheschließung, die goldene Krawattennadel zur Firmung/Sponsion und ähnliche, in der Vergangenheit übliche, Geschenke, wären ein erster Schritt zurück zu einem goldgedeckten Geld. Dieser Prozeß wird in einer Zeit, in der Goldketten gerne als Statussymbole der Unterschicht getragen werden, keinesfalls über Nacht erfolgen.


Das Greshamsche Gesetz

In der ökonomischen Dogmengeschichte wird der im 16. Jahrhundert lebende Thomas Gresham als der Entdecker des in der weiteren Folge nach ihm benannten "Greshamschen Gesetz" geführt, obwohl der im 14. Jahrhundert wirkende Oresmius den Kern dieses staatlichen Eingriffes in den Währungsmarkt detailliert beschrieben hatte. Eine erste Beobachtung dieses Phänomens findet sich allerdings schon bei dem griechischen Komödiendichter Aristophanes in "Die Frösche". In der umgangssprachlichen Formulierung besagt das "Greshamsche Gesetz", daß "schlechtes Geld gutes Geld vom Markt verdrängt". Aus dieser sprachlichen Ungenauigkeit leiten viele Menschen fälschlicherweise eine Umkehrung des Marktprinzips ab, schließlich setzen sich im Wettbewerb Güter höherer Qualität gegen Güter schlechterer Qualität durch. Korrekt lautet das "Greshamsche Gesetz": "Gesetzlich überbewertetes Geld verdrängt gesetzlich unterbewertetes Geld vom Markt." (Letzten Endes ist das "Greshamsche Gesetz" somit eine Spezialform gesetzlicher Preisfixierungen.)

Angenommen das Tauschverhältnis zwischen Gold und Silber beträgt am freien Markt 1:16. Dieser Wechselkurs spiegelt die relative Wertschätzung der beiden zu diesem Zeitpunkt als Geld fungierenden Güter durch alle Marktteilnehmer wider. Nun friert der Gesetzgeber den Wechselkurs auf diesem Niveau ein, während sich das Tauschverhältnis am Markt auf 1:15 verändert. Silber gewinnt in der Wertschätzung der Marktteilnehmer gegenüber Gold relativ an Wert. Da der Wechselkurs sich diesen veränderten Präferenzen nicht anpassen kann, ist Gold überbewertet und Silber unterbewertet. Die gesetzlich dekretierte höhere Kaufkraft des Goldes läßt Silber aus dem Umlauf verschwinden - schließlich kauft 1 Unze Gold Waren im Wert von 16 Unzen Silber, obwohl der Markt dem Gold nur eine Kaufkraft von 15 Unzen Silber beimißt.

Das auf fiat-Wechselkursregime ebenfalls anzuwendende "Greshamsche Gesetz" spielt hinsichtlich der Rückkehr zu einer 100% warengedeckten Währung allen voran dort eine Rolle, wo der Gesetzgeber die Einhebung einer Steuer vorsieht. Kann zum Beispiel eine potentielle Mehrwertsteuerpflicht nicht umgangen werden, würde das fiat-Geld künstlich über-, das betreffende Gut künstlich unterbewertet werden und Silber, Gold oder andere Güter hätten keine Chance, wieder zu Geld zu werden.

Diese einführenden Gedanken zeigen deutlich, daß der Weg zu einem warengedeckten Geld beschwerlicher und länger ist, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Der Drogenentzug ist immer schwieriger als das Hineinschlittern in die Sucht.


© Gregor Hochreiter

www.homo-agens.com, www.liberty.li, den Autor können sie unter gh@liberty.li erreichen.

Quelle: aus Der Rohstoff-Spiegel, 02/2007



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