Eine der besten Finanzanalysen zur realen deutschen Situation, die ich in den letzten 3 Jahren gelesen habe
06.03.2019 | Dr. Dietmar Siebholz
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3. Daniel Stelter sagt dazu: a) Die schwarze Null ist keine politische Leistung, weil sie nur durch die EZB-Politik des gedrückten Zinsniveaus ermöglicht wird,
b) Diese EZB-Politik ist eine große Dummheit, weil diese EZB-Politik die Ersparnisse der Deutschen vernichtet und letztendlich das Kapital aus Deutschland treibt.
c) Sie ist eine Lüge, weil in der Zwischenzeit die Staatsverschuldung explodiert ist und die Politiker wegen der "günstigen" Lage unendliche Leistungsversprechen für die Zukunft abgegeben und - nicht wie vorsichtige Kaufleute und Staatenlenker - dafür Risiko-Rückstellungen eingestellt haben.
4. Herr Stelter ist vorsichtig und nimmt als Betrachtungszeitraum die Zeit vom 2009 bis 2018 an; damit werden atypische Abweichungen eliminiert, die sonst das Bild verzerren könnten.
5. Er weist nach, dass die Staatseinnahmen der Jahre 2009 bis 2018 kumuliert um 277 Milliarden gestiegen sind und stellt darauf die Frage: "Wie sind die erhöhten Staatseinnahmen zustande gekommen, geschah das durch langfristige Einflüsse und was hat die Politik mit diesen Einnahmeerhöhungen gemacht?"
a) Die Gründe für die Mehreinnahmen sind einfach nachzuvollziehen; da waren erhebliche Zinseinsparungen wegen der von der EZB nach unten manipulierten Zinsen, aber auch reale Steuererhöhungen ursächlich verantwortlich.. Und dazu mein Kommentar: Der Stolz der Finanzpolitiker auf den starken Anstieg der Steuereinnahmen ist eine Sache, aber über die Tatsache, dass für die Bürger Steuermehreinnahmen des Staates für ihn schlichte Mehrkosten sind, spricht niemand.
b) Hat der Staat die Verschuldung reduziert? Nein, er hat trotz erheblicher Zinseinsparungen die Verschuldung im betrachteten Zeitraum um € 240 Milliarden erhöht.
c) Die Ausgaben des Bundes sind in den zehn Jahren um 280 Mrd. € gestiegen. Gleichzeitig sind die Zinsen kumuliert um136 Mrd. € gefallen. Durch die gute Lage am Arbeitsmarkt hat sich der Bund kumuliert weitere 46 Mrd. € eingespart. Damit hätte der Bund in diesen zehn Jahren eine Verteilungsmasse von 462 Mrd. € kumulieren können.
d) Bevor er dann in seiner Analyse weitergeht, stellt er fest, dass diese Geldschwemme dank der manipulierten Zinsen, dank des Verfalls der Währung EURO dem Exportland Deutschland unendlich hohe Überschüsse und die Reduzierung von Sozialabgaben z.B. Arbeitslosen-Leistungen brachte. Nun stellt er die Frage: Haben diese positiven Effekte Dauerwirkung? Sein Vergleich mit dem Mann auf der Straße, der einen Lottogewinn von 1.000 € macht und sich daraufhin sich neue Wohnung leistet, die monatlich 1.000 € mehr kostet, leuchtet ein.
Und seine Kernaussage ist: Unsere Politiker denken, dass sie weiterhin im Lotto gewinnen werden und dies für die kommenden Jahrzehnte. Dagegen spricht aber die Mathematik. Tipp: Probieren Sie diese Strategie in der Spielbank in Baden-Baden & Co aus. Sie tun damit einen guten Zweck, denn an die 70% der Gewinne werden an den Staat abgeführt. Mit dieser Art von Glückspiel-Mathematik kennt sich ja der Staat hinreichend aus..
e) Wie wurden denn die o.g. 462 Mrd. verwendet?
- e1) Rund 100 Mrd. € wurden an die Rentenkasse überwiesen
- e2) Die deutlich gewachsenen Zuschüsse zur gesetzlichen Krankenversicherung erreichten kumuliert ebenfalls 100 Mrd. €
- e3) Familienzuschüsse erhöhten sich kumuliert auf 15 Mrd. €
- e4) Den größten Zuwachs erreichten die "sonstige Leistungen" (wer solche großen Positionen in einem Titel versteckt, hat etwas zu verbergen, das ist meine Erfahrung als Bankier) - also hat auch Daniel Stelter diese restlichen Leistungen aufgeschlüsselt. Es sind
- e4-1: Zuweisungen und Zuschüsse an Sondervermögen z.B. für den Klimaschutz (wie kann man etwas schützen, das ein Naturereignis ist?)
- e4-2: dgl. für Kinderbetreuungen
- e4-3: dgl. für Integration von Migranten (allein in 2017 wurden dafür 20,8 Mrd. € ausgegeben)
- e4-4. Die restlichen Mehrausgaben entfallen auf Investitionen (50 Mrd. €), auf Personal (26 Mrd. €), auf den Europäischen Rettungsfonds ESM (22 Mrd. €) auf neue Ausrüstungen der Bundeswehr (4 Mrd. €)
Seine Schlussfolgerungen sind einfach nachvollziehbar.
a) Der überwiegende Teil der praktisch ersparten kumulierten 462 Mrd. € sind keine Einmalzahlungen sondern in Gesetze gegossene nachhaltige und dauerhafte Verpflichtungen, während die für unsere Zukunft wichtigen Bereiche wie Bildung, Digitalisierung, Infrastruktur etc. vernachlässigt wurden. Dazu berauschen sich die Politiker in der Öffentlichkeit mit dem Zitat vom "reichen Land" und (das ist meine Meinung) wir erregen dadurch Neid und Missgunst bei unseren Nachbarn, die daraufhin ganz locker ihre Verrechnungsschulden aus dem TARGET-2-Programm von ca. 300 Mrd. € auf weit über 900 Mrd. € erhöht haben. Es dürfte doch jedem klar sein: Diese Forderungen sind wertlos, weil niemand sie mehr bedienen kann und wird.