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Wöchentlicher Kommentar: Nach dem Defizit

13.04.2007  |  Theodore Butler
Ich bekomme zahlreiche E-Mails und Briefe von Lesern, die wirklich gute und gerechtfertigte Fragen stellen. Ich entschuldige mich dafür, dass ich nicht alle Anfragen beantworten kann, aber ich lese sie alle und freue mich sehr darüber. Sie sind sehr hilfreich, da sie mir als Feedback für meine Artikel dienen. Heute möchte ich einen genaueren Kommentar zu einer E-Mail geben, die erst kürzlich an Jim Cook, Präsident von Investment Rarities Inc., gesandt wurde.

Betreff: Mr. Butler’s Ende des strukturellen Defizits

Mr. Cook,

Am Ende der ersten Seite Ihrer Ausgabe von Mitte Februar 2007 macht Mr. Butler klar, dass das strukturelle Defizit seiner Meinung nach zu Ende ist. Dies ist ein extrem bedeutendes Ereignis! Davon ausgehend, was ich davor von Mr. Butler gelesen habe, ist dies für mich auch ein unerwartetes Ereignis. Die letzten paar Jahre hindurch machte es den Anschein, als wären die gesamte Verbrauchsrate und die Produktionsraten ziemlich konstant und würden sich nur schwer ändern. Eine Erklärung, wie dieses Defizit reduziert wurde, wäre also hilfreich. Was beendete den Rückgang; und wie entwickelte sich dieser Rückgang zeitlich gesehen? Die Wichtigkeit dieses Ereignisses erfordert eine überlegte und detaillierte Diskussion.

Beste Grüße,
Richard B.


Richard spricht einen wichtigen Punkt. Das Ende des strukturellen Defizits bei Silber, das für mehr als 60 Jahre bestanden hatte, ist ein signifikantes Ereignis und sollte von mir detaillierter und genauer erklärt werden. Schließlich hatte ich vielmals erklärt, dass ein Rohstoff-Defizit (mehr Verbrauch als laufende Produktion) der stärkste bullische Indikator ist und einen Preisanstieg garantiert, um das Defizit letztendlich zu beenden. Ich verstehe, warum man annehmen könnte, dass ich nun sage, das strukturelle Defizit bei Silber, und damit der stärkste bullische Umstand für einen Preisanstieg, wäre zu Ende. Diese Annahme wäre allerdings falsch, da ich etwas ganz anderes ausdrücken will. Bitte lassen Sie mich das erklären.

Wie ich ebenfalls schon früher geschrieben habe, sind Rohstoff-Defizits temporäre Angelegenheiten. Überschüsse (wobei die Produktion den Verbrauch übersteigt und die Lagerbestände wachsen) können für längere Zeiten bestehen, da die Produzenten aufgrund mehrerer Faktoren (wie zum Beispiel Anreize der Regierung um die Beschäftigungszahlen zu erhalten) länger als erwartet unter den Produktionskosten produzieren können. Defizits (wobei der Verbrauch die Produktion übersteigt und zuvor produzierte Lagerbestände aufgebraucht werden) können jedoch nur so lange bestehen, bis die Bestände komplett erschöpft sind. Sobald die Bestände aufgebraucht sind, muss das Defizit enden und allein der Preis muss Verbrauch und Produktion wieder ins Gleichgewicht bringen. Das ist die Grundaussage des Gesetzes von Angebot und Nachfrage und dies ist auch der Punkt, an dem der Preis dramatisch ansteigen kann. Es gibt kein Limit, wie hoch Lagerbestände während einer Überschuss-Periode aufgebaut werden können, aber es gibt ein sehr deutliches Limit dafür, wie weit Lagerbestände während eines Defizits aufgebraucht werden können. Es ist unmöglich, Bestände unter Null zu erreichen.

Einfach ausgedrückt bin ich der Meinung, dass das strukturelle Silber-Defizit der letzten 60 Jahre zu Ende ist, da die jahrtausendelang aufgebauten Bestände, die das lange Bestehen dieses Defizits ermöglichten, nun effektiv aufgebraucht sind. Ich sage also nicht, dass die Welt plötzlich Überschüsse an Silber produziert, sondern dass die verfügbaren Bestände, um ein langfristiges Defizit zu ermöglichen, gerade aufgebraucht wurden.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie ein Rohstoff-Defizit enden kann. Erstens kann der Preis hoch genug steigen bevor die Bestände effektiv erschöpft sind, wodurch die Nachfrage gedrückt und die Produktion angeregt wird, sodass erneut Lagerbestände aufgebaut werden können. Der Preis erreicht sein Hoch kurz vor dem Ende der Bestände, und ein Preistief entsteht beim Höchststand der Bestände. Das ist der normale Kreislauf des Gesetzes von Angebot und Nachfrage, das wir alle verstehen und von dem wir hoffen, dass auch unsere Kinder lernen werden, es zu verstehen.

Aber es gibt noch eine andere Möglichkeit, wie ein Rohstoff-Defizit enden kann. Davon hoffen wir, dass unsere Kinder nie diese Erfahrung machen müssen und dagegen gibt es auch entsprechende Gesetze. Diese zweite Form ist sehr selten und diese Form meine ich auch mit dem Ende des strukturellen Silber-Defizits.

Manchmal kann ein Rohstoff-Bestand erschöpft werden, bevor das Gesetz von Angebot und Nachfrage greifen kann. Diese Erscheinungen sind üblicherweise temporärer und lokaler Natur. Wir haben dies zum Beispiel im Fall eines Hurrikans in Süd-Florida erlebt und werden es vermutlich wieder erleben. Jeder eilt, um Treibstoff, Eis, Batterien und Nahrungsmittel zu kaufen. Die meisten Supermärkte und Tankstellen passen die Preise ihrer Bestände (aufgrund von Preis regelnden Gesetzen und Gütigkeit) nicht an, wobei sie aufgrund der steigenden Nachfrage viel mehr für ihre Güter verlangen könnten. Sie verkaufen einfach alles zum regulären Preis, bis ihnen die Vorräte ausgehen. Dann muss jeder darauf warten, dass die Lager wieder neu gefüllt werden. Dies ist ein klarer Fall einer Untergrabung und temporären Abwandlung des Gesetzes von Angebot und Nachfrage durch ein sehr sichtbares und außergewöhnliches Ereignis - durch ein natürliches Ereignis.

Während diese natürlichen Ereignisse von Zeit zu Zeit in geografisch begrenzten Gebieten auftreten, ist es sehr selten, dass die Bestände eines Rohstoffs erschöpft werden, bevor sein Preis einen Spitzenwert erreicht. Das liegt daran, dass zehntausende Individuen (Produzenten, Verbraucher, Analysten und Investoren) alle wichtigen Rohstoffe dieser Welt beobachten. Es ist schwer vorstellbar, dass alle weltweiten Bestände eines wichtigen Rohstoffs unter all diesen wachsamen Augen erschöpft werden, bevor ein Preishoch erreicht ist. Obwohl dies ein sehr seltenes Ereignis ist, ist es genau das, was ich für den Fall von Silber vermute. Außerdem wäre dies kein Ereignis, das nicht schon einmal stattgefunden hätte.

Bevor ich Ihnen meine Überlegungen zu Silber erläutere, möchte ich Ihnen ein Beispiel für einen wichtigen Rohstoff geben, dessen Bestände lange bevor einem Preishoch erschöpft waren - das Metall Nickel (vergleichen Sie dazu meinen Artikel „Erst Nickel, dann Silber?“). Letzten August waren die Nickelbestände an der London Metal Exchange (LME) in nur 8 Monaten um etwa 90% gefallen, während der Preis um 250% gestiegen war. Mehr als sechs Monate später sind die Bestände gleich hoch (praktisch gleich Null), während der Preis um weitere 50% gestiegen ist. Ein außen stehender Beobachter würde dies betrachten und daraus schließen, dass das Gesetz von Angebot und Nachfrage nicht existierte. Wie ist es nun möglich, dass Nickelpreise in Rekordhöhe die Nachfrage nicht beeinträchtigten und die Produktion nicht förderten, bevor die Bestände erschöpft waren? Wie konnten so viele tausende Produzenten, Verbrauch, Analysten und Investoren nichts von diesem Ereignis wissen? Die Antwort liegt auf der Hand.

Die Antwort ist, dass das Gesetz von Angebot und Nachfrage nur für freie Märkte gilt, nicht aber für kontrollierte oder manipulierte Märkte. Für Nickel bestand ganz klar kein freier Markt. Es ist unmöglich, dass in einem freien Markt die weltweiten Bestände erschöpft werden, bevor der Preis sein Hoch erreicht. Dies kann nur in einem manipulierten Markt geschehen, denn in freien Märkten werden solche Ereignisse erwartet und diskontiert (außer bei plötzlichen und schockenden Ereignissen, die jedoch bei Nickel nicht vorlagen.) Außerdem wurde der ganzen Welt deutlich gemacht, dass Nickel ein manipulierter Markt war, als die LME die Lieferung ihrer Nickelkontrakte aussetzte und die konzentrierten Leerverkäufer von ihrer Lieferverpflichtung befreite. Die Tatsache, dass der Nickelpreis stark gestiegen ist, nachdem die Lagerbestände schon lange aufgebraucht waren, beweist nur, wie stark manipuliert der Nickelmarkt war. Der Lieferausfall war nur die Bestätigung dafür.

Wie steht es mit Silber? Es gibt einige bemerkenswerte Parallelen zwischen Silber und Nickel, sowie auch einige interessante Unterschiede. Beides sind wichtige Industriemetalle, lebenswichtig für eine wachsende Weltwirtschaft. Bei beiden sind die weltweiten Lagerbestände um 90% gefallen, bei Nickel im letzten Jahr und bei Silber in den vergangenen 60 Jahren. Beide waren klar manipuliert, Nickel an der LME und Silber an der COMEX und der CBOT. Es ist genau diese Preismanipulation, die bei beiden zu dramatischen Rückgängen der Lagerbestände geführt hat.


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