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Das Problem ist die Blase, nicht die Nadel

09.03.2020  |  Peter Schiff
Da die Märkte von den bisher schlimmsten Wochen schockiert waren, sind Analysten nun geteilter Meinung darüber, ob Investoren einfach nur überreagieren, wenn es um die Coronavirus-Epidemie geht oder ob wir tatsächlich einer existentiellen Gefahr der Weltwirtschaft gegenüberstehen. Während die meisten Epidemiologen warnen, dass der Virus beinahe unmöglich einzudämmen sein wird, sind die guten Neuigkeiten, dass er vielleicht weniger tödlich sein könnte, als viele andere Krankheiten, mit denen wir jahrelang gelebt haben.

Wenn Panik und Unsicherheit verfliegen, dann könnte der nächste Grippevirus folgen, der die Menschheit saisonal belästigen, doch den Kurs der Weltwirtschaft nicht wesentlich verändern wird. Doch ich möchte hier keine neue biologische Krankheit ansprechen, sondern vielmehr eine alte finanzielle Krankheit, die endlich symptomatisch wird.

Die Wahrheit ist, dass der Dow bei 30.000 nahezu zur Perfektion bepreist und speziell anfällig für etwaige überraschende "Schwarze-Schwan"-Ereignisse war; egal wie bösartig. In diesem Fall ist es nicht die Größe der Nadel, die den Schaden verursacht, sondern vielmehr die Größe der Blase, die von der Nadel zum Platzen gebracht wird.

Bis die Pandemie-Ängste vor einigen Wochen richtig in Fahrt kamen, waren die Investoren größtenteils unbesorgt über die überdimensionalen Zunahmen, die über die vorherigen 14 Monate auftraten. Von einem Tief im Dezember 2018 bis zu einem Hoch im Februar 2020 stieg der Dow um unglaubliche 35%. Obgleich es der Wahrheit entspricht, dass diese Performance nach einem scharfen Selloff im November und Dezember 2018 begann, so ist es wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass diese Abnahmen angesichts der damaligen Situation vollkommen gerechtfertigt waren.

Im Oktober 2018 stiegen die Renditen der 10-Jahresstaatsanleihen über 3%, der höchste Wert innerhalb eines Jahrzehnts. Dies zwang die Investoren dazu, die Kosten von übermäßig gehebelter Unternehmen, Verbrauchern und Regierungen einzubeziehen, teureren Kredit zu handhaben; eine Realität, die jahrelang durch extrem niedrige Zinsen verschleiert wurde. Es war kein Zufall, dass die Abnahme endete, als Investoren dadurch beruhigt wurden, dass die Fed ihre vorherigen Bemühungen einer straffenden Geldpolitik vollständig aufgab.

Seitdem ist der Markt stark nach oben tendiert, von jeder scheinbar positiven Entwicklung angekurbelt. Weitere Taubenhaftigkeit der Fed, in deren Rahmen die Kampagne zur Reduzierung der Bilanz beendet wurde, hunderte Milliarden an die Kreditmärkte flossen und die Zinsen aktiv schneller gesenkt wurden, als die Märkte erwarteten, waren primäre Faktoren. Doch die Märkte erhielten auch durch einige positive (wenn auch kleine) Beschlüsse im Handelskrieg sowie der scheiternden Amtsenthebung der Demokraten, die eine Wiederwahl Trumps 2020 wahrscheinlich macht, Unterstützung. Negative Entwicklungen, wie der Anstieg der Staatsschulden und der zerfallende Welthandel, wurden ignoriert.

Doch der überraschende Coronavirus, wie der Anstieg der langfristigen Zinsen 2018, zwang Investoren dazu, die Risiken zu konfrontieren, die sich die ganze Zeit vor ihrer Nase befanden. Auch wenn sich dieses Virus-Szenario als relativ gutartig herausstellt, so werden die kurzfristigen Auswirkungen für Unternehmen, die zunehmend von weltweiten Lieferketten, Reisen, Tourismus und Transport abhängig sind, sehr schnell zeigen und wahrscheinlich deutliche Konsequenzen für die Quartalszahlen haben. In einem Markt, der bepreist ist, als würde nichts Schlimmes in der Welt passieren, stellen sich diese Fragen als zu viel heraus.

Und es ist nicht, als würden die Märkte gute Nachrichten von anderer Stelle erwarten. Es gibt keine politischen, diplomatischen oder wirtschaftlichen Durchbrüche, die man allzu bald erwarten würde. Erwartungsgemäß könnten viele Investoren annehmen, dass die Fed zur Hilfe eilen wird, wie sie es schon in der Vergangenheit tat. Der aktuelle Konsens, so das Wall Street Journal, lautet, dass die Fed die Zinsen bis zu ihrem März-Treffen um 0,5 senken wird und bis September um weitere 0,25 oder 0,5.

Diese Erwartungen sind vollkommen gerechtfertigt. Seit dem Zusammenbruch 2008 hat die Fed die Marktunruhen immer mit frischen Anreizen beruhigt. Doch keine dieser bisherigen Bemühungen wurde wesentlich rückgängig gemacht und die Aufgabe, erneut Stimuli zu verteilen, wird immer schwieriger. Die Fed hat die Zinsen im vergangenen Jahr bereits dreimal gesenkt, ihre Bilanzreduzierung aufgegeben und in den letzten Monaten aktiv hunderte Milliarden an die Kreditmärkte fließen lassen. Es ist nicht mehr viel Munition übrig.

In seiner Pressekonferenz zum Coronavirus sprang Präsident Trump ebenfalls sehr schnell auf den Stimuli-Zug auf und verlangte praktisch, dass die Fed ihrem Arsenal eine neue Waffe hinzufügt: Negativzinsen. Auch wenn Trump zugab, dass es ein bizarres Konzept sei, für das Aufnehmen von Kredit bezahlt zu werden, so rief er die Fed dazu auf, dies zu tun. Ungeachtet der Tatsache, dass Negativzinsen noch nie dabei geholfen haben, wirtschaftliche Probleme in den Ländern zu beheben, die diese verwendeten.

In den kommenden Wochen erwarte ich, dass Trumps zunehmend pointierte Rhetorik Wirkung zeigen wird und dass die Fed einwilligt und Trump die Zinssenkung gibt, die er haben möchte. Und während die Fed vielleicht niemals negative Nominalzinsen einführen wird, so würde eine Rückkehr auf Null den Dollar sicherlich herabdrücken und vielleicht eine Goldrally auslösen. Es gibt jedoch keinerlei Beweis dafür, dass die Nullzinsen irgendetwas tun würden, um der Wirtschaft zu helfen. Und wenn die Fed tatsächlich in den negativen Bereich eintritt, so sind die Schäden, die eine derartig wahnsinnige Politik verursachen könnte, schwer zu quantifizieren.

Während seiner Pressekonferenz sprach Trump ebenfalls von seiner Idee, dass der Markt-Selloff kein Ergebnis des Virus war, sondern die Reaktion auf die Möglichkeit, dass Bernie Sanders - ein bekennender Sozialist, der politische Maßnahmen verfolgt, die offen feindlich für Unternehmensbesitzer und Investoren sind - der nächste Präsident der USA werden könnte. So unwahrscheinlich dies auch scheint, die Möglichkeit besteht. Tatsächlich könnte es eine sich selbsterfüllende Prophezeiung werden.

Je stärker die Märkte fallen, desto schwächer erscheint die Trump-Wirtschaft und untergräbt sein größtes Überzeugungsargument für eine Wiederwahl. Der Präsident hat sich keinen Gefallen damit getan, konstant den Ruhm für den Aktienmarktanstieg einzuheimsen. Jeglicher weiterer Aktienmarktabschwung erhöht also die Wahrscheinlichkeit, dass Sanders im November gewinnt. Das wiederum drückt die Aktienkurse weiter nach unten und erschafft so einen Teufelskreis, der äußerst hässlich werden könnte.


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