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Die Raptoren

24.05.2007  |  Theodore Butler
Ich möchte von einer tiefgreifend neuen Entwicklung auf dem Silbermarkt berichten. Es ist eine Entwicklung, die schon seit über einem Jahr im Gange ist, aber ich wollte sicher gehen, dass ich nicht voreilig darüber schreibe. Hier meine Schlussfolgerung - gleich zu Anfang. Es gibt einen neuen, triftigen Grund, langfristig im Silbermarkt anzulegen.

Die Datenquellen sind zugänglich und nachprüfbar - sie stehen im Commitment of Traders Report (COT). Dies sind die Daten, unter denen man auch die konzentrierten Positionen der größten Händler findet. Wie die Stammleser wissen werden, betrachte ich den COT als wichtiges Analysewerkzeug. Er ist, aus Gründen der Pünktlichkeit und der Objektivität, für mich unerlässlich. Den Berichten können sie entnehmen, wer long und wer short am Markt ist. Zusammen mit den realen Fundamentaldaten für Angebot und Nachfrage, gibt kaum eine bessere Datenquelle für Investitionsentscheidungen.

Wann immer ich über den COT geschrieben habe, war mein zentrales Thema das Zusammenspiel von Trading Funds und den Händlern, da dieses die kurz- bis mittelfristige Preisentwicklung bestimmt. Der Grund hierfür sind die enormen Mengen Silber, um die es sich dreht - auch wenn es nur Papierkontrakte sind und nicht physisches Metall (Gold eingeschlossen).

Einfach gesagt: Wenn die technisch orientierten Fonds extrem long sind und die Händler extrem short, dann liegen die Preise im Allgemeinen hoch und werden wahrscheinlich fallen. Umgekehrt, wenn die technisch orientierten Fonds nicht übermäßig long sind und die Händler nicht übermäßig short, dann konnte am Markt ohne größere Risiken gekauft werden. Da weder Indikatoren noch Analysten perfekte Interpretationen liefern, sind die Genauigkeit und die Erfolgsquote des COT bisher bemerkenswert gewesen.

Es wäre schön, könnte man - beim Interpretieren des COT - die Hochs und Tiefs mit der jeweiligen Anzahl der von technisch orientierten Fonds sowie Händlern gehaltenen Kontrakte versehen. Leider ist die Interpretation des COT ein fortlaufender Prozess und nicht statisch. Wie alle anderen Dinge verändern sich auch Marktstrukturen. Daher muss sich die Interpretation verändern und anpassen. Die COTs sind immer richtig - die Interpretation steht auf einem anderen Blatt.

In der Vergangenheit (in vielen Märkten noch bis zum heutigen Tag) war es die quasi untrennbare Einheit von technisch orientierten Fonds und Händlern, die sich untereinander bekämpften. Ich meine damit, dass die Tech-Fonds von der einen Seite aus agieren und die Händler von der anderen. Die Tech-Fonds sind einfach zu verstehen, da sie alle an spezifischen Preispunkten kaufen und verkaufen, die wiederum durch die gleitenden Durchschnitte bestimmt sind. Ich habe sie auch schon die "Hirntoten" genannt, da bei ihren Handelsaktivitäten keine Spur von Nachdenken benötigt wurde: Wenn die Preise stiegen, dann kauften sie. Wenn die Preise fielen, dann verkauften sie. Da sie dieselben Sachen zur selben Zeit taten, hatte dies große Auswirkungen auf die Preise. Ich halte das für Manipulation. Vielleicht war es nicht beabsichtigt, aber Manipulation bleibt es dennoch.

Auch die Händler agierten als eine zusammenhängende Einheit, indem sie das Pendant zu den auf der anderen Seite ver- und ankaufenden Tech-Fonds bildeten. Die Händler konnte man allerdings nicht als "hirntot" bezeichnen. Sie wussten, was sie taten. Ich habe sie auch die Silbermanager oder das Silber-Wolfsrudel genannt, da sie den Silberpreis (als auch den Goldpreis) managten und Jagd auf die Tech-Fonds machten. Der manipulative Effekt auf den Silberpreis war überaus gewollt. Nur die CFTC konnte diese Manipulation nicht erkennen (oder sie wollen es nicht).

Aber die Dinge haben sich geändert. Nach den vielen Jahren, in denen das Wolfsrudel von Händlern nun schon die Tech-Fond-Herde ausmerzt, stellt man einen dramatischen Rückgang des Herdenbestands fest. Dies gilt besonders für John W. Henry (www.jwh.com). Er ist meiner Meinung nach der größte technisch orientierten Fonds und kann als Leithammel der Herde gelten. Sein aktiv gemanagtes Anlagevermögen fiel um 60% gegenüber seinem Höchststand von vor zwei Jahren. Dies verursachte eine Verminderung der Größe der eingenommenen Positionen in verschieden Märkten - einschließlich Gold und Silber. Diese Verminderung hatte auch eine Schmälerung der Profite auf Seiten der Händler zu Folge. Es sind diese Verminderungen des Anlagevermögens und der Größe der Positionen, die im Zentrum der tiefgreifenden Veränderungen stehen, die ich im Silbersektor beobachte.

Seit ungefähr einem Jahr diskutieren wir - einige Kollegen und ich - über die COT-Struktur und den Silbermarkt, als redeten wir über den Jurassic Park (nach einem Roman von Michael Crichton, der von Dinosauriern handelt und der von Steven Spielberg verfilmt wurde). Zwei Spezies gilt meine besondere Aufmerksamkeit - dem Tyrannosaurus Rex und den Velociraptoren - dem T-Rex, da er der Tyrann war und den Raubvögeln, den Raptoren, da sie, obwohl viel kleiner, aufgrund ihrer Geschwindigkeit, Intelligenz und Gruppendisziplin auch viel gefürchteter waren. Ich nehme an, wenn sie von einem Dinosaurier gefressen werden, ist es egal, welche Spezies sie gefressen hat. Aber im Film kamen diese Raptoren einfach aus dem Nichts - was sie noch heimtückischer machte.

Ich zähle die Händler der größten konzentrierten Silber-Short-Positionen sowie die Goldhändler an der COMEX (entweder die 4 größten oder darunter oder aber die 8 größten oder darunter) in die Kategorie T-Rex. Die übrig bleibenden Commercial Traders (die 9+) kommen in die Kategorie der Raptoren. Insgesamt gibt es 25 Raptoren. Die Tech-Fonds sind deren pflanzenfressende Nahrungsgrundlage. Jedes Mal, wenn ein neuer COT-Bericht erscheint, schaue ich (zusätzlich zur Analyse der Aktivitäten der technisch orientierten Fonds als Gruppe) auf das, was die Raptoren gemacht haben. Ich tue das, da die Raptoren die fürchterliche Fähigkeit besitzen, die Preisbewegung vorherzusagen und zu beeinflussen. Sie lagen damit in der Tat noch nie falsch. Im Verlauf des letzten Jahres waren sie long, wenn sich der Markt im Tief befand und short, wenn er sein Hoch hatte.





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