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Das Gift beginnt zu wirken

10.06.2007  |  Manfred Gburek
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Denn dieses erstreckt sich weltweit über alle gängigen Anlagekategorien. Derivate sind von Basiswerten (Aktien, Anleihen, Zinsen, Edelmetalle, Rohstoffe, Devisen, Indizes usw.) abgeleitete Finanzprodukte, zum Beispiel Terminkontrakte, Optionen, Optionsscheine, Swaps (Tauschprodukte), Zertifikate u.a. Mit ihnen lassen sich, je nach Einsatz, im Idealfall Risiken minimieren - im schlimmsten Fall aber leider auch große Vermögen in kürzester Zeit vernichten. Es handelt sich quasi um Mathematik pur. Stimmt eine Gleichung nicht mehr, können Kurzschlussreaktionen an den Märkten das ganze mathematische Gebäude zum Einsturz bringen.

Banken und Sparkassen verdienen, seit die von ihnen selbst gegründeten Direktbanken an den Provisionen nagen, immer weniger am Direktgeschäft ihrer Kunden mit Aktien, stattdessen umso mehr am Geschäft mit Fonds und zuletzt zunehmend mit Zertifikaten. Denn die Konditionen von Fonds und Zertifikaten können sie selbst so festlegen, dass für sie mehr herausspringt als im Direktgeschäft. Also legen sie ihren Kunden nahe, zur Anlage generell, zur Risikostreuung und sogar zur Altersvorsorge Fonds und Zertifikate zu kaufen. Die Folgen sind zum Teil absurd: Fondsmanager werden umso mehr zu Gefangenen ihrer Portfolios, je größer diese werden und je intensiver sie auf lukrative Nebenmärkte konzentriert sind; das heißt, bei jeder Verkaufswelle drohen sie den Abwärtstrend durch eigene Verkäufe zu verstärken. Wie Zertifikate im Detail funktionieren, wissen inzwischen die wenigsten Kunden; dennoch kaufen sie sie auf Empfehlung ihrer Institute, als gelte es, die Welt zu erobern. Beispiele für Derivate aus dem Zertifikate-Magazin der Deutschen Bank vom Juni 2007: Anlagen in Marokko, Ägypten, Kasachstan, Pakistan und Vietnam. Schlimm an dem Derivate- und speziell Zertifikaterummel ist, dass sogar Wirtschafts- und Tageszeitungen ihre Kursteile - gegen Geld, versteht sich - zu Lasten der Aktienkurse immer mehr mit den Preisen von Zertifikaten spicken.

Die Gefahr, die von prozyklisch ihre Aktien verkaufenden Fondsmanagern und von wenig transparenten unverständlichen Derivaten ausgeht, ist nicht zu unterschätzen. Denn im schlimmsten Fall droht diese Abfolge: Anleger liquidieren Fondsanteile. Daraufhin müssen Fondsmanager einen Teil ihrer Aktien verkaufen, um liquide zu bleiben. Das führt zu ersten negativen Reaktionen an den Derivatemärkten. Die davon ausgehende Nervosität erfasst weitere Anleger und Fondsmanager. Hedgefonds und Private Equity-Firmen müssen wegen der gesunkenen Beleihungswerte ihrer Anlagen und/oder wegen der offenbar werdenden Fehlspekulation ihre Kredite zurückführen; das können sie, indem sie entweder einen Teil ihrer Anlagen liquidieren oder die Kredite neu verhandeln. In der Folge kommt es zu einer weiteren Liquidationswelle, an deren Ende die Derivate-Mathematik wegen nicht mehr stimmender Gleichungen eine Panik auslöst. Denkbar ist sogar, dass dann die Börsen für kurze Zeit geschlossen werden müssen. Nur wer dann über genug Liquidität verfügt, kann günstig einkaufen.

In diesem Zusammenhang noch einige Anmerkungen zum Gold: Das Metall selbst dürfte - ebenso wie die Minenaktien und -fonds, Edelmetallzertifikate und sonstigen Derivate - so lange von der Liquidationswelle mit betroffen sein, wie die Mehrheit der Goldanleger auch zu Verkäufen des Edelmetalls, der Minenaktien usw. gezwungen sein wird, um liquide zu bleiben. Kommen wir dazu jedoch gleich auf den Ausgangspunkt meiner heutigen Überlegungen zurück, nämlich die Zinspolitik der Zentralbanken: Sobald diese zur Vermeidung einer neuen Weltwirtschaftskrise frisches Geld im Zweifel aus Helikoptern werfen werden (um eine Metapher von Fed-Chef Ben Bernanke aufzugreifen), wird es erst zu einer scharfen Aufwärtsreaktion der Anleihen- und Aktienkurse, der Edelmetallpreise und Minenkurse kommen. Danach dürften Gold und Silber in absehbarer Zeit ihre Höchstpreise aus dem Jahr 1980 allein schon deshalb überschreiten, weil die Helikopter-Geldpolitik sie auf Dauer am meisten begünstigen wird.

P.S. Mein Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (ISBN: 978-3-00-021439-4) ist - streik- und technikbedingt - mit leichter Verzögerung vom Donnerstag, 14. Juni, an lieferbar. Es kann direkt über den Litera-Tour Verlag, jeder anderen Buchhandlung oder über den Buchshop erworben werden.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu




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