Der Kupfer-Bullenmarkt (2)
12.06.2007 | Scott Wright
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Ich erwartete also gespannt, wie diese Parabel sich nun nach unten auswirken würde. Zu meiner großen Freude und als Beweis für die anhaltende fundamentale Stärke von Kupfer war die Korrektur nicht so schlimm wie viele es vorhergesagt hatten. Nach einer anfänglichen Korrektur um 24% in nur 15 Handelstagen nach seinem Hoch im Mai konsolidierte Kupfer in einer Art Keil, der sich am oberen Ende der steilen Parabel hielt.Kupfer verblieb während des vierten Quartals 2006 und auch in den ersten paar Monaten dieses Jahres über 3,00 $, während sich die Fundamentaldaten in die entgegengesetzte Richtung entwickelten. Kupfer brach letztendlich nach unten aus seinem Keil aus, als sich die LME-Lagerbestände in einem starken Anstieg verdoppelten. Durch diesen Aufbau von Lagerbeständen wurde ein Teil des zuvor erwähnten Risikoaufschlags wieder abgebaut, was zu einem Rückgang des Kupferpreises auf ein Niveau von etwa 2,50 $ führte.
Nachdem im Anschluss an die Parabel 41% ihres Spitzenwertes eingebüßt waren, steuerten die Fundamentaldaten den Kupferpreis einmal mehr nach oben und große Rückgänge in den Lagerbeständen lösten eine neuerliche Rallye um 57% aus. Jetzt, wo Kupfer etwas unter seinen letzten Hochs handelt, wird es sicherlich interessant, welches Trading-Muster sich bei diesen immer noch historisch hohen Preisen als nächstes entwickelt und wie die Fundamentaldaten den Preis weiter steuern werden.
Ich erwarte, dass die Höhe der Lagerbestände auch weiterhin einen starken und unmittelbaren Einfluss auf die Preise haben wird. Nur wenige Anlagen und auch nur wenige Rohstoffe haben derart messbare Fundamentaldaten wie Kupfer und die anderen wichtigen Basismetalle. Mit immer noch historisch niedrigen, abgebauten Lagerbeständen wird der Risikoaufschlag auf den Preis weiterhin steigen und fallen während die Nachfrage die Lagerbestände anwachsen und wieder zurückgehen lässt.
Die starke Nachfrage, die den größten Einfluss auf den Kupfermarkt hat, kommt von asiatischen Verbrauchern, insbesondere aus China. 2006 war China für etwa 20% des weltweiten Kupferverbrauchs verantwortlich. Wenn also die chinesische Nachfrage nach Kupfer steigt oder fällt, reagiert der Markt.
Interessanterweise kann der Aufbau von LME-Lagerbeständen gegen Ende des letzten Jahres und Anfang dieses Jahres mit dem Verhalten Chinas auf dem Kupfermarkt in Verbindung gebracht werden. Im 4. Quartal befand sich China offenbar in einer Mission zum Abbau der Lagerbestände, in der staatliche und private Kupferbestände ohne entsprechende Wiederauffüllung erschöpft wurden.
Ohne die übliche Nachfrage nach riesigen Kupfer-Importen aus China wuchsen die weltweiten Lagerbestände an und die Preise sanken. Letztendlich wird China aber seine Kupferbestände wieder erneuern müssen und wir können davon ausgehen, dass dies im 1. Quartal begann, als die weltweiten Lagerbestände einbrachen und die Preise anstiegen. Dies wurde durch einen Artikel von Interfax-China offensichtlich, indem herauskam, dass die chinesischen Kupferimporte in den ersten vier Monaten dieses Jahres laut einem Bericht der Zollbehörde gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 130% gestiegen waren.
Chinas Verhalten kann sicherlich einen großen Einfluss auf die weltweiten Kupfermärkte haben und sein zweistelliges Wirtschaftswachstum wird dieses riesige Nation, die sich weiter industrialisiert und modernisiert, auch in Zukunft zu einem wichtigen Player machen. Aber auch wenn China für einen großen Teil der Nachfrage steht, müssen wir immer einen Blick darauf haben, welche Rolle der Rest der Welt für die Fundamentaldaten von Kupfer spielt.
Viele andere aufstrebende Volkswirtschaften fragen jetzt und wohl auch in Zukunft sehr viel Kupfer nach. Ich glaube, dass das Angebot für viele weitere Jahre knapp bleiben wird, was zu einem anhaltend hohen Kupferpreis führen sollte. Ein kürzlich veröffentlichter ICSG-Bericht, der Prognosen für 2007 und 2008 abgibt, beinhaltet allerdings einige sehr interessante Neuigkeiten über die nähere Zukunft von Kupfer.
Nach einem dreijährigen Defizit an verarbeitetem Kupfer berichtete die ICSG, dass das Jahr 2006 schließlich mit einem Überschuss auf dem Kupfermarkt endete. Auch die Prognosen für 2007 und 2008 deuteten auf weitere Überschüsse hin. Als Teil ihrer Kalkulationen berichtete die ICSG über geringe Minenproduktion von Kupfer im letzten Jahr aufgrund verschiedener weltweiter Produktionsprobleme und prognostiziert für 2007 und 2008 einen Anstieg der Minenproduktion um etwa 6% beziehungsweise 7%.
Diese Informationen erscheinen nun auf den ersten Blick nicht sehr bullisch. Aber hier müssen wir noch einmal auf China zurückkommen. Ein Faktor ist, dass die ICSG jegliche Änderungen in den staatlichen Beständen Chinas (China’s State Reserves Bureau SRB) nicht in Betracht zieht. Da über die Bestände der SRB nicht berichtet wird, kann die ICSG eventuelle Aktivitäten dieser Behörde nicht in ihre offizielle Kalkulation aufnehmen.
Die ICSG ist tatsächlich ein respektiertes, internationales Konsortium von Kupferexperten und die Informationen, die von ihr zur Verfügung gestellt werden, sind wertvoll und einflussreich. Dennoch ist es wichtig, ihre Prognosen objektiv zu betrachten. Der Kupfer-Überschuss, den die ICSG für das letzte Jahr berechnete, ergibt zusammen mit den prognostizierten Überschüssen für die nächsten paar Jahre insgesamt etwa 1 Million Tonnen. Diese Menge ist für diesen Zeithorizont trivial, da allein die Fluktuation und der implizierte Verbrauch aus den Beständen der SRB diese Zahlen leicht wettmachen oder sogar ins Negative bringen könnte.
Es ist verständlich, warum die ICSG keine Schätzungen über Daten anstellen kann, die China selbst nicht zur Verfügung stellt. Allerdings ist es wichtig, verschiedene Variable einzubeziehen, um ein strategisches Bild des knappen Kupfermarktes zu bekommen. Leider verwenden die meisten Kupfer-Skeptiker diese Information zur Bestätigung ihrer Einstellung, ohne weitere Untersuchungen anzustellen. Aber auch anhand der sehr konservativen Prognosen aus den ICSG-Berichten ist es für mich noch ziemlich offensichtlich, dass wir von einem ökonomischen Gleichgewicht bei Kupfer noch weit entfernt sind.