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Saisonale Trends im Gold-Bullenmarkt 2

20.07.2007  |  Adam Hamilton
Investment und Spekulation sind letztendlich die größten Spiele mit Wahrscheinlichkeiten, die es gibt. Trader leben in einem Bereich ständiger Unsicherheit, in der Kapital heute investiert werden muss, lange bevor die ungewisse Zukunft eintritt. Um die Erfolgswahrscheinlichkeit jeglicher Trades zu erhöhen, sollten Trader nur dann investieren, wenn die Wahrscheinlichkeit stark für sie spricht.

Es ist also keine Überraschung, dass praktisch jede Form der Finanzmarkt-Analyse dazu dient, unser Verständnis der Wahrscheinlichkeiten, die den Entwicklungen an den Märkten zugrunde liegen, besser zu verstehen. Die ganze Reihe der Untersuchungsansätze von fundamentalen bis technischen Analysen sowie Analysen der Marktstimmung läuft letztlich darauf hinaus, die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Kaufs oder eines Verkaufs festzustellen.

Außerhalb von Futures gibt es ein bestimmtes technisches Tool, um unser Verständnis der Wahrscheinlichkeiten zu verfeinern, das weitgehend ignoriert wird. Dieses Tool ist bekannt als Saisonalität. Saisonalität ist die Tendenz eines Preises oder Kurses, zu verschiedenen Zeiten während des Kalenderjahres zu steigen oder zu fallen. Dieses Konzept entstand naturgemäß im Bereich der Rohstoffe, wo saisonale Effekte große Unterschiede in taktischen Trends bewirken können.

Das klassische Beispiel für saisonale Unterschiede sind landwirtschaftliche Produkte wie Weizen. Der Sommer ist natürlich die wichtigste Zeit für die Produktion von Weizen. Der Großteil des Weizens, der auf den Markt kommt, ist also um die Erntezeit am Ende des Sommers verfügbar. Dadurch, dass das Weizenangebot üblicherweise kurz nach der Erntezeit seinen Höchststand erreicht, gehen die Preise bis zu diesem Zeitpunkt tendenziell nach unten, da das temporäre Überangebot schon erwartet wird. Trader dieses Rohstoffs wissen dies und handeln entsprechend.

Saisonalität gibt es aber nicht nur bei landwirtschaftlichen Rohstoffen, die von überirdischen Kräften wie dem Wetter beeinflusst werden. Vielmehr gibt es sie, üblicherweise in raffinierteren Formen, in allen Bereichen. Denken Sie zum Beispiel an die generellen Aktienmärkte. Die Trading-Aktivitäten nehmen üblicherweise im Sommer ab, wenn die Trader Urlaub machen, sodass die Aktienmärkte über den Sommer generell schwächer sind als im Winter, wenn jeder sie aufmerksam verfolgt.

Saisonalität gibt es auch bei Gold. Es gibt Zeiten im Kalenderjahr, zu denen Gold sich tendenziell gut entwickelt, und Zeiten, in denen es eben nicht so ist. Obwohl es viele verschiedene Gründe für dieses weltweite Phänomen gibt, muss die indische Hochzeits-Saison wohl das berühmteste Beispiel für die Saisonalität von Gold sein.

Die Inder pflegen eine tiefe kulturelle Affinität zu Gold, sodass die indischen Bauern im Herbst die Einnahmen aus ihrer Ernte gerne in Gold investieren. Noch mehr Gold wird aber für die indischen Hochzeiten gekauft, die später im Jahr, während Festen im Oktober und November stattfinden. Etwa 40% der jährlichen Gold-Nachfrage in Indien tritt in diesem kurzen Zeitraum auf. Hochzeits-Gold findet man oft in Form von aufwändigem 22-karatigem Schmuck, den die Braut von ihren Eltern erhält, um ihre finanzielle Zukunft zu sichern und ihre finanzielle Unabhängigkeit innerhalb der Familie ihres Mannes zu gewährleisten.

Genauso wie die Trader von Weizen die Saisonalität dieses Getreides für ihre Trading-Entscheidungen nutzen, können auch Gold- und sogar Goldaktien-Trader die Saisonalität von Gold für sich nutzen. Gold hat definierte saisonale Tendenzen zu verschiedenen Zeiten während des Kalenderjahres, aufgrund deren Investoren und Spekulanten besser verstehen können, wann die Erfolgswahrscheinlichkeit für neue Trades wie hoch ist.

Für meine eigene Analyse von saisonalen Trends bevorzuge einen anderen Ansatz als den klassischen Weg, auf dem die Saisonalität in der Welt der Futures analysiert wird. Sehr lange Zeithorizonte, oft 15 bis 40 Jahre an Daten über Preisentwicklungen, werden herangezogen, um einen typischen Saisonalitäts-Chart für Futures zu erstellen. Dieser Zugang ist vernünftig und hat große Vorteile. Durch die Betrachtung der Saisonalität durch Zeiten von Bullen- und Bärenmärkten gleichermaßen werden säkulare Trends zum Großteil ausgefiltert. Dies führt zur reinsten Form langfristiger Saisonalität, die durch alle Marktgegebenheiten hindurch Bestand hat.

Dieser klassische Zugang hat aber auch seine Grenzen. Preise verhalten sich während säkularen Bullenmärkten sehr viel anders als in säkularen Bärenmärkten. Da ich Gold und Goldaktien während des aktuellen Bullenmarktes handeln will, interessiere ich mich auch hauptsächlich für die saisonalen Unterschiede im Verlauf genau dieses Bullenmarktes. Obwohl durch diese relativ kurzsichtige Perspektive die Saisonalität verwässert, indem sie sie mit dem vorliegenden säkularen Trend überlagert, sollten diese hybriden saisonalen Trends doch viel repräsentativer dafür sein, was wir in diesem Bullenmarkt saisonal erwarten können.

Daher auch der Titel dieser Abhandlung, die sich anstatt der üblichen ultra-langfristigen saisonalen Trends nur mit den saisonalen Trends dieses speziellen Bullenmarktes beschäftigt. Unser aktueller Gold-Bullenmarkt entstand aus tiefen säkularen Tiefs von Ende 2000 und Anfang 2001. Dieser hybride Zugang zu saisonalen Gold-Trends beinhaltet also jeden Handelstag für Gold von Jänner 2000 bis Juni 2007, also den gesamten Zeitraum dieser bisherigen Gold-Hausse. Er veranschaulicht damit wirklich die einzigartigen saisonalen Trends von Gold in seinem Bullenmarkt.

Das Konzept zur Kalkulation dieses ersten Charts ist einfach. Für jedes Kalenderjahr wird der tägliche Goldpreis ausgehend vom ersten Handelstag des entsprechenden Jahres dargestellt, wobei der Wert an diesem ersten Handelstag auf 100 festgelegt wurde. Danach wird für diese jährlich erstellten Ergebnisse für jeden einzelnen Tag der Durchschnitt aus den verschiedenen Jahren errechnet. Das Ergebnis zeigt die relative tendenzielle Performance von Gold in einem durchschnittlichen Jahr seines Bullenmarktes. Das ist eine ziemlich interessante Beobachtung.

Zusätzlich zu diesen blau eingezeichneten, saisonalen Trends des Gold-Bullenmarktes habe ich auch noch eine Standardabweichung darüber und darunter in gelb eingezeichnet. Da diese Standardabweichungen zum Großteil nicht innerhalb der Grenzen des grundsätzlichen Charts liegen, ist ein zusätzlicher Chart mit denselben vertikalen Intervallen eingefügt, um den gesamten Bereich dieser Bänder zu zeigen. Der Abstand zwischen diesen Bändern ist wichtig für die Interpretation der saisonalen Trends, ich werde etwas weiter unten darauf eingehen.




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