Fallout mit Viruscharakter
13.08.2007 | Robert Rethfeld
Für die meisten Investoren ist die aktuelle Situation an den Finanzmärkten aus eigener Erfahrung nicht zu bewerten. 2000 kam es zu keiner Bankenkrise, 1998 fiel lediglich ein großer Hedge Fonds (LTCM) der Krise zum Opfer, auch in den Rezessionen der 80er Jahre kam es zu keiner Kreditklemme. Man muss bis in die Jahre 1973/74 zurückschauen, um eine ähnliche Situation wie aktuell zu finden. Auch damals fielen die Häuserpreise. Die Liquiditätskrise kulminierte in Deutschland im Juni 1974 mit dem Zusammenbruch der Herstatt-Bank. Allerdings gab es damals keine Finanzinstrumente wie CDOs, ABS, CDX. Der Markt für Optionsscheine bildete sich gerade und Hedge Fonds waren nahezu unbekannt.
Der „Fallout“ der so genannten "Sicherungsinstrumente" verbreitet sich derzeit rasend schnell wie ein Computervirus um die Welt. Sogar die als Equivalent zu Cash angeseh-enen langweiligen Geldmarktfonds scheinen von diesem Virus verseucht zu sein. Ein Analyst schrieb mir dieser Tage, dass er trotz intensiver Recherche nicht in der Lage war, einen in Deutschland zugelassenen Geldmarktfonds zu finden, der zu 100 Prozent in erstklassigen Staatsanleihen anlegt. Seiner Meinung nach enthalten alle Geldmarktfonds zwischen 4 und 25 Prozent ABS-Papiere und einige noch erheblich mehr. Das Wall Street Journal berichtete in der vergangenen Woche über den Umstand, dass Geldmarktfonds „mortgage backed securities“ enthalten.
Und ausgerechnet in diese Fonds fliehen die Anleger. Laut AMG-Data flossen in der vorletzten Woche 36,23 Mrd. US-Dollar in US-Geldmarktfonds, so viel wie noch niemals zuvor (schwarzer Pfeil).
Das frühe Eingreifen der Zentralbanken mittels Kreditspritzen wirft Fragen auf. Wie kann es sein, dass ein solcher Eingriff bereits erfolgen muss, obwohl der DAX gerade einmal 10 Prozent vom Top gefallen ist und der Dow Jones Index erst gut 5 Prozent verloren hat? Auch nach intensiven Recherchen kann ich keine Situation finden, in der die Zentral-banken weltweit und koordiniert in einer derart frühen Phase einer Abwärtsbewegung in die Märkte so massiv eingegriffen haben. Wir erinnern uns: Noch am Dienstag hatte die US-Fed den Leitzins unverändert gelassen und dabei die Inflationsrisiken betont. Ist es vorstellbar, dass die US-Fed von den Ereignissen am Donnerstag und Freitag überrollt wurde? War sich auch die EZB sich der Schärfe des Problems vorab nicht bewusst? Offensichtlich nicht, oder hätte Trichet sonst eine Zinserhöhung für das nächste Meeting angekündigt? Für die USA preisen die Märkte jetzt eine Zinssenkung beim nächsten Meeting im September zu 100 Prozent ein.
All das, was bisher an die Öffentlichkeit gedrungen ist, spiegelt nicht wider, was derzeit bei Banken und Brokern los ist. Dort wird jeder Stein nach "Viren" umgedreht. Während die Bafin bei deutschen Instituten „herumstochert“, hat es sich die amerikanische Börsenaufsicht SEC zur Aufgabe gemacht, die großen Broker und Banken der USA nach faulen Papieren zu durchleuchten. Das Ergebnis dieser Untersuchung dürfte der eigentliche Lackmus-Test für die Finanzbranche sein. Außer Bear Stearns hat noch kein großer Broker zugegeben, Verluste in größerem Ausmaß aus faulen Krediten erlitten zu haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SEC Öl ins Feuer gießen möchte. Auch wenn es sich herausstellen sollte, dass Goldman Sachs, Merrill Lnych und Co. in ihrer Substanz gefährdet sein würden, würde die SEC so etwas nicht nach außen geben. Nur die offensichtlichen Dinge würden bekannt gegeben.
Was bedeutet dies für die Märkte? Unsere Indikatoren befanden sich Anfang vergangener Woche "am Anschlag". Sie waren absolut überverkauft und bildeten teilweise untere Extrema aus, für die historisch betrachtet keine vergleichbaren Daten existieren. Der zwischenzeitliche Anstieg linderte die überverkaufte Situation. Worauf wir jetzt bei einer Fortsetzung der Abwärtsbewegung an den Aktienmärkten achten, ist die Ausbildung positiver Divergenzen in unseren Indikatoren. Dann wäre der Weg für eine zwischen-zeitliche Markterholung frei.
Solange die Finanzkrise nicht in eine Phase wirtschaftlichen Abschwungs in den USA einmündet, besitzen die Zentralbanken wahrscheinlich das Vermögen, einen größeren "Meltdown" zu verhindern. Doch sobald offensichtlich werden sollte, dass die Finanzkrise eine US-Rezession getriggert hat, dürften die Zentralbanken nicht mehr in der Lage sein, die dann in Bewegung geratende Abwärtsspirale aus Gewinneinbrüchen und Arbeitsplatzverlusten aufzuhalten.
© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de
P.S.: Wir schauen hinter die Märkte und betrachten diese mit exklusiven Charts! Wir veröffentlichen morgens gegen zwischen 7.30 und 8.00 Uhr eine tägliche Kolumne zum aktuellen Geschehen unter www.wellenreiter-invest.de, die als 14-tägiges Schnupperabo kostenlos getestet werden kann.
Der „Fallout“ der so genannten "Sicherungsinstrumente" verbreitet sich derzeit rasend schnell wie ein Computervirus um die Welt. Sogar die als Equivalent zu Cash angeseh-enen langweiligen Geldmarktfonds scheinen von diesem Virus verseucht zu sein. Ein Analyst schrieb mir dieser Tage, dass er trotz intensiver Recherche nicht in der Lage war, einen in Deutschland zugelassenen Geldmarktfonds zu finden, der zu 100 Prozent in erstklassigen Staatsanleihen anlegt. Seiner Meinung nach enthalten alle Geldmarktfonds zwischen 4 und 25 Prozent ABS-Papiere und einige noch erheblich mehr. Das Wall Street Journal berichtete in der vergangenen Woche über den Umstand, dass Geldmarktfonds „mortgage backed securities“ enthalten.
Und ausgerechnet in diese Fonds fliehen die Anleger. Laut AMG-Data flossen in der vorletzten Woche 36,23 Mrd. US-Dollar in US-Geldmarktfonds, so viel wie noch niemals zuvor (schwarzer Pfeil).
Das frühe Eingreifen der Zentralbanken mittels Kreditspritzen wirft Fragen auf. Wie kann es sein, dass ein solcher Eingriff bereits erfolgen muss, obwohl der DAX gerade einmal 10 Prozent vom Top gefallen ist und der Dow Jones Index erst gut 5 Prozent verloren hat? Auch nach intensiven Recherchen kann ich keine Situation finden, in der die Zentral-banken weltweit und koordiniert in einer derart frühen Phase einer Abwärtsbewegung in die Märkte so massiv eingegriffen haben. Wir erinnern uns: Noch am Dienstag hatte die US-Fed den Leitzins unverändert gelassen und dabei die Inflationsrisiken betont. Ist es vorstellbar, dass die US-Fed von den Ereignissen am Donnerstag und Freitag überrollt wurde? War sich auch die EZB sich der Schärfe des Problems vorab nicht bewusst? Offensichtlich nicht, oder hätte Trichet sonst eine Zinserhöhung für das nächste Meeting angekündigt? Für die USA preisen die Märkte jetzt eine Zinssenkung beim nächsten Meeting im September zu 100 Prozent ein.
All das, was bisher an die Öffentlichkeit gedrungen ist, spiegelt nicht wider, was derzeit bei Banken und Brokern los ist. Dort wird jeder Stein nach "Viren" umgedreht. Während die Bafin bei deutschen Instituten „herumstochert“, hat es sich die amerikanische Börsenaufsicht SEC zur Aufgabe gemacht, die großen Broker und Banken der USA nach faulen Papieren zu durchleuchten. Das Ergebnis dieser Untersuchung dürfte der eigentliche Lackmus-Test für die Finanzbranche sein. Außer Bear Stearns hat noch kein großer Broker zugegeben, Verluste in größerem Ausmaß aus faulen Krediten erlitten zu haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die SEC Öl ins Feuer gießen möchte. Auch wenn es sich herausstellen sollte, dass Goldman Sachs, Merrill Lnych und Co. in ihrer Substanz gefährdet sein würden, würde die SEC so etwas nicht nach außen geben. Nur die offensichtlichen Dinge würden bekannt gegeben.
Was bedeutet dies für die Märkte? Unsere Indikatoren befanden sich Anfang vergangener Woche "am Anschlag". Sie waren absolut überverkauft und bildeten teilweise untere Extrema aus, für die historisch betrachtet keine vergleichbaren Daten existieren. Der zwischenzeitliche Anstieg linderte die überverkaufte Situation. Worauf wir jetzt bei einer Fortsetzung der Abwärtsbewegung an den Aktienmärkten achten, ist die Ausbildung positiver Divergenzen in unseren Indikatoren. Dann wäre der Weg für eine zwischen-zeitliche Markterholung frei.
Solange die Finanzkrise nicht in eine Phase wirtschaftlichen Abschwungs in den USA einmündet, besitzen die Zentralbanken wahrscheinlich das Vermögen, einen größeren "Meltdown" zu verhindern. Doch sobald offensichtlich werden sollte, dass die Finanzkrise eine US-Rezession getriggert hat, dürften die Zentralbanken nicht mehr in der Lage sein, die dann in Bewegung geratende Abwärtsspirale aus Gewinneinbrüchen und Arbeitsplatzverlusten aufzuhalten.
© Robert Rethfeld
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P.S.: Wir schauen hinter die Märkte und betrachten diese mit exklusiven Charts! Wir veröffentlichen morgens gegen zwischen 7.30 und 8.00 Uhr eine tägliche Kolumne zum aktuellen Geschehen unter www.wellenreiter-invest.de, die als 14-tägiges Schnupperabo kostenlos getestet werden kann.