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Kryptoverbot, Stromausfälle, Kohlemangel, Immocrash? Was läuft da in China?

02.10.2021  |  Sascha Opel
Während sich die Aktienmärkte in den letzten Wochen an der FED und ihrem potenziell nun bald beginnenden Tapering aufgerieben haben, wird das Geschehen in China rund um den fallenden Immobilienentwickler Evergrande dezent beiseite geschoben. Was juckt mich, wenn in China ein Reissack (oder ein Immobilienentwickler) umfällt? Nun, eventuell sollte es doch mehr jucken, als auch wir bis vor Kurzem geglaubt hatten.

Denn wie uns ein Bekannter, der seit 10 Jahren in China lebt, berichtet, könnte Evergrande nur die Spitze eines Eisberges gewesen sein. Wie wir alle wissen, ist China ein zentralistisch-kommunistischer und vor allem auch sehr nationalistischer Staat. Unser guter Bekannter spricht oftmals auch von "Nationalsozialismus chinesischer Ausprägung" wenn er vom chinesischen System erzählt.

In einer sozialistisch-kommunistischen Wirtschaft wird das Kapital aber nicht effizient nach Angebot und Nachfrage, sondern (auch) von Parteikadern verteilt. Zentral gesteuerte Planungen anstatt freier Markt. Lokale Parteibonzen setzen die Wachstumspläne aus der Parteizentrale in Peking um. Es entsteht ein Geflecht aus halb-freiem Markt" (wie mit Immobilienentwicklern wie Evergrande) und Parteikadern. Auf diesem "Dienstweg" von den Chefplanern in Peking bis in die Provinz, geht so manches Kapital "verloren" und wandert in die Taschen von Funktionären.

Ideal "geeignet" ist dafür der riesige Immobiliensektor. Das ging all die Jahre lang gut und kurbelte nicht nur die chinesische Wirtschaft, sondern auch die Weltwirtschaft kräftig an. Dass in China ganze Geisterstädte gebaut wurden, mit zum Teil riesigen, leer stehenden Wolkenkratzern, ist seit Jahren bekannt. Unser Bekannter meinte, dass dies alleine noch kein Anzeichen einer Blase sei, da man diese "Geisterstädte" zum Teil "auf Vorrat2 baue. Schließlich könnten die Planer in Peking auch Menschen umsiedeln.

Sei es, weil gerade einer der 200 neuen Flughäfen aus dem Boden gestampft wird, oder weil irgendwo in der Provinz ganze Dörfer in die Stadt umgesiedelt werden, da dort beispielsweise ein neues Stahl-, Kohle- oder Atomkraftwerk gebaut wird und die Menschen in der Stadt "verplant" sind. Menschen sind in China oft "planbares Material", welches notfalls "verschoben" wird.

Die leer stehendem Wohnblöcke sind daher noch kein Alarmsignal an sich. Dass allerdings in einer Planwirtschaft immer weiter steigende Immobilien-Spekulationen mit Wohnungen und Grundstücken losgetreten wurden, missfällt den Planern in Peking schon lange. Die alles entscheidende Frage ist daher zunächst: Was werden die "Chefplaner" in Peking mit dem nun einstürzenden Kartenhaus Evergrande machen? Und welche Auswirkungen hat dies auf andere, ähnlich stark verschuldete (gehebelte) Immogesellschaften?

Der hochverschuldete Immobiliensektor in China ist schwer zu durchdringen. Allerdings sollte man im Worst Case davon ausgehen, dass weitere Schieflagen und Zusammenbrüche von Immogesellschaften mit erheblichen Abschreibungen anstehen.

Grund dafür sind drei neue Regeln, die Peking erlassen hat: Diese Regeln, die die Immobilienentwickler bis zum Jahr 2023 erfüllt haben müssen, besagen, dass das Verhältnis von Verbindlichkeiten zu Vermögenswerten weniger als 70 Prozent betragen muss. Zudem dürfen die Entwickler maximal einen Nettoverschuldungsgrad von 100 Prozent haben, und drittens darf das Verhältnis von Barmitteln zu kurzfristigen Schulden eine bestimmte Grenze nicht unterschreiten.

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Das Handelsblatt schreibt gestern: "Auch die Verkäufe von neuen Eigenheimen und die Landverkäufe brachen ein. Selbst in Boomregionen sind die Käufer zurückhaltender. Wie das chinesische Wirtschaftsmagazin "Caixin" meldet, fand bei einer Anfang dieser Woche endenden Auktion in Guangzhou, einer Stadt in Chinas florierender Tech-Region Greater Bay Area, nur die Hälfte der angebotenen Landflächen einen Käufer - und das auch nur zu vergleichsweise niedrigen Preisen. Ähnlich war es zuletzt in Städten wie Xiamen, der Hafenstadt Tianjin und Chengdu."

Unsere Einschätzung: Evergrande ist nur die Spitze des Eisbergs, auch andere Immobilienentwickler stehen unter Druck und müssen die Fremdkapitalquote deutlich zurückfahren (siehe Tabelle oben). Doch woher soll das frische Eigenkapital kommen, wenn die Aktienkurse am Boden sind und zudem der Wohnungsverkauf stockt?

Ausländische Kreditgeber dürften im Falle von nötigen Abschreibungen leer ausgehen. Die "nationalsozialistische" Regierung wird vor allem die einheimischen (nationalen) Anleger retten. Und da vornehmlich wohl die "kleinen Leute", die Wohnungen gekauft, aber nun keine gebaut bekommen. Die Immobilienfirmen, die Pleite sind, werden wohl verstaatlicht werden und der Staat baut die bezahlten Wohnungen zu ende.

Wir gehen davon aus, dass ausländische Investoren ihre Kredite und Investitionen in China abschreiben müssen. Dies wiederum könnte zu einem ganz neuen Blick auf China führen! Es könnte zum großen Erwachen kommen und das chinesische Wirtschaftswunder könnte hinterfragt werden.


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