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Ist Gold zu teuer?

27.03.2022  |  Claudio Grass
In den letzten Jahren haben wir eine außergewöhnliche Achterbahnfahrt der Goldpreise beobachten können. Auf einen beeindruckenden Anstieg bis zum letzten Quartal 2020 folgte ein Rückgang, der viele Spekulanten verschreckte, und sich dann wiederum in eine Zeit der Stärke entwickelte, bevor eine erneute Ebbe eintrat... Und erst kürzlich stieg das gelbe Edelmetall erneut an, getrieben von Inflationsängsten und der Situation in der Ukraine.

Angesichts der Tatsache, dass die Fundamentaldaten unverändert blieben und der einzige Weg für Gold nach oben verläuft, ist eine weitere kurzlebige Konsolidierung zu erwarten, bevor es zu einer deutlich größeren Aufwärtsentwicklung kommt, und so weiter und so fort. Für diejenigen, die sich auf kurzfristige Preisentwicklungen konzentrieren und versuchen, mithilfe einer 2%-Schwankung von heute auf morgen Geld zu verdienen, sind diese Muster sicherlich faszinierend. Doch für diejenigen von uns, die einen zeitlichen Horizont haben, der sich bis über die nächsten Wochen hinaus erstreckt, ist das Gesamtbild ausschlaggebend.

In diesem Zusammenhang erhielt ich während der jüngsten Goldpreisrally eine Menge derselben Fragen, die ich von Kunden, Lesern und Freunden zu erhalten pflege und die sich immer um denselben Punkt drehen. Einige von ihnen haben es nicht geschafft, zu niedrigeren Preisniveaus zu kaufen, andere dachten angesichts der erwarteten Unsicherheit übers Aufstocken nach, während andere wiederum erstmalige Investoren sind, deren Aufmerksamkeit von den Schlagzeilen erregt wurde...

Doch alle von ihnen zogen es nun in Betracht, in physisches Gold zu investieren und fragten sich, ob es zu spät, der Preis zu hoch oder es eine schlechte strategische Entscheidung sei, nun in das "Rennen" einzusteigen. Vielleicht sollten sie etwas länger auf einen Rückgang warten? Vielleicht ist Gold auf diesen Niveaus einfach "zu teuer"?

Bisher lautete meine Antwort auf diese Fragen immer ähnlich. "Zu teuer im Vergleich zu was?" Welche Assetklasse man hier auch immer als Referenz verwenden möchte, es kommt auf das Gleiche hinaus. Fiatwährungen sind beispielsweise so wertlos wie eh und je, der einzige Unterschied ist, dass der normale Bürger das nun auch mitbekommt, auch wenn es vielleicht unbewusst ist.

Zum ersten Mal spielt die Inflation eine wichtige Rolle, selbst in den Prognosen und Risikoeinschätzungen des "Mainstreams". In Sachen Kaufkraft befand sich das Papiergeld im Vergleich zu Gold schon seit Jahrzehnten im halsbrecherischen Sturzflug und nun hat sich dieser Trend entschieden beschleunigt. Wenn wir diesem Pfad weiterhin folgen, der für mich nun unaufhaltsam erscheint, wird die Kaufkraft des Dollar, des Euro und all ihrer Währungskollegen im Vergleich zu physischem Gold und Silber zu nichts weiter als einem tragischen Witz werden.

Was, wenn wir Gold mit Aktien vergleichen? Jeder vernünftige Investor hätte Schwierigkeiten damit, eine Assetklasse zu finden, die stärker überbewertet ist und deren Preise noch offensichtlicher künstlich auf lächerliche Niveaus erhöht wurden. Unrentable, nicht nachhaltige und hochverschuldete Zombieunternehmen erreichen Preise, die man rational nicht rechtfertigen kann, weder durch ihre Prognose noch durch ihre bisherige Performance und sicherlich nicht durch den Zustand ihrer Bilanzen.

Und was ist mit anderen "realen Vermögenswerten"? Nun, lassen Sie uns einen Blick auf die Immobilien werfen, die traditionell als eine "weise" Entscheidung für konservative Investoren angesehen wurden. Wie diejenigen, die in der Vergangenheit in diese Klasse investiert haben, wohl wissen, ist das nicht länger der Fall.

Abgesehen von den Preisen, die sich bei einem Großteil dieser Anlageklasse innerhalb des Blasenbereichs befinden, gibt es mehrere andere Faktoren, die Immobilien deutlich weniger attraktiv machen, als sie es einst waren. Beispielsweise stellen die steuerlichen und eigentumsrechtlichen Aspekte eine ernsthafte Bedrohung dar, besonders angesichts der Unberechenbarkeit der meisten Gerichtsbarkeiten und der verzweifelten Lage der meisten Regierungen heutzutage.

Zwar sind dies Argumente, die ich üblicherweise in Gesprächen darüber, "wie hoch zu hoch ist", wenn es um den Goldpreis geht, erwähnen würde, doch brachten mich die Ereignisse der letzten zwei Jahre zu der Erkenntnis, dass hinter dieser Frage noch viel mehr steckt. Das brachte mich dazu, zu überdenken, wie ich diese Fragen beantworte. Es geht um viel mehr als um einen bloßen Vergleich zwischen Gold und Aktien, oder um die Frage, welches Investment für die Performance des eigenen Portfolios besser ist. Die echte Gegenfrage hier lautet nun "Was ist Ihnen Ihr Seelenfrieden wert?".

Ich habe diese Art des tiefgreifenden Denkens in Bezug auf diese Thematik schon immer vertreten, und habe unter den rationalen, verantwortungsbewussten und langfristigen Goldinvestoren immer viele gefunden, die mir zustimmten. Doch bis vor kurzem hätten die meisten Mainstream-Sparer und -Anleger diesen Ansatz als "Panikmache" angesehen und ihn wahrscheinlich als unrealistisch abgetan. Doch nun, nach all dem, was wir seit Beginn der COVID-Krise beobachten konnten, finde ich es einfach naiv und gefährlich kurzsichtig, wenn physische Edelmetallinvestoren sich auf eine 5%ige Preisschwankung konzentrieren und den echten Wert der Sache, die sie kaufen, vollkommen ignorieren.

Im Jahr 2019 hätte man diese Art des Denkens noch vergeben können, vor allem denjenigen, die sich wenig um die Risiken unseres aktuellen Finanzsystems kümmerten oder darüber nachdachten. Doch an diesem Punkt - nachdem wir alle direkte Erfahrungen aus erster Hand gemacht haben, was geschieht und wie einfach es jemandem passiert, der niemals vorausgeplant hat, um sich zumindest etwas finanzielle Unabhängigkeit zu bewahren, - gibt es absolut keine Ausrede mehr.

Wir konnten beobachten, wie Millionen Arbeiter ihren Lebensunterhalt und ihr grundlegendes Recht darauf, ihn zu verdienen, verloren. Wir sahen, wie Geld selbst als politische Waffe eingesetzt wurde und wie zahlreiche vermeintlich "freie Bürger" quasi zu Geiseln ihrer eigenen Nation und ihrer Heime wurden. Und all das geschah scheinbar in einem bloßen Augenblick, ohne Warnung und ohne Zeit für irgendjemanden, einen alternativen Plan aufzustellen, wenn nicht bereits einer vorbereitet war. In diesem Kontext sollten wir diese Frage also erneut überdenken: Was ist es Ihnen wert, sich nicht in dieser Lage zu befinden?

Und es gibt noch mehr konkrete und praktische Gründe. Wie ich kürzlich in einem Artikel über die Lehren des "Freedom Convoy" in Kanada schrieb, hörte die staatliche Machtdemonstration, die während der Pandemie stattfand, nicht mit dem Rückgang neuer COVID-Infektionen auf. Ganz im Gegenteil, sie schuf einen Präzedenzfall und öffnete die Tür für weitere Übergriffe und Missbrauch.

Nun können, zum "Schutz der Öffentlichkeit", Bankkonten ohne vorherige Schritte eingefroren und privates Eigentum kurzerhand beschlagnahmt werden. Und leider wird es dazu kommen, dass die Gefahren zunehmen. Es gibt bereits Anzeichen dafür, dass der Konflikt in der Ukraine und die damit verbundene Panikmache ebenfalls dazu genutzt werden können, den Staat bei seiner Einmischung in Privatunternehmen, Privateigentum und individuelle Finanzhoheit weiter zu ermutigen.

In einer Welt, in der die eigene Arbeit, die Ersparnisse, die Möglichkeit, mit Mitmenschen zu handeln, zu reisen und seinen Aufenthaltsort bei Belieben zu ändern, nur vorübergehend sind und von heute auf morgen verschwinden könnten, was ist es Ihnen wert, diese Dinge sicherzustellen?


© Claudio Grass
www.claudiograss.ch


Dieser Artikel wurde am 22.03.2022 auf claudiograss.ch veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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