Angriff auf den US-Dollar und das Weltwährungssystem
06.04.2022 | Sascha Opel
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Fallen nun die US-Dollar-Rückflüsse weg (u.a. kein Kauf mehr von US-Staatsanleihen), weil ein Land beschließt, sein Öl nicht mehr in US-Dollar zu verkaufen (oder Öl-Verkäufer und Öl-Käufer einigen sich auf eine andere Währung), dann wäre der Petrodollar in Gefahr und die USA könnten angesichts der inzwischen astronomischen Staatsschulden Pleite gehen. Wenn Hedge Fonds Legende Ray Dalio mit der Stagflationstheorie und der Einschätzung der aktuellen Lage Recht hat (nämlich dass wir das Ende des US-Jahrhunderts und die sukzessive Machtübernahme der Chinesen erleben), bedeutet dies aber auch, dass die Preissignale aus dem Rohstoffhandel die Signale der Geldpreise des schwächer werdenden US-Dollar-Öl-Systems dominieren werden.
Russland (und China) als die dominanten Rohstoffplayer drehen gerade den Spieß um und das Weltwährungssystem auf den Kopf. (Westliche) Zentralbanken haben eine sehr schwierige Aufgabe vor sich, denn Sie können die Nachfrage über den Kreditkanal verlangsamen oder stimulieren, indem sie mit den Geldpreisen spielen. Aber die FED und die EZB können nichts (mehr) gegen die Rohstoffpreise tun. Sie können zwar Geld drucken, aber weder Öl, Lithium, Gas, Nickel oder Weizen per Knopfdruck erschaffen.
Wenn die FED aber mit ihrer Geldpolitik die Kontrolle über die Rohstoffpreise verliert, bedeutet dies massive Wohlstandsverluste für "den Westen".
Erleben wir bald das Ende der "Papiergold-Manipulation“ und den Short-Squeeze im Gold?
Hinzu kommt folgendes: Die Botschaft des Westens durch den Ausschluss der russischen Zentralbank an jede andere Zentralbank, die nicht auf Russlands unfreundlicher Liste steht, ist, dass man sich nicht auf Wahrung der Eigentumsrechte Londons oder New Yorks an den Goldbeständen ihrer Nation verlassen kann.
Dadurch könnte der "Papiergoldmarkt“ mit seinen Leasing- und Swap-Liquidität versiegen, und Anträge auf die Rückführung von Gold in die jeweiligen Heimatländer gestellt werden. Kurz gesagt, alles, was gerade rund um Russland passiert, könnte die Goldderivate auf den westlichen Kapitalmärkten unter Druck zu setzen, da das Vertrauen in westliche Institutionen und ihre Behandlung ausländischer Eigentumsrechte in Frage gestellt ist.
Über Jahrhunderte war eine Währung immer die solidere, die mit Gold unterlegt und gegen Goldmünzen eintauschbar war. Das ist jedoch so lange her (über 50 Jahre), dass wir im Westen den Unterschied zwischen Geld, also Gold und Silber, und ungedeckten Fiat-Währungen größtenteils vergessen haben. Die große Unbekannte ist, wie viel Geld- und Kreditmissbrauch nötig ist, damit die Öffentlichkeit den Unterschied wieder lernt.
Erst Corona und nun dieser Krieg könnten der Weckruf sein. Die westlichen Zentralbanken und ihre Regierungen haben massiv durch Gelddrucken und künstlich niedrigen (Negativ)-Zinsen an den Büchern herumgefummelt und uns gesagt, dass Währungsabwertung gut für uns ist. Diese Entwertung hat sich seit der Weltfinanzkrise 2008 und der "Euro-Rettung" 2012 beschleunigt. Den Turbo zündete dann Corona mit teilweise verdoppelten Geldmengen und nun der Krieg. Durch die Verschärfung der Anti-Russland-Sanktionen, die letztendlich die Kaufkraft aller wichtigen Währungen des Westens untergraben, könnten unsere Politiker dem Fiat-Geldsystem ein Ende gesetzt haben.
Was bedeutet die Rubel/Gold-Bindung für Öl?
Russland ist der weltweit größte Erdgasexporteur und der drittgrößte Ölexporteur der Welt. Wenn ausländische Käufer (Importeure von russischem Gas) dieses Erdgas in Rubel bezahlen müssen, wird der Erdgaspreis unmittelbar an den Rubel und (wegen der Bindung an Gold) an den Goldpreis gekoppelt. Damit ist russisches Erdgas nun über den Rubel an Gold gekoppelt. Das gleiche kann jetzt mit russischem Öl gemacht werden. Wenn Russland beginnt, Zahlungen für Ölexporte mit Rubel zu verlangen, wird es eine indirekte Bindung an Gold geben (über die Rubel-Gold-Festpreisverbindung).
Dann könnte Russland irgendwann damit beginnen, Gold direkt als Bezahlung für seine Ölexporte zu akzeptieren. Tatsächlich kann dies (wie bereits angekündigt) auf alle Rohstoffe angewendet werden, nicht nur auf Öl und Erdgas.
Brent-Öl in USD 6 Monate
Was würde das für den Goldpreis bedeuten?
Wenn Russland den Rubel an Gold und dann die Energiezahlungen an den Rubel koppelt, würde Russland und der Kreml grundlegend die gesamten Grundlagen des globalen Handelssystems verändern und gleichzeitig den Wandel im globalen Währungssystem vorantreiben. Käufer auf der Suche nach physischem Gold, um echte Rohstoffe bezahlen zu können, würden die Papiergoldmärkte der LME und COMEX torpedieren und wahrscheinlich "sprengen". Dies wäre dann der "Short Squeeze“ im Gold, der den Preis (unsere Vermutung) in Richtung 4.000 bis 5.000 USD je Unze schicken könnte.
Wenn Russland beginnt, Gold direkt als Zahlung für Öl zu akzeptieren wäre dies ein historischer Paradigmenwechsel für den Goldpreis, da er den Ölpreis an den Goldpreis koppeln würde. Dies könnte auch ein Grund sein, warum die (gold-begeisterten) Arabischen Ölstaaten Russland nicht verurteilen, sondern eher wohl gesonnen in diesem Konflikt gegenüberstehen.
Von einer Transformation "USD-Öl-Standard“ zum "Gold-Öl-Standard“ wäre man in Saudi-Arabien und dem Emiraten wohl ebenso nicht abgeneigt, wie im Irak, Iran, Venezuela und anderen großen Öl-Förderländern. Je mehr sich der Niedergang des Petrodollar abzeichnet, desto mehr Länder wollen Nutznießer der neuen Währungsordnung sein.
Historisch könnte man sagen, dass Russland gerade die US-amerikanische Strategie vom damaligen US-Präsident Nixon und damaligen Außenminister Henry Kissinger wiederholt, die spätestens 1973 den Petrodollar schuf, indem sie die Saudis dazu brachten, nur Dollar für Öl zu akzeptieren.
Dieses Mal werden Nationen, die von Russland als unfreundlich eingestuft werden, gezwungen sein, Rubel zu kaufen - rund 2 Billionen Euro allein von der EU, basierend auf den Erdgas- und Ölimporten des letzten Jahres aus Russland - was den Wechselkurs in die Höhe treibt. Westliche Währungen, insbesondere der Yen und der Euro, könnten durch die jüngsten Entwicklungen untergraben werden. Der Krieg in der Ukraine führt direkt auf das Schlachtfeld zwischen Fiat-Währungen.
Ein Gewinner ist mit ziemlicher Sicherheit Gold, welches jetzt die einzige zuverlässige Reserve für diejenigen circa 4,5 Milliarden Menschen ist, die nicht mit Russlands "Unfreundlichen" verbündet sind.
© Sascha Opel
Rohstoffraketen.de - Auszug aus dem deutschsprachigen Börsenbrief für Rohstoff-, Gold- und Minenaktien