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Hysterie um die Parität: Was sie wirklich bedeutet und was nicht

23.07.2022  |  Claudio Grass
Kürzlich gab es eine ganze Reihe an Artikeln, Nachrichten und Schlagzeilen um die Entwicklungen am FOREX-Markt, insbesondere die Bewegungen des EUR/USD-Währungspaares. Während sich die Gegenwinde auf allen Ebenen, wirtschaftlich, geopolitisch und gesellschaftlich, in den letzten Monaten innerhalb der Eurozone deutlich verstärkt haben, trat letztlich das nachrichtenwürdige, schlagzeilendominierende "Paritäts"-Ereignis ein: Der Euro fiel am 13. Juli sogar unter die Parität, und dies scheint die Aufmerksamkeit des weltweiten Mainstreams zu erwecken - aus den völlig falschen Gründen.


Die oberflächliche Geschichte

Natürlich ist diese Entwicklung die perfekte Basis für einen reißerischen Nachrichtenartikel, vor allem wenn man den Grad der Ungebildetheit der meisten Nachrichtenkonsumenten im Westen, was Finanzthemen angeht, bedenkt. Zum einen ist der Euro schon seit 20 Jahren nicht mehr so viel wert wie der Dollar, eine Tatsache, die schon an sich bemerkenswert genug ist.

Die meisten Europäer, die über Jahrzehnte hinweg nicht in der Lage waren, zu verstehen, was ihr Geld wirklich ist, wie sie bloßem Wunschdenken entsprungen ist und wie es noch immer willkürlich gedruckt wird, haben ihre Währung schon immer tendenziell als "stärker" angesehen. Und in gewisser, ziemlich unbedeutender Hinsicht war dies wahr, da man tatsächlich mehr "Dinge" mit derselben Menge Euro als mit Dollar kaufen konnte. Demnach wäre jeder Europäer verständlicherweise von Schlagzeilen alarmiert, die behaupten, dass dies nicht länger der Fall sein wird.

Es ist wichtig, anzumerken, dass nicht sämtliche Berichterstattung und Reaktionen reine Panikmache oder Click-Bait waren. Einige Mainstream-Finanzmedienquellen bemühten sich, die Tragweite dieses Ereignisses zu erklären, indem sie mögliche Auswirkungen und Konsequenzen benannten. Beispielsweise erklärten einige Analysen die Folgen für Importe und Exporte und was diese Extrabelastung für die bereits angeschlagene Wirtschaft der Eurozone bedeuten könnte. Dasselbe gilt für mögliche Auswirkungen auf den Tourismus, Unternehmen mit internationalen Geschäften und ausländischen Beziehungen, auf den Energiemarkt, etc.

Aus dieser "Wirtschaft für Anfänger"-Perspektive, gibt es nur eine Schlussfolgerung, die für den durchschnittlichen Bürger wichtig ist und die die meisten Berichte nicht näher beleuchten oder auch nur erwähnen. Größere und multinationale Unternehmen, die nach außerhalb der Währungsunion exportieren, profitieren vom Euro-Rückgang. Solche Unternehmen findet man in der Automobilbranche, unter Chemieproduzenten und im Luxusgütersektor. Auf der anderen Seite könnten die Kosten von auf Import spezialisierten Betrieben, wie kleine, lokale Unternehmen, sogar noch weiter explodieren als ohnehin schon.

Und dann gibt es da all die Erklärungen für den Einbruch des Euro. Einige "Experten" machen dafür die Ukraine-Krise und die Ängste, dass Russland die Gaslieferungen an Europa "einstellen" würde, verantwortlich, während andere auf die "aggressivere" Wende der Fed-Geldpolitik verweisen, im starken Kontrast zur EZB, die ihre negativen Zinsen beibehält, während die Inflation wütet. Die Offiziellen der Eurozone waren besonders bemüht um oder verzweifelt auf der Suche nach einer Erklärung, die sie selbst entlastet, was durchaus verständlich ist.

Der beste Kandidat unter ihnen war wohl Francois Villeroy de Galhau, Frankreichs Zentralbankchef und EZB-Ratsmitglied, der die Parität im Wesentlichen wie folgt erklärte: "Es ist nicht der Euro, der schwach ist, sondern der Dollar, der stark ist." Damit demonstrierte er einen Grad des Verständnisses geldpolitischer Dynamiken (jedoch auch grundlegender logischer Prinzipien), den Zentralbanker seines Niveaus üblicherweise zu teilen scheinen.


Was Parität wirklich bedeutet

Kurz gesagt bedeutet sie nichts. Praktisch gesehen ist der Vergleich zweier überinflationierter, ungedeckter und historisch manipulierter Währungen nicht viel anders, als zu fragen, welches von zwei grundsätzlich wertlosen Dingen wertloser ist als das andere. Beide Währungen werden einzig durch das blinde Vertrauen in Regierungen gestützt und wurden wiederholt gegen ihre Halter und Nutzer eingesetzt. Das ist die grundlegende Realität, die die meisten Nachrichtenberichte und "tiefgreifenden" Analysen vernachlässigt haben und was diese ganze Sache im Grunde zu einer "Non-Story" macht.

Es gibt, nichtsdestotrotz, einige wichtige Lektionen, die wir aus dieser Entwicklung lernen können. Zum einen ist es zwar richtig, dass beide Währungen aus einer pragmatischen Perspektive des soliden Geldes nutzlos sind, es mag jedoch Sinn ergeben, zu argumentieren, dass eine "wertloser" ist als die andere. Ihre "Ursprungsgeschichten" unterscheiden sich stark und die Art und Weise, wie der Euro eingeführt wurde, ist innerhalb der Währungsgeschichte eine echte Travestie.

Während keine der Währungen heute von einem harten Vermögenswert gedeckt wird, so wurde der Dollar dies zumindest einst. Man kann ebenfalls argumentieren, dass der Dollar eine relativ "natürlichere Geburt" hatte. Das Ausmaß an Künstlichkeit, das hingegen bei der Entstehung des Euro involviert war, macht den Begriff "Falschgeld" zu einer sehr treffenden Beschreibung.

Die bloße Tatsache, dass der Euro existiert, zeigt, wie wenig Zentralbanker von den Fehlern ihrer Vorgängern gelernt haben. Eine neue Form des Geldes nach eigenem Belieben zu erschaffen und dann die Menschen dazu zu zwingen, ihre eigenen aufzugeben und sie zu akzeptieren, ist ein Plan, der immer zum Scheitern verurteilt war.


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