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Die BIZ und das Monstrum - und warum den Zentralbanken die Hände gebunden sind

27.11.2007  |  Dr. Bruno Bandulet
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4. Das Risiko China

Wie stabil das chinesische Wirtschaftswunder wirklich ist, können wir nicht beurteilen. Dafür ist im Reich der Mitte zuviel undurchsichtig. (Wer eine sehr negative Einschätzung der Aussichten Chinas lesen möchte, sollte sich unbedingt das spannende Buch des China-Kenners Albrecht Rothacher besorgen: Mythos Asien? Licht- und Schattenseiten einer Region im Aufbruch, broschiert, 400 Seiten, Olzog Verlag, München 2007, 29,90 €.)

Der BIZ-Bericht läßt zumindest die Möglichkeit offen, daß China eine unangenehme Überraschung bereithält. Auf mittlere Sicht, d.h. mit Blick auf die nächsten Jahre, stelle sich die Frage, "ob das schnelle Wirtschaftswachstum Chinas und seine Nachfrage nach importierten Rohstoffen und Zwischenerzeugnissen auf Dauer aufrechtzuerhalten sind".

Schwachstelle 1: Im chinesischen Investitionsboom werden auch Projekte "mit geringer oder negativer Rendite" realisiert - eine Überinvestition ähnlich wie die in Ostasien vor der verheerenden Krise von 1997/1998. Das Produktivitätsniveau der Staatsunternehmen liegt etwa um 30% tiefer als das der privaten Konzerne. Dazu die BIZ: "Je länger solche Fehlallokationen von Ressourcen geduldet werden, desto schwerwiegender werden schließlich die Konsequenzen sein."

Schwachstelle 2: Ein "beträchtlicher Teil" der von den Banken vergebenen Kredite könnte notleidend werden, wenn sich die Konjunktur abkühlt. Die Risiken der Banken sind nämlich in den wenig rentablen Betrieben konzentriert. Rund 40% der staatlichen Industrieunternehmen arbeiten mit Verlust.

Schwachstelle 3: Eine US-Rezession würde die chinesischen Exporte und damit das Wirtschaftswachstum treffen - und indirekt z.B. auch Korea, weil China dann weniger aus Korea (und aus anderen asiatischen Ländern) importiert. Fazit: Für Anleger an den Rohstoffmärkten ist es ein Muß, die Entwicklung in China zu beobachten. G&M tut das kontinuierlich. Ein Einbruch in China, auf den derzeit nichts hindeutet, würde die Preise vieler Rohstoffe, von denen uns besonders Nickel gefährdet erscheint, hart treffen.


5. Der Kreditzyklus

Zurück zu den USA, die das Hauptrisiko für die Weltwirtschaft darstellen. "Früher oder später", meint die BIZ, "wird es zu einer Wende im Kreditzyklus kommen, und die Ausfallquoten werden zu steigen beginnen". So kann man eine Welle von Pleiten auch beschreiben. Im Sektor Immobilienfinanzierung hat der Prozeß bereits begonnen. Erst im Juni mußte die Investmentbank Bear Stearns 3,2 Milliarden Dollar bereitstellen, um den Kollaps zweier Hedge-Fonds abzuwenden. Es drohten Panikverkäufe mit unabsehbaren Folgen für die Finanzmärkte. Die Geldspritze soll es den Fonds ermöglichen, ihre Positionen geregelt abzuwickeln, d.h. zu verkaufen. Auch hier wieder das Problem eines extrem hohen Kreditanteils an den Geschäften! Auch die Großbank UBS hatte Schwierigkeiten mit einem ihrer Hedge-Fonds. Sie mußte Mittel einschießen, der Vorgang konnte unter den Teppich gekehrt werden.

Ohne Zweifel beginnt das Risiko eines Umfalls an den Kreditmärkten zu wachsen (siehe dazu auch das letzte G&M zum Thema CDO’s auf Seite 1). Die BIZ weist in diesem Zusammenhang auf einen besonders wichtigen Faktor hin: eine drohende Verschlechterung der Unternehmensrentabilität in den USA. Dies könne eine "Neubewertung der Kreditrisiken" auslösen. Tatsächlich hat sich das Wachstum der Unternehmensgewinne in den USA Ende 2006/Anfang 2007 bereits erheblich verlangsamt.

Schließlich zwei Indizien dafür, daß wir nicht unbedingt das Ende, aber doch die Endphase der Hausse bereits erreicht haben: die Eigentümer der Hedge-Fonds beginnen Kasse zu machen, indem sie an die Börse gehen und das Geld der Neuaktionäre einstreichen; und, zweitens, die immer noch andauernden, meist teuer bezahlten Übernahmen, die zum Teil fremdfinanziert werden und damit die Bonität der übernommenen Firmen verschlechtern.

Daß die Geldmaschine der Hedge-Fonds, der Haupttreiber der Finanzblase, bereits stottert, veranschaulicht die BIZ mit einer Grafik von deren Renditen. Diese sind zuletzt auf ein Drittel des Höchststandes von 2000 zurückgefallen! Die Zwischenerholung, die 2003 mit dem Anstieg der Aktienmärkte einsetzte, endete bereits 2006. Mit anderen Worten: Es wird immer mühsamer, Geld aus dem System herauszuquetschen. Die BIZ erinnert daran, wie "fragil" die Finanzstrategie der Hedge-Fonds sein kann und stellt ominös die Frage in den Raum, "ob die Hedge-Fonds in einem schwierigeren Marktumfeld bestehen können".


Klartext von Professor Issing

Ungleich deutlicher als die BIZ äußerte sich Professor Otmar Issing, der frühere Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, in einem Interview mit der FAZ vom 14. Juni:
  • "Das gegenwärtige Übergangsstadium weltweit (damit meint er die sogenannten Ungleichgewichte im Finanzsystem, G&M) hält jedoch schon zu lange an." Als ein Beispiel erwähnt Issing die Fremdwährungsanlagen japanischer Haushalte. "Hier hat sich ein großes Risikopotential aufgebaut."

  • Issing läßt keinen Zweifel an der Existenz einer großen Finanzblase. "Das Finanzvermögen wächst viel rascher als das Sozialprodukt." Und dann seine Warnung: "Zahlreiche Studien aus BIZ und EZB belegen: Es hat kaum eine größere Blase in den Vermögenspreisen gegeben, die nicht von einer starken Ausdehnung der Geld- und/oder Kreditmenge begleitet war. Wenn aber eine große Blase platzt, ist das sozusagen der GAU der Makroökonomie."

  • Professor Issing muß zugeben, daß die Notenbanken ohnmächtig sind: "Ich kenne keine Patentlösung." Jetzt noch einzuschreiten, verbietet sich seiner Meinung nach. Das nun folgende Issing-Zitat sollten Sie zweimal lesen: "Einverständnis (er meint: zwischen den Notenbanken, G&M) herrscht auch darüber, daß Notenbanken nicht versuchen sollten, eine spekulative Vermögenspreisblase zum Platzen zu bringen. Wenn eine große Blase platzt, bedeutet dies eine gesamtwirtschaftliche Krise allergrößten Ausmaßes. Keine Notenbank der Welt wird dafür die Verantwortung tragen wollen. Unstrittig ist ferner: Wenn eine spekulative Blase platzt, müssen Notenbanken Liquidität zur Verfügung stellen, um den gesamtwirtschaftlichen Kollaps zu verhindern."


© Bruno Bandulet
Quelle: Auszug aus Börsenbrief: GOLD&MONEY INTELLIGENCE, Ausgabe 08/2007



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