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Das chinesische Freudenfeuer (oder der China-Put)

19.11.2007  |  Roland Leuschel
Nachfolgend der Vortag von Roland Leuschel, der diesen am 3. November 2007 auf der "Internationalen Edelmetall- und Rohstoffmesse 2007" in München referierte.


Das chinesische Freudenfeuer (oder der China-Put)

Dank der Rating-Agentur Standard & Poors haben wir es seit Mitte Oktober dieses Jahres schwarz auf weiß, und wir können alle ruhig schlafen. Der Höhepunkt der Krise auf dem amerikanischen Markt für schlecht gesicherte Hypotheken (im Volksmund so genannte Subprime Anleihen) wird erst im Jahr 2009 ihren Höhepunkt erreichen, und die Zahlungsverzüge (im Volksmund Verluste) können sich auf 150 Milliarden Dollar summieren. Dennoch werde diese Krise die Weltwirtschaft nicht gravierend in Mitleidenschaft ziehen, da infolge des Wachstums in den so genannten Schwellenländern die Konjunktur weiterhin in Schwung bleibt. Auch die Wirtschaftsleistungen in Amerika werden 2007 und 2008 um jeweils 2% zulegen, etwas weniger als die Weltwirtschaft, die jeweils um 3,5% expandieren wird.

Wie gesagt, Sie können also ruhig schlafen; denn was sind schon 150 Milliarden Dollar? 1% des Bruttosozialproduktes der USA (13,2 Bln Dollar). Hat nicht allein China Währungsreserven von über 1.430 Milliarden Dollar (September 2007) angesammelt, und ein Griff in die berühmte Portokasse der People’s Bank of China würde genügen, die 150 Milliarden Verluste aufzukaufen, auf einen Haufen zusammenzulegen und ein schönes Freudenfeuer anzuzünden. Jeder hätte seinen Spaß, vor allem die amerikanischen Schuldner (sie könnten noch schneller unbesorgt Geld ausgeben), aber auch viele Gläubiger (Banken) würden mit diesem kleinen Feuer ihre Bilanzen erstklassig aufpolieren und die Basis zu immer mehr Geldverleih erweitern, Millionen von Anlegern auf der ganzen Welt könnten durchatmen und neues Geld in Anleihen und Aktien schleusen: Der Tanz auf dem Vulkan würde in seine euphorische Phase treten. Also warum hier in München eine Edelmetall- und Rohstoffmesse organisieren in einer Welt, in der alles rund läuft, und jeder jeden Tag reicher wird. Warum also Leuten wie van Eeden, Bandulet, Saiger, Bergold Gelegenheit geben, die Welt etwas anders zu sehen und den glücklichen Anlegern die Stimmung vermiesen?


Krisen kommen, Krisen werden gelöst und Krisen gehen

Im Jahre 2000 platzte die Internet- und Technologieblase, davor gab es 1998 eine Krise wegen der Schieflage eines Hedge-Fonds, Long Term Capital Management Fonds, vergessen wir nicht die Hypothekenkrise von 1994, die Sparkassenkrise von 1990 und den Börsenkrach von 1987. Diese Krisen entwickeln sich alle nach den gleichen Mustern, ihr Unterschied ist nur, ob sie auf Finanzmärkte beschränkt bleiben oder konjunkturelle Auswirkungen haben. Im Jahre 1929 folgte dem größten Börsencrash der Geschichte eine wirtschaftliche Depression, in deren Folge es politische Veränderungen auf der ganzen Welt gab. So könnte es sein, dass in dem letzten Fall die Auswirkungen dieser Kreditkrise in Amerika nicht nur auf die amerikanische Konjunktur Einfluss hat, sondern auch auf die gesamte Weltwirtschaft; denn sollte, was man sich an und für sich nicht vorstellen kann, der amerikanische Verbraucher (er realisiert 70% des amerikanischen Bruttosozialproduktes) tatsächlich seinen Konsum seinen Einkommensverhältnissen anpassen, dann könnte es doch Schwierigkeiten mit der Wirtschaft geben. Dann allerdings müsste der amerikanische Notenbankpräsident Ben Bernanke auf die gesamte Flotte der Megabomber B52 zurückgreifen, die in der Lage wären, die amerikanischen Städte mit entsprechenden Mengen von Dollarnoten zu versorgen.


Aktien eine mittel- oder langfristige Anlage?

Aber kommen wir zurück zur augenblicklichen Lage. Langfristig kann der Anleger davon ausgehen, dass die Weltwirtschaft und die amerikanische Konjunktur wachsen. Das gilt auch für die Unternehmensgewinne, und deshalb werden auch in einem Zeitraum von 30 bis 40 Jahren die Aktienkurse entsprechend zulegen. Um aber überdurchschnittliche Renditen zu erzielen, muss der Anleger auch kurzfristige Trends richtig einschätzen, beziehungsweise Phasen der Zerrüttung nutzen; denn gerade letztere geben hervorragende Gelegenheiten, um eine überdurchschnittliche, langfristige Rendite zu erzielen.

Ich bin mir bewusst, dass lang- und kurzfristig relative Begriffe sind. Wenn ich zum Beispiel daran denke, dass ein Produkt, die so genannten ETF (Exchange Trade Funds) auf den Standard & Poors 500, der für konservative und langfristig ausgerichtete Anleger gedacht ist, im letzten Jahr im Durchschnitt 3 Tage von den Aktionären gehalten wurde, dann wird jedem klar, die Aktienbörse entwickelt sich langsam aber sicher zum reinen Spielcasino, und wer da gewinnt, das wissen wir inzwischen. Immerhin bei diesem ETF 500 wurde in einem Jahr ein Umsatz von rund 7.000 Milliarden Dollar erreicht...

Nach über 40-jähriger Tätigkeit an der Börse muss ich mit Faust erkennen: Da steh ich nun ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor und weiß, dass wir nichts wissen können ... Oder wie wollen Sie als einfacher Anleger verstehen, dass die amerikanische Investmentbank Merrill Lynch im dritten Quartal dieses Jahres 8 Milliarden Dollar wegen fauler Hypothekenkredite abschreiben musste. Der Chef, Stan O’Neal, hatte letztes Jahr für seine Leistungen 48 Millionen Dollar erhalten und wurde gefeuert. Dafür bekam er ein "Abschiedspaket" von 160 Millionen Dollar. Andere Manager haben noch größere Verluste zu verantworten und dementsprechend höhere Abschiedspakete erhalten. Übrigens die Schäden der diesjährigen kalifornischen Waldbrände, die größte Naturkatastrophe in diesem Land, betrugen rund 1 Milliarde Dollar.


Retter des Systems

Es ist beruhigend festzustellen, dass es noch verantwortungsbewusste Persönlichkeiten wie Ben Bernanke und Jean Claude Trichet gibt, deren "Geld-Infusionen" keine Grenzen zu kennen scheint. So schreibt die Financial Times Deutschland (vom 19. September dieses Jahres): "Es ist möglich, dass Ben Bernanke und Jean Claude Trichet als Retter der Weltwirtschaft in die Geschichtsbücher eingehen werden". Es war der Kommentar der Zeitung, den mutigen Schritt der EZB den Leitzins unverändert zu lassen, nachdem sie eine Erhöhung wegen der Inflationsgefahren im Vorhinein angekündigt hatte: "In einer solchen Situation die Geldpolitik zu lockern, zeugt von Mut. Es ist durchaus beruhigend zu wissen, dass die Währungslenker diesen Mut haben." Gemeint ist im Klartext, dass sie nicht den Mut hatten der aufkommenden Inflation entgegenzutreten.

Claus Vogt und ich haben in unserer ausführlichen Analyse der Greenspanschen Geldpolitik (Das Greenspan Dossier) dargelegt, dass eine inflationäre Entwicklung in den kommenden Jahren unausweichlich bevorsteht, und es wäre nicht die erste in der Geschichte. Wenn dem so sein sollte, dann entsteht die Frage, wie man sich dagegen schützen kann.




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