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Schwache Konjunkturdaten forcieren Zinsentspannung – BRICS: Aktuelle Lage –IfW redet Klartext - Deutsche Wirtschaft mit Einbrüchen

24.08.2023  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0866 (05:45 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0803 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 144,99. In der Folge notiert EUR-JPY bei 157,55. EUR-CHF oszilliert bei 0,9530.


Blick auf den Markt: Schwache Daten forcieren Zinsentspannung

An den Finanzmärkten kam es gestern in Folge schwacher Erstschätzungen der Einkaufsmanagerindices zu freundlichen Rentenmärkten. Die deutlich geringeren Kapitalmarktzinsen, die Diskontierungsfaktor für alle anderen Märkte sind, wirkten sich auf die Aktienmärkte positiv aus.

Zuletzt hatten die Bundesbank als auch die EZB faktisch eine stärkere konjunkturelle Bremsung eingefordert, um damit Inflationskräften entgegen zu wirken. Beide Zentralbanken bekommen jetzt offensichtlich ihren Wunsch erfüllt. Das gilt allen voran für Deutschland. Ich verweise auf den heutigen Datenpotpourri am Ende des Kommentars.

Die 10 jährige Bundesanleihe rentiert heute früh mit 2,50%, nachdem die Rendite gestern früh noch bei 2,64% stand. 10 jährige US-Staatsanleihen werfen eine Rendite in Höhe von 4,21% ab (Vortag 4,31%).

In der Folge der Zinsentspannung konnten Aktienmärkte weltweit bei wenigen Ausnahmen an Boden gewinnen.

Der EUR verlor zunächst gegenüber dem USD an Boden. Im Vergleich der großen westlichen Länder und Wirtschaftszonen steht die Eurozone am schwächsten da. Bezüglich der Einkaufsmanagerindices als auch der aktuellen BIP-Performance führt Japan vor den USA. Dann folgt das UK. Innerhalb der Eurozone stellt Deutschland das schwächste Glied dar. Vor diesem Grund ist die Erholung des Euros im weiteren Tagesverlauf bemerkenswert. Am Devisenmarkt ergibt sich ein "herber politischer Beigeschmack".

Gold und Silber konnten gegenüber dem USD deutlich an Boden gewinnen. Das Thema Golddeckung oder partielle Golddeckung einer zukünftigen BRICS-Währung führt derzeit zu erneutem Marktinteresse. Vor diesem Hintergrund einer Herausforderung für den Leitwährungsstatus des USD werden in den USA zum größten Teil hinter verschlossenen Türen derzeit multiple Ansätze diskutiert, um den Status für den USD dauerhaft zu erhalten. Auch das Thema Edelmetalle spielt dabei eine Rolle.


BRICS: Aktuelle Lage

Laut Südafrikas Außenministerin Pandor ist das Beitrittsverfahren geklärt (Richtlinien, Grundsätze, Prüfungsverfahren). Die Einigung ebne den Weg für die Aufnahme vieler Länder. Mehr als 40 Länder der 193 in den Vereinten Nationen vertretenen Länder hätten Interesse zu einem Beitritt verkündet.

Kommentar: Struktur bedingt Effizienz. Entscheidend wird sein, ob die BRICS-Länder Erweiterungen mit oder ohne "heiße Naht" nähen. Man sollte von den Fehlern der EU lernen, die ihre eigenen Richtlinien und Regeln bei dem Beitritt der osteuropäischen Länder größtenteils mit Füßen trat. Das fällt der EU heute auf die Füße (EU-Handlungsfähigkeit, EU-Skepsis der Bürger).

Die BRICS-Staaten berieten, ob sie im Handel untereinander auf die Nutzung des USD verzichten können. Man habe über die Verwendung lokaler Währungen gesprochen. Der brasilianische Präsident Lula sprach sich für eine gemeinsame Währung aus, die für Handel und Investitionen eingesetzt werden könne. Damit könnten Zahlungsmöglichkeiten zwischen BRICS-Mitgliedern vermehrt und Anfälligkeit verringert werden.

Kommentar: Die Emanzipation von dem Westen wird zunächst über eine forcierte Nutzung der regionalen Währungen laufen. Die BRICS-Währung steht langfristig auf der Agenda. Zunächst müssen die Rollen der AIIB und der NDB erweitert werden, um Grundstrukturen des Kapitalmarkts für BRICS-Währungen und später für eine gemeinsame Währung zu generieren.

Chinas Präsident Xi Jinping setzte sich für eine verstärkte zeitnahe Nutzung der neuen Entwicklungsbank (NDB) der BRICS ein. Denkbar sei eine gemeinsame Nutzung von Satellitendaten und die gemeinsame Entwicklung bei der Künstlichen Intelligenz. Bezüglich der politischen Unterschiede zu Demokratien wie Indien oder Brasilien forderte Xi, dass man den kulturellen Austausch verstärken, aber ideologische und institutionelle Konfrontationen vermeiden solle.

Kommentar: Xi fordert einen pragmatischen Ansatz und betont das weite Feld potentieller Kooperationen. Diese Kooperationen sind mittel- und langfristig Grundlagen einer Harmonisierung des BRICS-Gebildes.

Eine offizielle Erklärung wird zum Abschluss des Gipfels am Donnerstag erwartet.

Der Chef der europäischen Investitionsbank EIB (Werner Hoyer), warnte, dass der Westen das Vertrauen des globalen Südens zu verlieren drohe. Die westlichen Länder müssten dringend ihre Unterstützung für Entwicklungs- und Schwellenländer intensivieren, weil ansonsten China, Russland und andere einspringen würden. Es sollte Anlass zur Sorge geben, dass eine wachsende Zahl kleinerer Entwicklungsländer, vor allem in Afrika, sich an Länder wie China und andere Schwellenländer wenden, um Unterstützung zu erhalten - und nicht an die traditionellen westlichen Institutionen.

Kommentar: Sehr geehrter Herr Hoyer, das Vertrauen gegenüber dem Westen ist längst verloren. Gegenüber uns in Europa ist es verloren, weil wir uns in den letzten circa 20 Jahren zu kritiklosen Vertretern der US-regelbasierten Ordnung gemacht haben. Das war vor mehr als 20 Jahren einmal deutlich weniger ausgeprägt. Vertrauen kann man sich zumeist nicht erkaufen.


IfW (Kiel-Institute) liefert Klartext

Angesichts immer schlechterer Wirtschaftsdaten warnt das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) die Regierung vor immer neuen Staatseingriffen und forderte eine Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik. IfW-Vizepräsident Kooths sagte, es gebe zu viel Bürokratie, zu viele Staatseingriffe und Subventionen. Die Politik verheddere sich in immer neuen Vorschriften und Eingriffen in die Wirtschaft, die sie dann mit neuen Vorschriften und Eingriffen korrigieren müsse.

Das sei ein Teufelskreislauf nach unten. Die deutsche Wirtschaft brauche eine Zeitenwende, damit die Wirtschaft wieder auf die Beine komme. Kooths forderte die Regierung zum Abbau von Vorschriften, Subventionen als auch Steuern und Abgaben auf. Es müsse mehr Freiräume für Marktkräfte durch Leistungsanreize geben.

Kommentar: Diese Warnungen und Aufforderungen sind richtig, sie kommen aber spät. Manche lieferten sie vorher. Muss das Kind immer erst in den Brunnen fallen? Muss sich Rückgrat immer erst aus einer fehlerhaften (opportunistischen) Grundhaltung ergeben?


Deutschland: Deutsche Maschinenbauer laut IFO-Umfrage angeschlagen wie nie zuvor

Im Wettbewerb um Marktanteile hat sich die Position deutscher Maschinenbauer laut Umfrage des IFO-Instituts fortgesetzt verschlechtert. Laut dieser Umfrage sank der Index für Absatzmärkte außerhalb der EU per Berichtsmonat Juli gegenüber der letzten Umfrage per April von -7,3 auf -14,3 Zähler. Das war der schwächste Indexwert in der bis 1994 zurückgehenden Historie dieses Index.

Grafik der jüngeren Historie:

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Kommentar: Ob diese Umfrage, ob die aktuellen PMIs (siehe Datenpotpourri), die Schlinge zieht sich um den "ökonomischen Hals" Deutschlands langsam, aber jetzt merklich zu. Am Anfang sind die Folgen vergleichbar mit "seichten Atembeschwerden", die gern mit opportunistischen Narrativen oder Ideologie überdeckt wurden und werden, je höher dann in der Folge die "Atemnot", desto schneller der konjunkturelle Verfall. Dem konjunkturellen Verfall folgt dann historisch nachweisbar der Verfall der politischen Stabilität.

Arbeitsmärkte agieren langsam und zeitversetzt (nachlaufende Indikatoren). Die Wahrscheinlichkeit von zeitnah einsetzenden schwächeren Arbeitsmärkten nimmt zu. In diesem Report wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass wir seit mehr als 300 Jahren in einem energetischen Zeitalter leben. Jede Form des Wohlstands ist damit korreliert.

Kein Land hat regierungsübergreifend seit 2011 (Fukushima) diesen tragenden Aspekt so ignoriert wie wir in Deutschland. Handeln hat Konsequenzen, Wählerverhalten auch. Ohne Energie geht nichts, gar nichts. Japan weiß es und handelt entsprechend (Sachalin). Japan reüssiert, Deutschland fällt. Mehr gibt es nicht zu sagen.



Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden: "Deutschland", der "kranke Mann" der Welt


Eurozone: Bei den PMIs wird es "roter" – Deutschlands PMIs prekär!

Laut vorläufiger Berechnung sank der Index des Verbrauchervertrauens per August von -15,1 auf -16 Punkte (Prognose -14,3).

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Der Blick muss bezüglich der PMIs auf Deutschland gerichtet werden. Nachfolgende Daten belegen, dass Deutschland innerhalb Europas der "schwächste Mann" ist. Noch mehr wird deutlich, dass Deutschland gegenüber dem Rest der Welt abstürzt.

Hier helfen keine Worte, sondern nur Sinn stiftende Taten losgelöst von Esoterik, Ideologie und Narrativen fokussiert auf die Loyalitäten gegenüber Land und Menschen vor Ort .

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UK: Deutliche Abschwächung der PMIs

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USA: PMIs schwächer, aber vor UK und Eurozone

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Der Absatz neuer Wohnimmobilen stellte sich in der annualisierten Fassung per Berichtsmonat Juli auf 714.000 (Prognose 705.000) nach zuvor 684.000 (revidiert von 697.000). Der MBA-Hypothekenmarktindex wies per 18. August 2023 einen Indexstand in Höhe von 184,8 (zweitschwächster Wert seit 1997) nach zuvor 193,0 Punkten aus.


Russland: Industrieproduktion schwächer als erwartet, aber weiter positiv

Die Industrieproduktion nahm per Juli im Jahresvergleich um 4,9% (Prognose 5,1%) nach zuvor 5,8% (revidiert von 6,5%) zu, ein beachtlicher Unterschied zum gesamten Westen.

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine neutrale Haltung. Der Devisenmarkt wirkt stark „politisch“ geprägt.

Viel Erfolg


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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