Deutschland – der kranke Mann Europas
28.11.2023 | Marc Friedrich
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Und auch in seinem Papier sind teils deutliche Passagen zu finden. “Für zahlreiche Betriebe der energieintensiven Industrie sind diese Preise existenzbedrohend, es droht eine Erosion der deutschen Grundstoffindustrie und damit der Wegfall integrierter Wertschöpfungsketten”, so Habeck. Zudem gesteht man sich in dem Papier ein, dass sich die Wettbewerbssituation besonders für die stromintensiven Branchen stark verschlechtert hat. Und trotzdem hat man die letzten AKWs vom Netz genommen.
Laut einem Bericht der Bild-Zeitung hat die Bundesregierung dabei anscheinend von Anfang an gewusst, dass sich die Strompreise aufgrund der Abschaltung erhöhen würden. Das geht aus einem internen E-Mail-Wechsel zwischen den Pressestellen des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums aus 2022 hervor. Hierin heißt es: “Der Weiterbetrieb der AKW hat neben der (geringen) Gaseinsparung zwei weitere Vorteile: die Strompreise sinken und der Netzbetrieb wird sicherer.”
Diese Einschätzung hatten übrigens damals mehrere Experten und Ökonomen vertreten. So zum Beispiel das Münchner Ifo Institut, die errechnet hatten, dass eine Nicht-Abschaltung der AKWs den Strompreis um vier Prozent senken würde. Ein Team um die Wirtschaftsweise Veronika Grimm kam in einer Studie sogar zu dem Ergebnis, dass der Strompreis bei Weiterbetrieb um bis zu 13 Prozent senken kann.
Robert Habeck hatte damals ja sogar noch behauptet, Deutschland hätte ein Gasproblem und kein Stromproblem.
Und auch sonst hat man uns doch immer wieder erzählt, dass der Weiterbetrieb der AKWs den Strompreis nicht senken würde. Man hat uns also angelogen und die Industrie muss jetzt dafür gerade stehen.
Stattdessen hat man sich jetzt auf ein Strompreispaket für die Industrie geeinigt. Geplant ist unter anderem eine deutliche Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe und eine Ausweitung der bisherigen Strompreiskompensation für Konzerne.
Bei den Grünen wertet man das als großen Erfolg. Aber was ist das für ein Erfolg, wenn man ein Problem mit Steuergeldern löst, was man im Grunde genommen selbst verursacht hat.
Agenda 2030 statt mehr Sozialismus!
Wir sehen also, dass Deutschland auf dem besten Weg ist, erneut den Titel “Kranker Mann Europas” zu gewinnen. Doch leider ist das kein Titel, über den man sich freuen sollte – nein, ganz im Gegenteil, es sollte eigentlich endlich ein Weckruf an die Politik sein. Leider beobachten wir aktuell das, was der Ökonom Ludwig von Mises mal die Interventionsspirale genannt hat. Der Staat greift in die Wirtschaft ein. Es kommt zu unerwünschten Nebeneffekten, denn der Staat ist bekanntlich kein guter Unternehmer.
Doch anstatt sich einfach aus der Wirtschaft herauszuhalten, glaubt der Staat, sich als Held aufführen zu müssen und immer mehr in die Wirtschaft einzugreifen. Jeder Eingriff hat also zur Folge, dass es zu weiteren Eingriffen kommt, bis irgendwann die wirtschaftliche Freiheit zerstört ist und der Staat alles managt. Sozialismus könnte man auch sagen.
Und auch an den Forderungen der SPD sieht man ganz deutlich, wohin der Kurs eigentlich gehen soll. Die SPD forderte zuletzt eine "temporäre" Krisenabgabe für Spitzenverdiener und die Jusos wollen gleichzeitig ein Grunderbe in Höhe von 60.000 Euro für alle über 18-Jährigen. Einzige Voraussetzung: ein Wohnsitz in Deutschland. In anderen Worten: Noch mehr Umverteilung!
Was wir stattdessen bräuchten, wäre eine Agenda 2030. Diese muss aber aufgrund der angestauten Probleme noch viel weitreichender sein als die schon thematisierte Agenda 2010. Im Wesentlichen muss sie sich auf drei Problemfelder fokussieren.
- 1. Billige Energie: Deutschland ist ein Industrieland. Wenn wir es verhindern wollen, dass Unternehmen ganz abwandern bzw. ihre Produktionen in Deutschland runterfahren, dann müssen wir angebotsseitig die Energiekosten runterbringen. Dazu habe ich bereits oft verschiedene Punkte aufgelistet, wie man das erreichen könnte.
180 Grad statt 360 Grad Wende bei der Energiepolitik inklusive Rückkehr zur Atomkraft
Temporäre Reaktivierung der Kohleminen und Förderung von Öl und Gas (so wie es Großbritannien gerade beschlossen hat) um Autarkie zu stärken
Geld in die Forschung von Speichertechnologien für erneuerbare Energien investieren
2. Der Staat soll kein Unternehmer sein: Wir haben es mit einem immer übergriffigen Staat zu tun. Das muss stoppen. Der Staat muss sich wieder auf seine Rolle als Nachtwächter zurückbesinnen. Dazu sollte er:
- die Staatsquote massiv abbauen
umstellen auf einen Schlanken digitalen Staat (Vorbild Estland)
Massiver Abbau von Bürokratie. Das wiederum führt zur Entlastung von Unternehmen → mehr Steuereinnahmen → mehr Unternehmen investieren in Deutschland.
Steuern senken und vereinfachen. Stichwort Bierdeckelsteuer. Am besten nur noch eine Steuer, die man beim Einkaufen zahlt.
Dennoch darf er durchaus investieren. Aber in Sinnvolles. Wir brauchen große Investorenpakete in allen Bereichen der Infrastruktur. Vom Kindergarten bis hin zur Internetanbindung.
3. Bildungssystem reformieren und gezielte Anreize schaffen: Wir brauchen de facto eine komplette Transformation des Schul- und Bildungssystems.
- Laut Berufsbildungsbericht hatten 2021 rund 2,6 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 35 keine Berufsausbildung. Das zeigt, dass hier einiges falsch läuft und das vor allem falsche Anreize gesetzt werden. Wir wissen doch, dass es einen Handwerker-und Fachkräfte-Mangel gibt. Gleichzeitig fällt aber das Bildungsniveau immer weiter ab und wir suggerieren jungen Menschen, dass die Uni der einzige Weg ist. Was wir vor allem brauchen ist ein Schulsystem, dass die Schüler auf das vorbereitet, was später wichtig ist.
Darüber hinaus brauchen wir endlich eine gezielte Zuwanderung von Fachkräften. Hier werden leider mit Bürgergeld die komplett falschen Anreize gesetzt.
Die Lage ist alles andere als rosig, trotzdem würde ich am Ende gerne das Positive betonen. Wir sind immer noch ein Land mit viel Potenzial und unglaublich vielen kreativen und fähigen Menschen. So viele großartige Erfindungen kamen nicht ohne Grund aus Deutschland und ich bin mir sicher, dass wir irgendwann auch wieder goldene Zeiten vor uns haben werden. Doch die aktuellen Entwicklungen gehen leider in die komplett falsche Richtung. Noch schweigt die große Mehrheit, die den ganzen Laden am Laufen hält, doch die Frage ist, wie lange sie das noch mitmachen wird.
© Marc Friedrich
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