Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Deutschland – der kranke Mann Europas

28.11.2023  |  Marc Friedrich
- Seite 3 -
Bestes Beispiel Lanxess. Erst vor wenigen Tagen meldete der Chemiekonzern tiefrote Zahlen. Eine Besserung sei laut Vorstandschef Zachert nicht in Sicht. Und auch beim deutschen Chemiegiganten BASF sieht es gar nicht gut aus. Der Aktienkurs war vor kurzem sogar unter das Coronatief von 2020 gefallen. Bereits im Sommer ist der Gewinn bei der BASF um 76 Prozent eingebrochen.

Und jetzt gerade erst vor kurzem hat der CEO der BASF, Martin Brudermüller, gewarnt, dass die ehrgeizigen Klimaziele der EU scheitern werden. In Berlin sagte der CEO: "Europa versucht es mit der Brechstange, aber das wird nicht funktionieren". Und weiter: "Wir treiben den Umbau unvermindert voran, trotz Konjunkturkrise."

Der BASF-Chef verweist hier vor allem auf die horrenden bürokratischen Vorgaben, die im Zuge des Green Deal auf die Unternehmen zukommen. Allein auf die Chemieindustrie würden 14.000 Seiten an Vorgaben und Richtlinien aus Brüssel kommen. Dabei haben Großkonzerne wie die BASF deutlich mehr Kapazitäten, um Bürokratie zu bewältigen als der Mittelstand. Für kleine und mittlere Unternehmen ist das kaum noch zu stemmen, denn der Aufwand ist proportional zur Unternehmensgröße erheblich größer.

Und auch beim dritten großen deutschen Chemieunternehmen Bayer brennt gerade die Hütte. Nach einem Verlust von 4,6 Milliarden Euro kündigt der CEO einen massiven Umbau an. Auch die Belegschaft werde sich "erheblich reduzieren", heißt es.

Drei Chemiekonzerne aus Deutschland. Und alle haben massiven Gegenwind. Die Deindustrialisierung ist bereits in vollem Gange. In vergangenen Beiträgen warne ich bereits davor schon länger.

Und die Probleme könnten sich noch weiter verschärfen, denn auch der Euro ist nach wie vor unter Druck. Im Sommer 2021 kostete ein Euro noch 1,20 Dollar. Anfang September 2022 war die europäische Währung nur 0,99 Dollar wert. Das ist der niedrigste Wechselkurs seit 20 Jahren. Für den schwachen Euro gibt es verschiedene Gründe:

1. Die Sanktionen gegen Russland haben uns viel stärker getroffen als zum Beispiel die Amerikaner. Folglich hat unsere Wirtschaft einen stärkeren Schaden genommen.

2. Europa leidet viel stärker unter hohen Preisen für fossile Energien als die USA. Wir sind nicht so autark.

3. Die FED hat ihren Leitzins viel stärker anheben können als die EZB. Das führt dazu, dass viel Kapital den Euroraum verlässt und in den Dollar fließt, da es hier höhere Zinsen gibt. Ergo, der Euro wird schwächer.

Und so ist es nicht verwunderlich, dass der Euro immer mehr an Bedeutung verliert. Im folgenden Chart von Bloomberg erkennt man, wie stark der Dollar und der Euro im internationalen Handel genutzt werden.

Open in new window


Eigentlich sollte ein schwacher Euro ja gut für die Exportwirtschaft sein. Doch wir können aktuell eher das Gegenteil beobachten.


Habecks Industriestrategie

So langsam scheint die Dringlichkeit der Lage auch im Bundeswirtschaftsministerium angekommen zu sein. Robert Habeck hat dazu erst vor kurzem seine Industriestrategie vorgestellt. Auf 60 Seiten legt Habeck dar, wie er die Wende schaffen will. Ein Wort fällt während seiner Rede besonders oft und das ist das Wort “Transformation”. Damit meint er die Transformation hin zu einer sauberen klimaneutralen Wirtschaft. Das ganze kostet jedoch – wie wir alle wissen – eine Menge Geld für Investitionen.

Wenn man sich die kompletten 60 Seiten durchliest, so lässt sich eines ganz klar erkennen: Der Staat möchte immer mehr in die Wirtschaft eingreifen. In Deutschland hat es mal so etwas wie Ordnungspolitik gegeben. Ziel dieser Ordnungspolitik war es, wirtschaftliches Wachstum zu erreichen, in dem der Staat nur die Rahmenbedingungen vorgibt und sich ansonsten aus der Wirtschaft raushält. Eine Nachtwächterrolle also.

Und es waren genau diese Ansätze, die das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft so attraktiv gemacht haben. Es war eine Art Kompromiss. Auf der einen Seite hat man privaten Unternehmern Raum gegeben, unternehmerisch aktiv zu werden. Auf der anderen Seite hat man aber auch durch das Setzen bestimmter Standards darauf geachtet, dass die Arbeitnehmerseite nicht vollkommen vernachlässigt wird.

Wenn man jetzt aber die Industriestrategie von Habeck liest, so erkennt man schnell, dass der Staat hier weit darüber hinausgeht, einfach nur die Rahmenbedingungen zu setzen. Im Papier heißt es, dass man auf verschiedene Instrumente “von der themen- und branchenoffenen Innovationsförderung bis zur gezielten Unterstützung einzelner Schlüsseltechnologien” setzt.

Der Staat will also aktiv in die Wirtschaft eingreifen. Hier mal ein paar Beispiele, wo man aktiv eingreifen bzw. mitmischen möchte. So will man:

1. Die Energiewende vorantreiben
2. Eine eigene Wasserstoffindustrie aufbauen
3. Die E-Mobilität fördern
4. Die pharmazeutische Industrie unterstützen
5. Quantentechnologie und Künstliche Intelligenz fördern und staatlich vorantreiben
6. Die Industrie in Sachen Robotik, Raumfahrt und Leichtbau vorantreiben

Die Liste könnte man noch ewig weiterführen. Es macht ganz deutlich, dass der jetzige Staat weit mehr ist, als der alt bekannte Nachtwächterstaat. Man will die Wirtschaft lenken bzw. steuern. In anderen Worten: Planwirtschaft. Aber zumindest scheint Habeck mittlerweile erkannt zu haben, dass es der Wirtschaft, insbesondere der Industrie in Deutschland, nicht gut geht. Hierzu sagt er und ich zitiere:

"Wir verlieren die Industrie und damit nicht nur Arbeitgeber und Branchen, sondern einen maßgeblichen Teil des Wohlstands."


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"