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2008 - was kommt?

28.12.2007  |  Klaus Singer
Was erwartet uns im kommenden Jahr? J. Sanio, Chef der Bafin, meinte neulich: "Ich fürchte, es kann zu einer Welt-Finanzkrise wie 1931 kommen." Er ließ zwar offen, ob das seine Prognose für 2008 ist, aber rosig wären solche Aussichten allemal nicht.


Schieben wir eine Frage vor: Von wo aus startet das neue Jahr?

Seit etwa einer Dekade beschleunigt sich die Abkopplung der Finanz von der Realwirtschaft. Dies führte im Jahr 2000 zum Platzen der Technologieblase an den Aktienmärkten und nachfolgend zu einer (milden) Rezession. 2003 begann ein weltwirtschaftlicher Aufschwung, begleitet von einer Hausse-Phase an den Aktienmärkten, die zwar zuletzt brüchiger geworden, aber bisher nicht gebrochen ist.

Während manch kritischer Beobachter an der Eigenschaft der Finanzmärkte, künftige Entwicklungen vorweg zu nehmen, (ver)zweifelt, nehmen die Bullen das als Beleg für deren Robustheit und das wiederum als Zeichen für weiterhin gute wirtschaftliche Perspektiven.


Nichts Neues also? Und damit: Auch 2008 - weiter wie bisher?

Alt ist: Auch 2007 ließ sich mit Blick auf den wachsenden Verschuldungsgrad der öffentlichen und privaten Haushalte, sowie der Unternehmen das hohe Lied des drohenden, flächendeckenden Bankrotts singen, wenn auch noch etwas schriller als zuvor. Zu den fast 9 Bill. Dollar an offiziell ausgewiesenen Schulden des US-Staates kommen 11 Bill. Dollar an Unternehmensschulden und gut 10 Bill. Dollar an privaten Hypotheken hinzu. Bis vor 10 Jahren waren die Schulden der privaten Haushalte noch durch Guthaben gedeckt, jetzt beträgt das Defizit 3,5 Mrd. Dollar. Damit entspricht der summierte Schuldenberg der privaten Haushalte nahezu der Höhe des amerikanischen Bruttosozialprodukts. Diese Quote lag im Jahr 2000 noch bei rund 65 Prozent.

Tatsache ist: Seit dem Jahr 2000 wurde die Finanzindustrie immer erfinderischer, wenn es um die Schaffung neuer Kreditstrukturen geht. Hierzu wurde sie direkt durch die amerikanische Zentralbank, damals noch unter Greenspan, ermuntert und begann in großem Stil, Kredite unterschiedlicher Bonität zu bündeln und Tranchen in u.a. "Asset backed Securities" genannten Finanzprodukten zu verbriefen. So wurde auch die klassische Unternehmensanleihe im Jahre 2004 bei einem Emissions-Niveau von jeweils über 600 Mrd. Dollar von den ABS-Papieren überholt. 2006 stieg deren Volumen auf insgesamt mehr als eine Bill. Dollar. Dass auch Europa kein Hort konservativen Wirtschaftens ist, zeigt sich neben den Krisen um IKB und Sachsen-LB daran, dass im vergangenen Jahr fast 550 Mrd. Euro in ABS-Konstruktionen investiert worden sind.

Tatsache ist: Das Volumen der Gesamtverschuldung in den USA ist heute mehr als zehnmal so hoch wie zu Zeiten der Internet-Blase zur Jahrtausendwende. Beobachter rechnen damit, dass dabei Kredite im Umfang zwischen einer und zwei Bill. Dollar von so geringer Qualität sind, wie das vor 2001 nicht vorstellbar war. Möglich wurde das durch gezielte Lockerungen der entsprechenden Vorschriften durch die Fed vor allem in Richtung privater Kredite. Goldman Sachs schätzt, dass 2005 nahezu 60 Prozent der variabel verzinsten US-Haus-Kredite ohne Eigenkapital vergeben wurden, in der Regel zu Lockzinsen und/oder mit einer Tilgungsaussetzung in den ersten beiden Jahren.

Hinzu kommt: Die Sparquote der amerikanischen Haushalte ist seit 2005 negativ. In 2000 betrug sie immerhin zwei, 1990 vor der letzten größeren Rezession sogar noch sieben Prozent. Jeder weiß: Ein Schuldner ohne Eigenkapital wird selbst von kleinen wirtschaftlichen Gegenwinden umgeblasen.

Neu ist: 2007 brachte eine Kreditkrise bisher nicht gekanntem Ausmaßes hervor. Viele, direkt oder indirekt in den Büchern der Banken, Hedge-Fonds und Kapitalanlagegesellschaften stehenden "Assets" stehen im Feuer. Im Markt für auf Hypothekendarlehen beruhenden ABS-Papieren findet kein Handel mehr statt, die letzten Preise lagen bis zu 80 Prozent unter den Ausgabekursen. ABS-Konstruktionen sind durch die hohen Kredit-Hebel per se riskant, viel schlimmer aber ist die Unsicherheit - niemand kennt die Höhe des tatsächlichen Risikos. Die großen Notenbanken pumpen in konzertierten Aktionen enorme Mengen an Liquidität in die Geldmärkte. Trotzdem ist die Kreditkrise bisher nicht beigelegt.

Tatsache ist: Die Geldentwertung hat sich in Europa längst vom EZB-Ziel bei rund zwei Prozent verabschiedet. Die auf Basis des Wachstums der Geldmenge berechnete Inflationsrate von rund 8 Prozent entspricht sehr viel besser der "gefühlten" Inflation. In den USA wird aktuell und offiziell eine Teuerung über 3 Prozent p.a. ausgewiesen. Legt man das Wachstum der Geldmenge zugrunde, wären etwa zehn Prozent zu veranschlagen. Auch das entspricht wesentlich mehr den Tatsachen als der Wert der offiziellen Statistik.

Neu ist: Der von den Preisen für Nahrungsmitteln und Energie getragene Preisauftrieb beginnt, sich vom Durchschnitt der Nachkriegs-Periode nach oben abzulösen. Hierfür gelten drei wesentliche Auslöser: Das Wachstum der Weltbevölkerung, der steigende Wohlstand in den Emerging Markets und die Verknappung der für Nahrungsmittel genutzten Anbaufläche durch den zunehmenden Anbau von Energiepflanzen.





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