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Zinskurven und Rezessionen

10.12.2004  |  Robert Rethfeld
In der nächsten Woche wird Alan Greenspan - der im Januar 2006 als Fed-Chairman zurücktreten wird - eine weitere Zinserhöhung verkünden, die voraussichtlich 25 Basispunkte betragen wird. Es wäre die fünfte Erhöhung in diesem Jahr; sie würde den kurzfristigen Zinssatz ("Fed Funds Target Rate") auf 2,25% festlegen.

Der Zinssatz der 10jährigen US-Staatsanleihen befindet sich aktuell bei 4,16%. Die Differenz zwischen dem kurz- und langfristigen Zinssatz beträgt somit ab der kommenden Woche voraussichtlich weniger als 2 Prozentpunkte.

Auf dem folgenden Chart lässt sich erkennen, warum diese Zinsdifferenz in der Branche als wichtiger Frühindikator für die wirtschaftliche Entwicklung angesehen wird.

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Befindet sich die Spanne unterhalb von null, so steigt die Gefahr einer Rezession rapide. Man spricht in diesem Fall auch von einer „invertierten“ (umgedrehten) Zinskurve. Das bedeutet, dass der Zinssatz der Fed-Funds-Target-Rate höher ist als derjenige der 10-jährigen Staatsanleihen. In den letzten 15 Jahren folgte invertierten Zinskurven in zwei von drei Fällen eine Rezession (1991 und 2001). Im Jahr 1998 reagierte Greenspan auf die Asienkrise schnell und erfolgreich mit einer Zinssenkung und rettete damit auch die Börsen.

Ein Kerngeschäft der Geschäftsbanken ist es, sich bei den Zentralbanken kurzfristiges Geld zu besorgen und es langfristig an ihre Kunden auszuleihen. Je höher die Spanne zwischen beiden Zinssätzen, desto profitabler das Geschäft. Falls die Spanne null oder sogar mit einem Minuszeichen behaftet ist, verspüren Banken wenig Lust, Kredite zu vergeben. Wenn die Banken dies nicht tun, stockt die Wirtschaft und das hat negative Auswirkungen auf Unternehmensgewinne und Aktienmärkte.

Wie wahrscheinlich ist es, dass sich die Zinskurve in der nächsten Zeit invertiert? Gegenwärtig scheint sich die Spanne noch komfortabel oberhalb von Null zu bewegen. Dennoch: Mit einem Wert von unter 2 Basispunkten hat sie sich seit Mitte des Jahres bereits halbiert.

Hebt die Fed die kurzfristigen Zinsen Anfang Februar um weitere 0,25 Prozent-punkte an - was die Fed Funds Futures signalisieren -, so würde sich die Differenz bei angenommenem konstanten 10jährigen Zins nochmals verringern. Doch für eine tatsächlich invertierte Yield-Kurve - also eine Spanne von unter null Prozentpunkten - müssten die kurzfristigen Zinsen sehr viel deutlicher steigen, wie der historische Verlauf der beiden Zinssätze auf dem folgenden Chart verdeutlicht.

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In der Regel ist es nicht der fallende Langfristzins, der zu einer invertierten Zinskurve führt, sondern der "überfallartig" steigende Kurzfristzins, der den trägen Langfristzins überholt (siehe Pfeile).

Ein solches Szenario könnte dann eintreten, wenn der Ölpreis im nächsten Jahr an Fahrt gewinnt und den Preisdruck erhöht. Ein Vergleich mit dem Jahr 1969 drängt sich auf, als der Ölpreis einen Sprung machte und die Inflation von 2,5 auf 6 Prozent anstieg: Es folgte eine Rezession. Die Fed war damals gezwungen, die kurzfristigen Zinsen zu erhöhen, um der Inflation die Schärfe zu nehmen.

Noch erscheint die aktuelle Differenz zwischen kurz- und langfristiger Rate historisch betrachtet zu groß, um einen unmittelbaren Rezessionsalarm aufkommen zu lassen. Die Entwicklung des Ölpreises wird auch im kommenden Jahr eine der wichtigsten Rollen auf der Schaubühne der Ökonomie spielen.


© Robert Rethfeld
www.wellenreiter-invest.de




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