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Blasengefahr bei Rohstofftiteln, defensive Sektoren interessant

15.02.2008  |  Redaktion
Smart Investor sprach mit dem schweizerischen Investment Advisor Alfons Cortés über die "Technische Analyse", das Ende großer Trends und seine aktuelle Markteinschätzung.

Alfons Cortés, Jahrgang 1946, berät als Investment Advisor private wie auch große institutionelle Anleger, so u.a. die zum Fürstenhaus Liechtenstein gehörende LGT Group. Seine Analysen erscheinen im Monitor-Report der LGT, eine wöchentliche Kolumne in der schweizerischen Zeitung "Finanz und Wirtschaft".


Smart Investor: Man wird nicht als Börsianer geboren. Wie haben Sie ihre Leidenschaft für die Börse entdeckt?

Cortés: Mein Onkel war Wertpapierhändler und hat schon ziemlich früh angefangen, mit mir über die Börse zu reden. Das hat mich interessiert. Eigentlich aus dem gleichen Grund, warum ich mich auch für Medienwissenschaften interessiere und immer wieder Bücher darüber lese. Die Börse ist eine unglaublich kommunikative Angelegenheit. Sie besteht im Wesentlichen aus Kommunikation. Viel mehr als der Gütermarkt. Die Kommunikation findet über die Preise statt, aber auch über fundamentale Unternehmens- und makroökonomische Analysen. Die Preise sind dabei die oberste Instanz. Sie zeigen an, wie all diese Kommunikation letztendlich verwertet wird.


Smart Investor: Wann und wie haben Sie mit der Technischen Analyse angefangen?

Cortés: 1971 wollte ich die Thesen, die der spätere Nobelpreispreisträger für Ökonomie, Friedrich August von Hayek, in seinem Werk "Individualismus und wirtschaftliche Ordnung" aufgestellt hat, in der Vermögensverwaltung umsetzen. Im Wesentlichen geht es dabei um die Bedeutung von Veränderungen bei relativen Preisen. Anhand seiner Thesen entwickelte ich ein Verfahren, mit dem ich mich durch die Märkte hindurch arbeite.


Smart Investor: Warum verwenden Sie in den Charts für Ihre „Finanz und Wirtschaft“-Kolumnen stets Bollinger-Bänder?

Cortés: Bevor wirklich große, jahrelang anhaltende Trends sich ändern, ändert sich die Volatilität (Schwankungsbreite von Kursen). Da stellt sich immer die Frage, welche Volatilitätsänderung ist relevant? Die Bollinger-Bänder helfen da zwischen bedeutungsloser Volatilität und einer wirklichen Verschiebung der Präferenzen zu unterscheiden.


Smart Investor: Die von den Bändern angezeigten Volatilitätsausbrüche sind also Anzeichen für eine nachhaltige Präferenzverschiebung?

Cortés: Ja, wobei ich sagen muss, es gibt nichts Absolutes an der Börse. Sie haben völlig zu Recht "Anzeichen" gesagt. Man muss immer Vieles vernetzen. Die technische Analyse geht nicht in die Tiefe. Das kann nur die Fundamentale Analyse. Aber man kann die technische Analyse so anlegen, dass sie in die Breite geht. Wenn Sie die Veränderungsrate nicht nur von nominellen Preisen messen, sondern auch von relativen Preisen, sowie der Volatilität und der Umsätze von sehr, sehr vielen Objekten, beginnend mit Indizes, dann heruntergehend auf Sektorenindizes und schließlich auf Einzelaktien, auf Devisen, Zinsen und Obligationen - wenn Sie das alles vergleichen, bekommen Sie ein aufschlussreiches Gesamtbild. Die grundsätzliche Frage hierbei lautet: Handeln viele Leute an vielen Orten weitgehend übereinstimmend oder nicht. Wenn diese Frage mit ja beantwortet ist, folgt die nächste: Wie lange schon? Je länger das schon der Fall ist, umso größer die Gefahr, dass dieser Trend einmal zu einem Ende kommt.


Smart Investor: Woran erkennt man dann, dass große Trends zu einem Ende kommen?

Cortés: Wenn es nach einem großen Trend, z.B. der Baisse 2000 bis 2002, zu einem Seitwärtstrend kommt, wo dann einzelne Sektoren noch weiter fallen, andere aber bereits nach oben ausbrechen, so geschehen damals in der Periode Oktober 2002 bis März 2003, dann ist dies ein klarer Hinweis darauf, dass sich gerade eine neue Zukunftsversion durchzusetzen beginnt. Die alte war damals auf Rezession gestimmt.


Smart Investor: Wie lautete denn damals die neue Zukunftsvision?

Cortés: Ein Kollege von mir war im März 2003 in Hongkong und teilte mir mit, das er für seinen Fonds, der seit Auflegung jedes Jahr seine Benchmark übertraf, angefangen hätte, Stahl-, Minen- und Ölaktien zu kaufen. Viele haben damals darüber nur den Kopf geschüttelt. Nicht einmal die Leute in Hongkong haben gemerkt, was nördlich der Grenze gerade losgebrochen war, nämlich ein Wachstumsschub. Für Minenaktien gab es damals überhaupt keine fundamentalen Analysen neueren Datums und Stahlaktien sahen sehr teuer aus. Das lag daran, dass die fundamentalen Analysen allesamt eine Vergangenheit reflektierten, die nichts mit der Zukunft zu tun hatte. Sie reflektierten ein Überangebot an Stahl. Der Wachstumsschub in China brachte aber das Gegenteil hervor. Natürlich gibt es immer einige Investoren, die smarter sind als die übrigen. Und als die Märkte anfingen, heterogen zu werden, konnten wir in gewissen Sektoren ein völlig anderes Geschehen feststellen als in den Indizes. Dies war damals dann der Hinweis, nicht die Sicherheit aber der Hinweis, dass smarte Leute irgendetwas gemerkt haben. Durch ihr abweichendes Verhalten veränderten sie die Momentumwerte der betreffenden Sektoren im Verhältnis zum Verlauf der Indizes.





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