Silber - Gehebeltes Gold oder doch ein bisschen mehr?
20.12.2004 | Ralph W. Stemper
Silber hat mit ca. 20% Kurssteigerung in den vergangenen 12 Monaten unter den Edelmetallen am besten abgeschnitten. Warum war das so? Gab es fundamentale Gründe für diese Entwicklung oder war es vor allem die immer wieder unterstellte Korrelation zum Goldpreis? Bei Analyse der Charts ist eine Korrelation dieser beiden Metalle zueinander wohl unstrittig, und dabei wirkt Silber häufig wie ein Hebelprodukt auf Gold. Bei sinkendem Goldpreis oder bei einer Seitwärtsbewegung bleibt Silber zurück. Bei steigendem Goldpreis entwickelt sich der Silberpreis wesentlich stärker. Ganz besonders ausgeprägt ist dieses Verhalten bei plötzlich veränderten Wachstumserwartungen der Weltwirtschaft.
So gab Silber z.B. sehr viel deutlicher nach als Gold, nachdem die chinesische Regierung Maßnahmen zur Dämpfung der Binnenkonjunktur bekannt gegeben hatte. Eigentlich gibt es für diese Korrelation keine Erklärung. Sie wäre bis 1971 durchaus noch berechtigt gewesen, denn bis dahin waren alle Währungen - zumindest teilweise - durch Gold und Silber gedeckt. Seit der Aufhebung des sogenannten Goldstandards wird nur noch Gold, aber nicht mehr Silber, von den Zentralbanken als Reservewährung gehalten.
Dennoch gilt es ganz offensichtlich weiter als "sicherer Hafen" für die Spekulation, weil die Korrelation einfach unterstellt wird, aber unvorhergesehene Interventionen durch die Zentralbanken nicht zu erwarten sind. Gerade in Zeiten starken Dollarverfalls sind Interventionen der Zentralbanken im Goldmarkt nur schwer vorhersehbar. Silber mag dann also begehrter sein als Gold, weil ihm größere Sicherheit unterstellt wird. Umgekehrt gilt Gold als sicherer, wenn die Preise fallen, weil man davon ausgehen kann, dass die Zentralbanken intervenieren, um den Goldpreis zu stabil zu halten.
Das Angebot
Etwa 50% der Silbergewinnung fällt als Nebenprodukt bei der Förderung anderer Basismetalle wie Kupfer, Blei oder Zink an. Allerdings sind die weltweiten Lagerbestände seit Anfang der 70er Jahre stark zurückgegangen, weil gerade mit der Aufhebung des Goldstandards Silber seine Rolle verloren hat, und vor allem die US-Notenbank die bis dahin in ihren Tresoren gehorteten Bestände verkauft hat. Auch die Minenproduktion geht seit Jahren zurück, so dass es tatsächlich zu einer zunehmenden Verknappung dieses Metalls kommt. Allein 2003 fiel die Silberproduktion um 5%.
Im Gegensatz zu Palladium, das ebenfalls als Nebenprodukt bei der Förderung anderer Metalle anfällt, ist bei Silber die Lage angespannt. Um den steigenden Bedarf der Industrie einigermaßen zu befriedigen, wird verstärkt silberhaltiger Schrott eingeschmolzen. 2003 stammten bereits 25% der weltweiten Silberproduktion aus diesem Recycling. Neue Silberminen sind nicht in Sicht. Mit einer Steigerung des Angebots kann also in absehbarer Zukunft kaum gerechnet werden. Wahrscheinlicher ist sogar ein weiterer Rückgang der Produktion. Es gibt auch keinen Puffer mehr, der bei Gold nach wie vor existiert, denn Teile der enormen Goldbestände der Zentralbanken könnten jederzeit und völlig unvorhersehbar in den Markt fließen.
Die Nachfrage
Der Silberbedarf der Industrie nimmt stetig zu. Bei der Leitfähigkeit von elektrischem Strom übertrifft Silber sogar Gold. Vor allem in der Lebensmitteltechnik, der Pharmaindustrie und der chemischen Industrie findet Silber verstärkt Anwendung, da Silberflächen biostatisch sind, also das Überleben von Bakterien verhindern. Mit einem Anteil von knapp 43% ist die Industrie wichtigster Abnehmer dieses Metalls. Aus diesem Bereich kommt auch die Wachstumsphantasie. Die Nachfrage der Schmuck- und Silberwarenindustrie bleibt seit Jahren konstant. Sie macht knapp ein Drittel der Nachfrage aus und reagiert kaum auf Preisveränderungen, da sich das Nachfrageverhalten der Haushalte über Jahrzehnte nicht mehr verändert hat.
Für Tafelsilber, Kerzenhalter und Silberschmuck gibt es eben kein Substitut. Dagegen ist die Photoindustrie als Motor des Nachfragewachstums nahezu ausgeschieden. Sie stellt immer noch 22% der Nachfrage. Mit dem zunehmenden Einsatz von Digitalkameras und der elektronischen Speicherung von Fotographien sinkt die Abnahme von silberhaltigem Photopapier. Das gleiche gilt für Filme, die vom Photoapparat direkt auf den Bildschirm heruntergeladen werden. Die Anstrengungen der Minengesellschaften, in die Gewinnung von Silber zu investieren sind im übrigen auch deshalb zurückgegangen. Trotz verhältnismäßig niedriger Preise hat sich der Silbermarkt noch nicht konsolidiert. Aber gerade deshalb ist er auch für Überraschungen gut.
Die Spekulation
Die CFTC (Commodity Futures Traders Commission) veröffentlicht wöchentlich die Anzahl der Kontrakte in den USA gehandelter Rohstoffe. Dabei wird zwischen Long und Short sowie zwischen Commercial und Non-Commercial Kontrakten unterschieden. Den Commercial Kontakten liegt die Absicherung einer physischen Position zugrunde, während es sich bei Non-Commercial Kontrakten um reine Spekulations- und Analagegeschäfte handelt. Der spekulativen Geldanlage kommt eine hohe Marktbedeutung zu. Bereits im Herbst 1997 überstieg die Anzahl der Non-Commercial Long-Kontrakte die Anzahl der Commercial Long Kontrakte. Diese Relation hat sich seitdem auch nicht mehr geändert. Die Schwelle von 60.000 Non-Commercial Long Kontrakten ist seit 1986 nur zweimal überschritten worden.
Zur Zeit befinden wir uns wieder auf diesem hohen Niveau. Ab Mitte 2003 haben sich die Non-Commercial Short Positionen auf ein Minimum reduziert. Dies galt im übrigen auch im Mai, als die chinesische Regierung ihre Maßnahmen zur Dämpfung der Konjunktur bekannt gab. Zwar wurden damals massiv Long Position aufgelöst. Zu einer starken Zunahme der spekulativen Short Positionen kam es jedoch nicht. Daraus ist zu schließen, dass die Spekulation zwar jederzeit bereit ist, Gewinne aus Long Positionen mitzunehmen, sowie die weltweite Konjunkturentwicklung dies sinnvoll erscheinen lässt. Sie bleibt aber längerfristig von einem steigenden Silberpreis überzeugt. Ein ganz wesentlicher Grund hierfür ist die Erwartung einer weiteren Abschwächung des US Dollars, für den Gold, aber auch Silber, und dann gehebelt, als Substitut gelten.
Wenn man auch den Stimmen, die den Silberpreis schon in Kürze beim Zehnfachen des heutigen Wertes sehen, keinen Glauben schenken sollte, so erscheint doch eine weitere Entwertung des US Dollar und damit eine kräftige Erhöhung des Silberpreises eher wahrscheinlich zu sein. Immerhin haben kluge Köpfe wie Warren Buffet und Bill Gates beträchtliche Anteile an Silberminen gekauft. Beide halten im übrigen eine weitere Abschwächung des US Dollar wegen des hohen Handelsbilanzdefizits der USA für notwendig. Der europäische Anleger sollte aber nur Quanto Zertifikate auf Silber kaufen, da Silber in US Dollar notiert und ein fallender Dollar Gewinne in Euro stark beeinträchtigen würde.
Zusammenfassung
Der Silberpreis liegt seit Mitte 2003 in einem Aufwärtstrend, der nur im Mai deutlich unterbrochen wurde, sich seitdem aber wieder fortgesetzt wird. Das Angebot wird auch in den nächsten Jahren wegen abnehmender Produktion und niedriger Lagerbestände keine Entlastung des Marktes bringen. Dagegen wird die Nachfrage zumindest gleich bleiben, wahrscheinlich aber eher zunehmen. Hinzu kommt, dass der Silberpreis sich trotz zunehmender Spekulation noch immer auf einem historisch niedrigen Niveau bewegt. Obwohl wir nicht glauben, dass historische Höchststände die zukünftige Entwicklung beeinflussen, scheint die Investition in währungsgesicherte Silberzertifikate gute Chancen zu haben.
© Ralph W. Stemper
www.rohstoff-report.de
So gab Silber z.B. sehr viel deutlicher nach als Gold, nachdem die chinesische Regierung Maßnahmen zur Dämpfung der Binnenkonjunktur bekannt gegeben hatte. Eigentlich gibt es für diese Korrelation keine Erklärung. Sie wäre bis 1971 durchaus noch berechtigt gewesen, denn bis dahin waren alle Währungen - zumindest teilweise - durch Gold und Silber gedeckt. Seit der Aufhebung des sogenannten Goldstandards wird nur noch Gold, aber nicht mehr Silber, von den Zentralbanken als Reservewährung gehalten.
Dennoch gilt es ganz offensichtlich weiter als "sicherer Hafen" für die Spekulation, weil die Korrelation einfach unterstellt wird, aber unvorhergesehene Interventionen durch die Zentralbanken nicht zu erwarten sind. Gerade in Zeiten starken Dollarverfalls sind Interventionen der Zentralbanken im Goldmarkt nur schwer vorhersehbar. Silber mag dann also begehrter sein als Gold, weil ihm größere Sicherheit unterstellt wird. Umgekehrt gilt Gold als sicherer, wenn die Preise fallen, weil man davon ausgehen kann, dass die Zentralbanken intervenieren, um den Goldpreis zu stabil zu halten.
Das Angebot
Etwa 50% der Silbergewinnung fällt als Nebenprodukt bei der Förderung anderer Basismetalle wie Kupfer, Blei oder Zink an. Allerdings sind die weltweiten Lagerbestände seit Anfang der 70er Jahre stark zurückgegangen, weil gerade mit der Aufhebung des Goldstandards Silber seine Rolle verloren hat, und vor allem die US-Notenbank die bis dahin in ihren Tresoren gehorteten Bestände verkauft hat. Auch die Minenproduktion geht seit Jahren zurück, so dass es tatsächlich zu einer zunehmenden Verknappung dieses Metalls kommt. Allein 2003 fiel die Silberproduktion um 5%.
Im Gegensatz zu Palladium, das ebenfalls als Nebenprodukt bei der Förderung anderer Metalle anfällt, ist bei Silber die Lage angespannt. Um den steigenden Bedarf der Industrie einigermaßen zu befriedigen, wird verstärkt silberhaltiger Schrott eingeschmolzen. 2003 stammten bereits 25% der weltweiten Silberproduktion aus diesem Recycling. Neue Silberminen sind nicht in Sicht. Mit einer Steigerung des Angebots kann also in absehbarer Zukunft kaum gerechnet werden. Wahrscheinlicher ist sogar ein weiterer Rückgang der Produktion. Es gibt auch keinen Puffer mehr, der bei Gold nach wie vor existiert, denn Teile der enormen Goldbestände der Zentralbanken könnten jederzeit und völlig unvorhersehbar in den Markt fließen.
Die Nachfrage
Der Silberbedarf der Industrie nimmt stetig zu. Bei der Leitfähigkeit von elektrischem Strom übertrifft Silber sogar Gold. Vor allem in der Lebensmitteltechnik, der Pharmaindustrie und der chemischen Industrie findet Silber verstärkt Anwendung, da Silberflächen biostatisch sind, also das Überleben von Bakterien verhindern. Mit einem Anteil von knapp 43% ist die Industrie wichtigster Abnehmer dieses Metalls. Aus diesem Bereich kommt auch die Wachstumsphantasie. Die Nachfrage der Schmuck- und Silberwarenindustrie bleibt seit Jahren konstant. Sie macht knapp ein Drittel der Nachfrage aus und reagiert kaum auf Preisveränderungen, da sich das Nachfrageverhalten der Haushalte über Jahrzehnte nicht mehr verändert hat.
Für Tafelsilber, Kerzenhalter und Silberschmuck gibt es eben kein Substitut. Dagegen ist die Photoindustrie als Motor des Nachfragewachstums nahezu ausgeschieden. Sie stellt immer noch 22% der Nachfrage. Mit dem zunehmenden Einsatz von Digitalkameras und der elektronischen Speicherung von Fotographien sinkt die Abnahme von silberhaltigem Photopapier. Das gleiche gilt für Filme, die vom Photoapparat direkt auf den Bildschirm heruntergeladen werden. Die Anstrengungen der Minengesellschaften, in die Gewinnung von Silber zu investieren sind im übrigen auch deshalb zurückgegangen. Trotz verhältnismäßig niedriger Preise hat sich der Silbermarkt noch nicht konsolidiert. Aber gerade deshalb ist er auch für Überraschungen gut.
Die Spekulation
Die CFTC (Commodity Futures Traders Commission) veröffentlicht wöchentlich die Anzahl der Kontrakte in den USA gehandelter Rohstoffe. Dabei wird zwischen Long und Short sowie zwischen Commercial und Non-Commercial Kontrakten unterschieden. Den Commercial Kontakten liegt die Absicherung einer physischen Position zugrunde, während es sich bei Non-Commercial Kontrakten um reine Spekulations- und Analagegeschäfte handelt. Der spekulativen Geldanlage kommt eine hohe Marktbedeutung zu. Bereits im Herbst 1997 überstieg die Anzahl der Non-Commercial Long-Kontrakte die Anzahl der Commercial Long Kontrakte. Diese Relation hat sich seitdem auch nicht mehr geändert. Die Schwelle von 60.000 Non-Commercial Long Kontrakten ist seit 1986 nur zweimal überschritten worden.
Zur Zeit befinden wir uns wieder auf diesem hohen Niveau. Ab Mitte 2003 haben sich die Non-Commercial Short Positionen auf ein Minimum reduziert. Dies galt im übrigen auch im Mai, als die chinesische Regierung ihre Maßnahmen zur Dämpfung der Konjunktur bekannt gab. Zwar wurden damals massiv Long Position aufgelöst. Zu einer starken Zunahme der spekulativen Short Positionen kam es jedoch nicht. Daraus ist zu schließen, dass die Spekulation zwar jederzeit bereit ist, Gewinne aus Long Positionen mitzunehmen, sowie die weltweite Konjunkturentwicklung dies sinnvoll erscheinen lässt. Sie bleibt aber längerfristig von einem steigenden Silberpreis überzeugt. Ein ganz wesentlicher Grund hierfür ist die Erwartung einer weiteren Abschwächung des US Dollars, für den Gold, aber auch Silber, und dann gehebelt, als Substitut gelten.
Wenn man auch den Stimmen, die den Silberpreis schon in Kürze beim Zehnfachen des heutigen Wertes sehen, keinen Glauben schenken sollte, so erscheint doch eine weitere Entwertung des US Dollar und damit eine kräftige Erhöhung des Silberpreises eher wahrscheinlich zu sein. Immerhin haben kluge Köpfe wie Warren Buffet und Bill Gates beträchtliche Anteile an Silberminen gekauft. Beide halten im übrigen eine weitere Abschwächung des US Dollar wegen des hohen Handelsbilanzdefizits der USA für notwendig. Der europäische Anleger sollte aber nur Quanto Zertifikate auf Silber kaufen, da Silber in US Dollar notiert und ein fallender Dollar Gewinne in Euro stark beeinträchtigen würde.
Zusammenfassung
Der Silberpreis liegt seit Mitte 2003 in einem Aufwärtstrend, der nur im Mai deutlich unterbrochen wurde, sich seitdem aber wieder fortgesetzt wird. Das Angebot wird auch in den nächsten Jahren wegen abnehmender Produktion und niedriger Lagerbestände keine Entlastung des Marktes bringen. Dagegen wird die Nachfrage zumindest gleich bleiben, wahrscheinlich aber eher zunehmen. Hinzu kommt, dass der Silberpreis sich trotz zunehmender Spekulation noch immer auf einem historisch niedrigen Niveau bewegt. Obwohl wir nicht glauben, dass historische Höchststände die zukünftige Entwicklung beeinflussen, scheint die Investition in währungsgesicherte Silberzertifikate gute Chancen zu haben.
© Ralph W. Stemper
www.rohstoff-report.de