Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Die Wölfe kommen näher

10.03.2008  |  Ronald Gehrt
- Seite 2 -
Um Kurse über 500 Dollar wiederzusehen, musste sich der Anleger, der damals den Rattenfängern auf den Leim ging, 25 Jahre gedulden ... und für Kurse von 800 Dollar 28 Jahre. So betrachtet stimmt es: Langfristig steigt Gold. Aber 28 Jahre sind schon sehr langfristig, wenn man sich eigentlich nur vor einer Inflation schützen sollte, die 1983 bereits zu Ende ging. Und wenn Sie einkalkulieren, was ein Dollar 1980 an Kaufkraft besaß, muss Gold noch lange weiter steigen, um nur wieder den echten damaligen Wert zu erreichen. Das Szenario heute gleicht dem von damals sehr. Damals endete ein vermeintlich sicherer Inflationsschutz für viele, die nicht rechtzeitig ausstiegen, im Debakel. Wo sind die Gründe dafür, dass diesmal alles anders sein soll?


Die großen Adressen sind immer rechtzeitig draußen

Nun, nichts ist sicher an den Börsen, nie kann und darf man etwas einfach ausschließen. Daher räume ich ein, dass eine winzigkleine Chance besteht, dass man all denjenigen, die Ihnen vorher Immobilien zu Höchstpreisen auf dem Scheitelpunkt des Booms verkauften und danach im Sommer zum Einstieg in den Aktienmarkt bliesen, diesmal glauben darf. Damals verkauften die erfahrenen großen Adressen, während die Privatanleger einstiegen, in diese letzte Welle der Euphorie hinein. Es ist nur wenige Monate her, erinnern Sie sich daran, wie extrem überzeugt die Käufer an den Hochpunkten waren, dass man Immobilien immer kaufen kann - die steigen immer ... und Aktien ebenso - weil die Rallye jetzt erst richtig losgeht? Erinnern Sie sich, wie wütend jede Warnung niedergebrüllt wurde und, wenn es an Argumenten mangelte, einfach erklärt wurde, dass diesmal schließlich alles anders sei? Gestern saß die Führungsspitze von Countrywide Financial vor einem Untersuchungsausschuss um zu erklären, warum sie unmittelbar von Beginn der Krise große Aktienpakete verkauft hatten, während die Investoren immer noch an einen endlosen Boom glaubten.

Wenn Sie sich daran erinnern, dann frage ich Sie: Und was ist diesmal anders? Ebenso wie bei den vorgenannten Fällen fehlt es an ein paar Kleinigkeiten ... um genau zu sein, an jedweden Argumenten, warum diese Rohstoffe nun ewig weiter steigen sollen. Mal davon abgesehen, dass die Anleger dadurch einen Bumerang werfen, der ihnen in Kürze von hinten an die Birne segelt - weil die explodierenden Rohstoffpreise die Gesamtwirtschaft, ohnehin auf wackeligen Füßen, endgültig in die Tiefe reißen und das letztlich jeden treffen würde - fehlt es an einem entscheidenden Grundstein: der Nachfrage.

Oft wird ignoriert, dass es zwischen Aktien und Commodities inklusive Immobilien einen Unterschied gibt. Aktien können im Prinzip fast grenzenlos steigen oder fallen. Natürlich spielen die Unternehmensgewinne eine wichtige Rolle. Aber je nach Stimmungslage sind die Aktionäre gerne bereit, in Boomphasen das 50fache der Gewinne zu bezahlen, in Baissen ist ihnen auf einmal das 10fache viel zu teuer. Aktien sind nie wirklich „billig“ und nie wirklich "teuer", denn sie hängen an der persönlichen Empfindung der Investoren. Rohstoffe jedoch nicht, vom Gold mal - teilweise - abgesehen. Und hier liegt das erste Problem:


Die Schere zwischen Preis und Nachfrage

Die Nachfrage nach Benzin fällt mit steigenden Preisen. Ein bis zwei Prozent wie aktuell in den USA ist dabei bereits für die normale Preisbildung viel. Und der konjunkturelle Abschwung ist im Gange ... und keineswegs so schnell aufzuhalten. Auch, dass wie immer alles ineinander verschachtelt ist, sprich Amerika nicht in einer Rezession stecken kann, während Europa und Asien einfach ungebremst weiter wachsen, haben fast alle Akteure mittlerweile realisiert. Und wie bei Öl betrifft das letztlich nahezu alle Rohstoffe: Wird der Preis unerträglich, geht die Nachfrage zurück. Und schrumpft die Wirtschaft ohnehin gerade, dann erst recht. Damit regulieren sich die Preise letztlich selbst, fallen wieder auf ein Niveau, auf der die Nachfrage zunimmt ... ein ganz normaler, immer wiederkehrender Prozess. Und das soll nun auf einmal anders sein?

Sicher, die Futuresmärkte können die Kurse momentan diktieren. Wer das meiste Kapital in den Ring wirft, gewinnt und kann völlig irrwitzige Preise erreichen ... und sich eine goldene Nase verdienen. Normalerweise würde man argwöhnen, dass man dann aus solch riesigen Positionen nicht mehr herauskommt, ohne selbst einen Kursrutsch zu verursachen. Aber dagegen gibt es ja ein Mittel: Flöte ausgepackt und ein feines Liedchen über ewige Gewinne in die Wohnzimmer der verunsicherten Anleger geblasen ... und das Problem ist gelöst. Das klappte bei Immobilien, bei den Aktien ... und es klappt auch jetzt. Beispiel Gold:

Seit einer Woche eiert jede Stunde eine Meldung über den Ticker, dieser oder jener Analyst stelle soeben fest, dass "der Markt die 1.000 Dollar sehen wolle". Bei Kurszielen von 2.000 Dollar binnen eines Jahres zuckt niemand mehr zusammen. Nach der Verdoppelung jetzt die Vervierfachung? Kein Problem. Das klingt so normal wie "Dax über 10.000 im März" (Parole vom Dezember) oder "Immobilienpreise steigen immer". Und genauso glaubwürdig. Und es führt dazu, dass die Anleger sich auf diese vermeintlich einzigen Alternativen zu Aktien stürzen und so denen ihre Positionen zu Rekordpreisen abkaufen, die diese sonst nicht ohne Kurseinbruch würden loswerden können. Das Risiko wandert also von den großen Adressen ganz still und leise hin zu den Privatanlegern, die nun auf den großen Sprung hoffen ... z.B. bei Gold über 1.000 Dollar. Auffällig, dass über 990 Dollar immer wieder massiv Verkaufsbereitschaft auftritt. Woher die wohl kommt ...


Sentiment meldet Gefahr

Neben dieser Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage und dem verdächtigen Getrommel aller interessierten Kreise in Richtung der nach Rettungsringen suchenden Privatanleger kommen weitere Aspekte hinzu - das Sentiment und die Chart- und markttechnische Lage.

Das Sentiment ist momentan in allen Bereichen extrem - alle bearish für den Dollar, alle bullish für Gold und Öl. Was andeutet, dass diesen Märkten nun langsam wohl die Käufer ausgehen, denn wie am Aktienmarkt auch stellt sich ja immer die Frage: Wenn alle, die nun in den Rohstoffen ihr Heil suchen und natürlich Gewinne erwarten, nun investiert sind, sprich diese "Modewelle" versickert, auf der anderen Seite aber die großen Adressen ihre Schäfchen ins Trockene bringen wollen - was passiert dann mit den Kursen? Es kann schlagartig und massiv abwärts gehen. Die ersten Beispiele tauchen bereits auf - sehen Sie sich mal Palladium im direkten Vergleich zu Gold an:

Open in new window




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"