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Den Insidern über die Schulter geschaut

08.01.2005  |  Alexander Hirsekorn
Über die Ermittlung und Interpretation der Commitment of Traders (CoT)-Daten

Jeder Börsianer steht vor dem Eingehen einer Position vor der Kernfrage, in welche Richtung sich ein Markt bewegen und wie sein Chance/Risiko-Verhältnis beim Eingehen einer Position aussehen wird. Bei der Beurteilung dieser Frage blickt der Analyst in die Vergangenheit, um daraus eine Zukunftsprognose abzuleiten.

US-Tradinglegende Larry Williams vergleicht die Märkte mit dem Meer, auf dem eine Vielzahl an Dampfschiffen unterwegs ist. Der Technische Analyst ist in seinen Augen eine Person, die auf die Richtung des Dampfes und auf den Wellenschlag achtet um herauszufinden, in welche Richtung das Boot fährt. Diese Analyseform sei jedoch nur geeignet, um die vergangene Fahrtrichtung zu erklären, und gebe keine Aussage über die zukünftige Fahrtrichtung. Daher sei es wichtiger, auf die Aktionen der wichtigsten Person an Bord zu achten - des Kapitäns. Lediglich der Kapitän hat die Autorität, die Richtung jederzeit ändern zu können. Eine solche Richtungsänderung zeige sich jedoch vorher nicht in Wellen und Dampf. Für Larry Williams sind die "kommerziellen Händler" die Kapitäne der Märkte.

Der Anleger besitzt die Möglichkeit, diesen Kapitänen bei ihren Aktionen über die Schulter zu schauen, um mögliche Trendwechsel frühzeitig zu erkennen. Deren Aktionen werden in den CoT (Commitment of Traders)-Reports wöchentlich veröffentlicht. Diese Daten über die Positionierung einzelner Händlergruppen werden von der US-Regierungsbehörde CFTC (Commodity Futures Trading Commission) jeden Freitag abend um 21.30 MESZ auf deren Homepage kostenlos unter www.cftc.gov bekanntgegeben. Die Daten beinhalten die Positionierungen der Teilnehmer bis zum jeweiligen Dienstag der Kalenderwoche und besitzen damit einen Timelag von drei Tagen gegenüber der Veröffentlichung. Deklariert werden dabei die Positionen in Futures, in denen mindestens 20 Händler die Mindestwertanforderungen erfüllen. Da diese Daten frei verfügbar sind, stellt sich die Frage, ob sie einen Wert besitzen, wenn sie doch jeder Interessent nutzen kann, und außerdem, wie man diese Daten für sein eigenes Investment sinnvoll einbinden könnte.


Nutzen der Daten

Bei der Beantwortung dieser Frage sind zwei Studien der Credit Suisse aus dem Juli 2002 hilfreich. Untersucht wurde dabei der US-Aktienmarkt am Beispiel des S&P 500 und des Nasdaq 100. In der ersten Studie wurde die Preisentwicklung des S&P 500 von 1983 bis Juni 2002 untersucht. Als Einstiegssignal für eine Long-Position wurde eine Netto-Positionierung der Commercials (>0, also netto long) definiert, ansonsten erfolgt eine Short-Positionierung (<0, also netto short). Die zweite Studie bezieht sich auf den Nasdaq 100 im Zeitraum 1996 bis 2002. Die dabei erzielten Performances sind der Tabelle zu entnehmen.

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Es läßt sich also festhalten, daß eine Hold-and-Buy-Strategie in einem langfristigen Bullenmarkt, in dem sich der S&P 500 von 1983 bis 2000 befunden hatte, eine gute Rendite eingebracht hätte, nämlich 9% p.a. Die Betrachtung der einzelnen Händlergruppen offenbart, daß kommerzielle Akteure dabei signifikant besser abschnitten, da ihr Handelsergebnis gegenüber dem S&P 500 um den Faktor 5 und gegenüber der Nasdaq um den Faktor 9 höher ausfiel. Diese deutliche Outperformance der kommerziellen Akteure ist sicherlich auch teilweise auf deren Fähigkeit zurückzuführen, in einem Markt short sein zu können, was vielen Kleinspekulanten in früheren Zeiten so nicht möglich war. Deren Performanceergebnisse zeigen jedoch auf erschreckende Art und Weise, wie das Spiel der Börse funktioniert, da sie selbst von einem so großen Bullenmarkt wie in den 80er und 90er Jahren nicht profitieren konnten. Deren Ergebnis kommt einem Totalverlust gleich! Die Zahlen belegen demnach, daß es sinnvoll ist, den Commercials auf die Finger zu schauen, um eine Einschätzung zu den Aktienmärkten geben zu können.

Schon in Smart Investor 7/2003 schrieb Dr. Reinhard Bauernfeind einen Artikel zum Thema CoT-Daten. In Ergänzung und Erweiterung zu diesem Artikel liegt der Focus dieses Beitrags auf der praktischen Anwendung dieser Daten, wie man sie lesen und interpretieren kann und welche Besonderheiten dabei berücksichtigt werden müssen. Um ein tieferes Verständnis für die CoT-Daten zu erreichen, ist es jedoch hilfreich, zunächst einige Begrifflichkeiten zu erläutern.


Struktur der Daten

Die CFTC veröffentlicht aktuell die Daten für 70 Futuresmärkte. Die zugrundeliegenden Basiswerte sind
  • Aktienindices (z.B. S&P 500, Dow Jones Industrial, Nasdaq 100)
  • Metalle (z.B. Gold, Silber, Kupfer)
  • Währungen (z.B. Euro, Schweizer Franken, Australischer Dollar)
  • Energie (z.B. Erdöl, Erdgas, Heizöl)
  • Zinsen (z.B. 5-Year T-Notes, 10-Year T-Notes, (30-Year) T-Bonds)
  • Fleisch (z.B. Schweinebauchhälften, Schweinefleisch, Rindfleisch)
  • Getreide (z.B. Weizen, Mais, Sojabohnen)
  • Nahrungsmittel (z.B. Zucker, Kaffee, Milch)

Betrachtet man auf der Homepage der CFTC die Daten für einen einzelnen Future anhand des S&P 500, dann sieht die typische Darstellungsform wie in Abb. 1 dargestellt aus.

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Somit erfährt der Leser in der ersten von vier Zeilen, welche der drei Händlergruppen - Non-Commercial, Commercial und Nonreportable Positions - wie viele Long- und Short-Positionen besitzt und wie viele offene Positionen (Open Interest) insgesamt in einem Future bestehen.

In der zweiten Zeile ist die Veränderung der Long- und Short-Positionen im Vergleich zur Vorwoche erkennbar. Diese beiden Zeilen stellen die relevanten Informationen für den Betrachter dar.

In der dritten Zeile erfolgt eine prozentuale Angabe der Positionsgröße vom gesamten Open Interest, und in der vierten Zeile wird die Anzahl der beobachteten Händler aufgelistet. Da sich das Betrachten der relevanten Informationen sehr mühsam gestaltet, empfiehlt sich für den Interessierten der Besuch der Homepage des Börsendienstes "Der Wellenreiter" unter www.wellenreiter-invest.de, wo die Informationen für die wichtigsten Futures übersichtlich dargestellt sind (Abb. 2).

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