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Die Bärenmarkt-Wasserfolter

29.04.2008  |  Dr. Marc Faber
- Seite 2 -
Die beiden Hauptsorgen Berners über die amerikanischen Unternehmensprofite beziehen sich auf die "Hebelwirkung der Betriebsausgaben" und die Tatsache, dass die Stärke der "Gewinne aus dem Ausland" kurz davor steht, in Frage gestellt zu werden. Die Hebelwirkung der Betriebskosten ist momentan höher als in den 1990er Jahren, und das könnte, laut Berner, bedeuten, dass eine "tiefere Rezession, ganz besonders eine, die sich auf das Ausland ausbreitet, noch deutlich stärkere Einschränkungen bei den Gewinnen zur Folge haben würde."

Berner zeigt, dass die Gewinne aus dem Ausland von einem Anteil von 15% der Gesamterträge vor 20 Jahren auf heute 31,5% gestiegen sind, nachdem das "Wachstum im Ausland - und die höheren Ölpreise, die damit einhergehen - mächtige Motoren für die amerikanischen Gewinne sind". Ich könnte noch hinzufügen, dass ein schwacher Dollar ein extrem starker Antrieb für die Gewinne aus dem Ausland als Anteil der Gesamtgewinne ist. Und auch, dass die Aussage, dass das "Wachstum im Ausland - und die höheren Ölpreise, die damit einhergehen - mächtige Motoren für die amerikanischen Erträge sind", meine Ansicht untermauert, dass wir es heute mit einer extremen Vernetzung zwischen den Ökonomien der Weltwirtschaft zu tun haben.

Laut Berner: "Haben die Gewinne aus dem Ausland auch eine Kehrseite. Ich mache mir Sorgen, über das Potenzial für einen Teufelskreis der transatlantischen Gewinne. Der Niedergang der amerikanischen Gewinne breitet sich schon auf die schwächeren Gewinne im Ausland und ganz besonders in Europa aus. Daten der NIPA zeigen, dass die amerikanischen Gewinne, im Ausland im dritten Quartal des vergangenen Jahres zurückgefallen sind: gegenüber dem 3. Quartal 2006 um 7%. Es besteht kein Zweifel, dass eine solche Schwäche ein Faktor in der jüngsten Abwärtskorrektur unseres europäischen Strategieteams war. Sie rechnen mit einem Rückgang von 16% bei den europäischen Erträgen in diesem Jahr, gegenüber der übereinstimmenden Prognose eines Anstiegs von 7%. Die Auswirkung des Einbruchs der amerikanischen Gewinne auf Europa werden spürbar sein: Die amerikanischen Direct Investment Zahlen legen nahe, dass ungefähr zwei Drittel unserer Zahlungen ins Ausland nach Europa gehen."

Die Gewinne von amerikanischen Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen sind bei der letzten US-Rezession eingebrochen - von einem Gipfel von 66 Milliarden Dollar im ersten Quartal 2000 auf einen Verlust von 24 Milliarden Dollar im vierten Quartal 2001.

Und für die europäischen Unternehmen bedeutet die Stärke des Euros einen heftigen Gegenwind: Eine Wertsteigerung des Euro von 13% hat den Gewinneinbruch für die amerikanischen Tochterunternehmen der europäischen Unternehmen noch vergrößert (genauso wie es die amerikanischen Gewinne im Ausland vergrößert hat - Anmerkung des amerikanischen Herausgebers).

In Verbindung mit den strafferen Finanzbedingungen bin ich besorgt, dass die schwachen Gewinne bei europäischen Unternehmen zu einer starken Ausbremsung der Kapitalausgaben und des Wachstums in Europa führen werden. Das würde den Kreislauf schließen, denn es würde auch die amerikanischen Einnahmen im Ausland einschränken. Ungefähr die Hälfte der Einnahmen aus dem Ausland haben ihren Ursprung in Europa." Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass es heute weltweit eine sehr viel größere wirtschaftliche und finanzielle Vernetzung gibt, als es zuvor der Fall gewesen ist.

Doch ich muss zugeben, dass ich nicht daran gedacht hatte, und es auch nicht wirklich berücksichtigt habe, wie sehr das schwächere Wachstum in den USA, das sich in den fallenden Gewinnen in den USA manifestiert, auch die Tochterunternehmen der ausländischen Unternehmen betrifft, was wiederum dazu führt, dass die Einkünfte im Ausland geringer werden. Richard Berners Analyse ist sehr aufmerksam! Ich zweifle auch, dass die europäischen Aktienmärkte den 16-prozentigen Einbruch der Unternehmensgewinne, den Morgan Stanley geschätzt hat, vollständig berücksichtigt haben.

Berner beschließt sein Expose der amerikanischen Unternehmensprofite mit der folgenden - sehr höflich formulierten - Feststellung:

"Gegenüber dem Rückschlag, ist es wirklich erstaunlich, dass die Analysten der Wall Street nicht denken, dass ein schwaches Jahr 2008 Zweifel über die Stärke der Ergebnisse für das folgende Jahres aufkommen lassen sollte. Ganz im Gegenteil: Sie halten das Niveau ihrer Einschätzungen für das Jahr 2009 genau dort, wo sie sind, so dass die Abwärtskorrekturen für das Jahr 2008 tatsächlich das Wachstum für das Jahr 2009 nach oben treiben. Die Wall Street hat Anfang Januar das Wachstum der Gewinne des S&P 500 für das Jahr 2009 von 14,7% auf 15,5% nach oben korrigiert. Im Vergleich dazu rechne ich mit einem Anstieg der Wirtschaftsprofite nach Abzug der Steuern um 5,9% für das Jahr 2009, was das Niveau unter dem Wert von 2007 halten würde."

Ganz nebenbei bemerkt nennt ein Freund von mir, ein sehr gewiefter und aufmerksamer Beobachter der wirtschaftlichen und finanziellen Trends, der seine Worte nicht auf die Goldwaage legt, das, was die Wall Street mit den Gewinnschätzungen für das Jahr 2009 getan hat, "kriminell wahnsinnig". Ich stimme dem zu. Schließlich ist die Illusion eine der überzeugendsten Realitäten des Lebens!

Ein wiederkehrendes Thema ist bei mir, dass der Anlagenmarkt auch weiterhin extrem volatil bleiben wird. Es gibt ein Tauziehen zwischen den amerikanischen Machern in der Wirtschaftspolitik - ganz besonders von Seiten der Zentralbank - die wünschen, den Anlagenmarkt zu unterstützen, um zu Konsum anzuregen, und den Privatsektor, der die Kreditvergabestandards anzieht und eine langsameres Kreditwachstum bewirkt und einen wirtschaftlichen Abschwung. Das Ergebnis dieser beiden gegensätzlichen Kräfte - die beide sehr gewaltig sind - wird noch eine Zeitlang nicht bekannt sein, daher die gesteigerte Volatilität.

Um ehrlich zu sein, zögere ich eine Prognose abzugeben, denn ich stehe vor dem folgenden Dilemma: Ja, wir befinden uns - wie Ed Yardeni behauptet - in einer Rezession. Und ja, die Unternehmensprofite könnten, wie Ian Scott von Lehman Brothers behauptet, deutlich spürbar um bis zu 45% fallen, wenn die USA in eine Rezession absinken würden.

Aber gleichermaßen behaupten Wirtschaftler und Strategen, dass der Aktienmarkt nach oben klettern könnte, trotz des schwachen Wirtschaftswachstums und der sinkenden Unternehmensgewinne. Dieses Szenarium ist dann ganz besonders wahrscheinlich, wenn die Zentralbank den Leitzinssatz gegen Null drängt und wenn "außergewöhnliche monetäre Maßnahmen" mit steigender Intensität eingeführt werden - und auch durch die nicht-amerikanischen Zentralbanken, was heute immer wahrscheinlicher wird.




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